Der CEO von Activision Blizzard (Call of Duty, WoW) hat sich in einem Interview jetzt mit dem Sexismus-Skandal auseinandergesetzt, mit dem seine Firma seit 2021 konfrontiert ist. Laut Bobby Kotick (60) hätten Untersuchungen gezeigt, dass seine Firma nie ein Problem mit systemischem Sexismus hatte. Äußere Kräfte hätten der Firma übel mitgespielt und zu Unrecht für ein Image-Problem gesorgt.
Das ist die Vorgeschichte:
- Im Juli 2021 reichte eine staatliche Behörde eine Klage gegen Activision Blizzard ein und erhob dort üble Vorwürfe. In der Firma herrsche eine Macho-Kultur, Frauen würden benachteiligt werden, eine Mitarbeiterin sei sogar in den Selbstmord getrieben worden.
- In der Folge wurden bei Activision Blizzard immer mehr Probleme benannt. Mitarbeiter gingen an die Öffentlichkeit, es gab pikante Geschichten über eine „Cosby-Suite“, über „Muttermilch, die aus Kühlschränken gestohlen wurde“, über „Kokain in den Badezimmern.“
- Activision Blizzard begann damit, Fehler einzugestehen und Leute zu entlassen. Letztlich wurde die Diskussion beendet, als Microsoft anbot, die angeschlagene Firma zu kaufen, und sich CEO Bobby Kotick augenscheinlich erleichtert darauf einließ.
Im Februar 2023 hatte Activision Blizzard 35 Millionen $ Strafe gezahlt und betont, man habe die Situation deutlich verbessert.
Was war die Rolle von Kotick bisher? CEO Bobby Kotick, der CEO des Unternehmens, war als Hauptverantwortlicher letztlich ins Fadenkreuz geraten, nachdem im November 2021 ein Bericht des Wall Street Journals über ihn erschien. Es gab gegen ihn persönlich zwar nur wenige Vorwürfe, aber auch er hatte Probleme:
- So soll er eine Managerin veranlasst habe, gegen die Klage zu wettern und sie als lächerlich abzutun
- Kotick soll von vielen Fällen sexuellen Missbrauchs gewusst, aber sie dem Vorstand verschwiegen haben
Letztlich forderten die Angestellten seinen Kopf, aber er saß felsenfest im Sattel und würde jetzt viel Geld bekommen, wenn Microsoft die Firma kauft.
Stattdessen wurden andere Leute entlassen, etwa der Präsident von Blizzard – für viele war das eher ein „Bauernopfer.“
Kotick spricht von „böswilliger Verzerrung“
Das sagt er nun: In einem Interview mit Variety stellt Kotick nun seine Sicht der Dinge dar:
- Er spricht von einer „böswilligen Verzerrung“ der Firma, die er 32 Jahren an die Spitze geführt hat. Das habe ihn wütend gemacht, aber auch demütig
- Er entschuldigt sich nicht für die Firmenkultur von Activision Blizzard, sondern sagt, die Firma bereite eine Präsentation von Daten vor, die zeige, dass seine Firma kein „Verbindungs-Haus“ war
- Für eine Firma mit 17.000 Angestellten habe Activision ein relativ geringes Niveau an Beschwerden wegen Übergriffen gehabt
Wir haben jede mögliche Form von Untersuchung durchgeführt. Und wir hatten kein systemisches Problem mit Belästigung – niemals. Wir hatten nichts von dem, was fälschlicherweise in den Medien berichtet wurde. Aber was wir hatten, war eine sehr aggressive Arbeiterrechts-Bewegung, die hart daran gearbeitet hat, die Firma zu destabilisieren.
Als Grund für das Image-Problem von Activision Blizzard sieht er „äußere Kräfte“ und Arbeits-Aktivisten außerhalb der Firma.
Er persönlich sieht sich in den letzten Jahren im Internet als Hassfigur inszeniert, der vor allem mit anti-semitischen Kommentaren konfrontiert wird:
Der Hass hat sich in eine Menge Antisemitismus verwandelt. Wenn man sich Bilder von mir anschaut, die im Internet kursieren, dann gibt es anti-semitische Untertöne. Meine Kinder haben Morddrohungen erhalten.
Kotick betont zudem, was er für ein arbeiterfreundlicher Mensch sei. Er sei nicht gegen Gewerkschaften, sei der einzige der 500 Fortune-CEOs, die in einer Gewerkschaft sind. Wenn es in seiner Firma Leute geben, die sich einer Gewerkschaft anschließen wollten, sei er total dafür.
Er habe nichts gegen Gewerkschaften, nur etwas gegen Gewerkschaften, die sich nicht an die Regeln halten.
Wie wird das kommentiert? Die Kommentare unter dem Variety-Artikel sind negativ. Dem Magazin wird vorgeworfen, ein „Propaganda-Arm“ für Blizzard zu sein. Der Artikel sei voller Lügen.
Auch Gaming-Seiten, die sich mit dem Variety-Interview, beschäftigen, schlagen einen bissigen Tonfall an:
- Bei Kotaku weist man darauf, dass er sich vorher noch verantwortlich zeigte und jetzt alles auf „äußere Kräfte“ schiebt
- PC Gamer führt Gespräche mit Angestellten von Activision Blizzard ein, die deutlich machten, dass Activision Blizzard in der Tat ein Problem mit systemischem Sexismus hatte
Laut Kotick hat man Activision Blizzard nicht verkauft, weil man nach dem Sexismus-Skandal angeschlagen war, sondern Kotick führt ganz andere Gründe an:
Activision Blizzard erklärt, warum sie selbst verkaufen mussten, statt EA zu kaufen