MeinMMO-Chefredakteurin Leya Jankowski hat nun über 200 Stunden Baldur’s Gate 3 gespielt und fühlt sich, als würde sie das Tutorial noch abschließen.
Eigentlich hätte ich schon längst Starfield und Cyberpunk 2077: Phantom Liberty gespielt. Eigentlich. Mein Plan war einfach:
Durch den vorgezogenen Release von Baldur’s Gate 3 hatte ich genau einen Monat Zeit, um es durchzuspielen und mich anschließend den anderen großen Spiele-Releases zu widmen. Ein Monat sollte locker reichen.
Doch Baldur’s Gate 3 hat mich seit seiner Veröffentlichung im August fest in seinen Klauen. Seit mehr als 12 Wochen spiele ich nichts anderes als das massive Rollenspiel von Larian Studios. Das Schlimmste ist, dass ich nach über 200 Stunden immer noch lange nicht fertig bin!
Die meisten Leute um mich herum haben den dritten und letzten Akt in etwa 80 Stunden durchgespielt. Ich befinde mich gerade im dritten Akt und schätze, dass ich weitere 20 Stunden brauchen werde, um Baldur’s Gate 3 durchzuspielen.
Als Dark Urge wandele ich seit 200 Stunden auf einem blutigen Pfad und kann nicht abwarten, mein Ende zu sehen.
Ich bin lahm, gucke alles an, verpasse trotzdem die Hälfte
Wie kann es sein, dass ich so lange für einen Durchgang brauche?
Zuerst muss ich gestehen, dass ich im Allgemeinen eine langsame Spielerin bin und normalerweise über der durchschnittlichen Spielzeit liege. So extrem wie bei Baldur’s Gate 3 war es jedoch noch nie.
Aber Baldur’s Gate 3 reizt mich, wirklich jeden Winkel zu erkunden, mit so vielen NPCs wie möglich zu sprechen, alle Notizen und Bücher zu lesen. Als Druidin muss ich natürlich zusätzlich mit jedem Tier quatschen, das mir über den Weg läuft. Sie haben auch die schrägsten Dialoge.
Ich werde jedes Mal belohnt, wenn ich auf Entdeckungsreise gehe. Für fast jede kleine Quest gibt es eine Zwischensequenz, und manchmal stecken die tollsten Geschichten in den scheinbar unbedeutendsten Aufgaben. Für die Wissenden sage ich nur: Brieftauben und Gales Katze.
Eigentlich ist es total bescheuert, so besessen davon zu sein, alles sehen zu wollen. Denn jede Entscheidung, die man im Spiel trifft, führt dazu, dass man bestimmte Dinge nie sieht.
Ich schaffe es auch immer wieder, Dinge komplett zu übersehen, wie ich in Gesprächen mit anderen immer wieder feststellen muss.
Im ersten Akt hinterließ ich nur Tod und Verwüstung. So blieb ein großer Teil des Spiels für immer verborgen.
Ich wollte unbedingt eine böse Hexe töten, für die mein Level noch zu niedrig war. Das hat dazu geführt, dass ich viel geschlafen habe, um mein Leben aufzufüllen – dafür habe ich sogar eine Trophäe als Schläfchenkönigin freigeschaltet – und dadurch lief die Geschichte teils ohne mich weiter.
Ich zerstörte einen Druidenhain, es gab einen Genozid an Tieflingen, ich metzelte noch ein paar Goblins nieder, in der Hoffnung, hier irgendwas reißen zu können und einen wichtigen Druiden zu retten. Der war da aber schon tot.
Tja… das führte dazu, dass gleich drei potentielle Gefährten starben und einer sich mir nicht mehr anschließen wollte, wegen meiner Gräueltaten. Ihre Geschichten werde ich nicht sehen.
Das alles hat mich aber nicht demotiviert, trotzdem jeden Winkel des Spiels weiter zu erkunden. Ich möchte meine jetzige Story so komplett wie möglich haben.
Es wird lange nichts mehr wie Baldur’s Gate 3 geben
Ich könnte hier noch viel weiter ausholen, warum ich insgesamt sehr langsam im Rollenspiel unterwegs bin.
Ich habe noch gar nicht von Dingen wie dem ewigen Starren auf dem Bildschirm gesprochen, wenn ich mir überlege, welchen Zug ich im rundenbasierten Kampf machen möchte. Nur damit alle meine Pläne nach hinten losgehen und ich mich wieder anpassen muss. Ich habe schon mehrere Tage im gleichen Kampf verbracht, ohne Fortschritte in der Story zu machen.
Und wisst ihr was?
Diese 200 Stunden fühlen sich immer noch wie ein verdammtes Tutorial an!
Denn gerade bin ich hin und hergerissen, direkt nach Baldur’s Gate 3 endlich die Spiele nachzuholen, die ich schon lange auf der Liste habe. Gleichzeitig überlege ich, den nächsten Durchlauf im Rollenspiel zu starten, weil ich die ganzen anderen Möglichkeiten sehen möchte.
Baldur’s Gate lässt einem so viele Möglichkeiten des Entdeckens. Romanze mit einem Mindflayer gefällig? Kein Problem!
Außerdem habe ich bei jeder einzelnen Stelle im Kopf, wie ich es diesmal besser machen könnte. Als wäre dieser XXL-Run gerade nur die Vorbereitung für den nächsten. Meinen jetzigen Durchlauf spiele ich als Dark Urge, was für mich die perfekte Erfahrung ist dieses Spiel zu erleben. Diese Questreihe zu erleben, hat es in sich!
Das letzte Rollenspiel, von dem ich so besessen war, dass ich es direkt immer wieder spielen wollte, war Skyrim. Das war vor 12 Jahren.
Ich fürchte, die ganz großen Releases der letzten Zeit werden mich jetzt eher enttäuschen. Also werde ich mich wohl erst einmal wieder einem kleineren Indie-Game widmen, wie Cocoon, einem Puzzle-Adventure, bei dem Welten in einer Kugel existieren, die man auf dem Rücken trägt.
Ich weiß, dass es jetzt wieder lange dauern wird, bis ein Spiel diese Fülle an Eskapismus und Immersion bei mir auslöst.
Wie sieht es mit den anderen Tavs in Baldur’s Gate 3 aus? Seit ihr noch am Spielen und wie viele Stunden habt ihr mittlerweile auf dem Buckel?
Ich hoffe gerade nur, dass mir so etwas nicht passiert: „Den Spott habe ich verdient“ Spieler macht nach Bug 100 Stunden weiter, verliert Save, verbaut sich das Ende von Baldur’s Gate 3