Videospielverfilmungen haben einen schweren Stand. Zu viele misslungene Vertreter dieses cineastischen Sub-Genres trugen ihren Teil dazu bei, dass sich bei jeder neuen Ankündigung zunächst skeptisch die Augenbrauen heben. Doch warum gibt es derart viele schlechte Verfilmungen unserer liebsten Spiele? Ich versuche im Folgenden, einige Gründe dafür zu finden.
Was ist der Mehrwert einer Videospielverfilmung? Oder mit anderen Worten: Was rechtfertigt die Existenz eines Films, der selten mehr, in den meisten Fällen aber weniger bietet als die interaktive Vorlage? Denn die eine Sache, die das Spiel vom Film unterscheidet, ist besagte Interaktivität. Das Spiel erlaubt uns, die Kontrolle zu übernehmen, mehr oder weniger freie Entscheidungen zu treffen, und so die Geschichte unserer Protagonisten mitzugestalten.
Beim Film ist das anders. Wir müssen uns damit begnügen, Zuschauer zu sein (und zu bleiben, auch wenn es Versuche gibt, interaktive Filme zu etablieren, siehe Black Mirror – Bandersnatch).
Sobald ein Spiel verfilmt wird, verliert es also seine größte Stärke. Das stellt für die meisten Filme dieser Art bereits ein großes Problem dar. Sie wissen nicht, wie sie die fehlende Interaktivität sinnvoll kompensieren sollen. Eine gute Verfilmung zeichnet sich dadurch aus, eigene Impulse zu setzen, und die Stärken des Medium Films geschickt auszuspielen.
Das Problem mit dem Gameplay
Darum lässt sich das Gameplay nur schwer auf die Leinwand übertragen: Ein häufig auftretendes Problem in Videospielverfilmungen ist der Drang der Macher, möglichst viele Gameplay-Elemente, die die Zuschauer aus dem zugrundeliegenden Spiel kennen, auf der Leinwand zu zeigen. Ganz nach dem Motto: Erinnerst du dich noch an dieses Item? Weißt du noch, wie du diesen besonderen Kampfskill angewandt hast? Dass du die meiste Zeit des Spiels über Dächer läufst, ist dir schon klar, oder?
Nur weil es in Assassin’s Creed großen Spaß macht, letzteres zu tun, bedeutet das nicht, dass es auch im gleichnamigen Film Freude bereitet, dem lange Zeit zuzuschauen. Stattdessen hätte man sich in diesem Fall auf eine spannende Geschichte konzentrieren sollen, doch nach einer solchen sucht man lange. Der Konflikt zwischen Templer und Assassinen würde genügend Potenzial für eine aufregende Story bieten, stattdessen versinkt der Film aber schnell im Action-Einheitsbrei und mit den Jahren im Sumpf der Vergessenheit.
Um ein positives Beispiel für geschickt integriertes Gameplay zu nennen, lehne ich mich etwas aus dem Fenster und ziehe Dungeon & Dragons: Ehre unter Dieben heran. Warum ihr den Film auf keinen Fall verpassen solltet, hat mein Kollege Benedikt Schlotmann für euch zusammengefasst.
Hierbei handelt es sich technisch gesehen zwar um keine Videospielverfilmung, der Film muss aber dennoch mit dem komplexen Regelwerk eines Pen and Paper-Systems umzugehen wissen – und schafft das mit Bravour. Elegant in die Handlung und Taten der Protagonisten integriert, entsteht nie der Eindruck, dass bekannte Zauber, Kampfmoves oder dergleichen bloß um ihrer selbst willen im Film sind. Stattdessen wirkt alles nachvollziehbar und sinnvoll. Das Publikum erhält den Eindruck, einer echten D&D-Runde beizuwohnen, inklusive schräger Einfälle und spontaner Pläne der Heldentruppe. Der Film ist aber auch in erzählerischer Hinsicht ein Vorzeigebeispiel.
Habt ihr den D&D-Film gesehen? Hier könnt ihr einen Blick auf den Trailer werfen:
Hat jemand Story gesagt?
Manchen Videospielverfilmungen ist eine regelrechte Angst anzumerken. Es ist die Furcht, allzu weit von der Vorlage abzuweichen. Ob man nun vor den eigenen Ideen oder dem Mob wütender Fans klein begibt, sei dahingestellt, am Ende ist es fehlender Mut, der viele Verfilmungen einfach langweilig macht.
Häufig wird mit filmischen Mitteln gezeigt, was wir ohnehin schon kennen. Das fällt dann oft in die Kategorie „Fan-Service“, was allein aber keinen guten Film ausmacht.
Schön wäre es, wenn mehr Filme das Spiel und dessen Universum bloß als Grundlage verstehen, um anschließend etwas Eigenes daraus zu machen. Eine neue, frische Geschichte samt interessanter Figuren. Ein positives Beispiel in dieser Hinsicht ist abermals Dungeon & Dragons: Ehre unter Dieben. Oder auch die Netlix-Serie Arcane, die selbst League of Legends-Noobs wie mich nicht völlig ahnungslos zurücklässt, sondern eine faszinierende Welt inklusive spannender Figuren präsentiert, noch dazu in einem filmisch innovativen Gewand.
Damit schafft Arcane genau das, woran etwa Warcraft: The Beginning scheitert. Nämlich Zuschauern, die mit dem Spiele-Universum nicht vertraut sind, Kontext zu geben. Die Serie möchte alle in ihrer Welt willkommen heißen, während der Film aus dem Hause Blizzard Nicht-Kenner des Warcraft-Kosmos ein ums andere Mal im Regen stehenlässt.
Die Geschichte eines Spiels einfach so in den Film zu übersetzen, kann aber durchaus funktionieren. Etwa in der Verfilmung von The Last of Us. Was die Serie besonders macht, erklärt euch Leya Jankowski in einem eigenen Beitrag.
Grundlegend wichtig ist hier aber, dass es sich um ein Spiel handelt, dessen Geschichte an sich schon stark ist, und auf filmische Art und Weise erzählt wird. The Last of Us ist von Grund auf besser für eine Verfilmung geeignet als Super Mario.
Easter Eggs sind mehr Fluch als Segen
Ja, ich schaue auf dich, Super Mario. Der italienische Klempner ist bekanntermaßen Teil einer der absurdesten Spiele-Verfilmungen jemals. Das Jahr war 1993 und der Film ein einziger Fiebertraum. Anstatt bunter Pilzwelt gab es dystopisch anmutende Kulissen, gruselige Masken und schlechtes Schauspiel. Die Zielgruppe wurde klar verfehlt. Erst in diesem Jahr gelang Nintendo aber ein aus finanzieller Sicht großer Triumph. Der Super Mario Bros. Movie wurde in kurzer Zeit zum erfolgreichsten Videospielfilm aller Zeiten.
Schon der Trailer zeigt die Detailfülle der Szenerien. Die sind gespickt mit Easter Eggs, eine Eigenschaft vieler Spiele-Verfilmungen, und in meinen Augen, nicht unbedingt eine gute. Nicht falsch verstehen: Das ein oder andere Easter Egg kann einen Film durchaus bereichern.
Doch wenn ein Film nicht viel mehr bereithält als augenzwinkernd an die Vorlage und die damit verbundenen Erlebnisse zu erinnern, stellt sich abermals die Frage nach der Daseinsberechtigung.
Auch ein Film wie Ready Player One, der zwar kein Spiel adaptiert, aber dennoch viele zitiert und seine Actionszenen wie Videospiele inszeniert, kann nicht viel mehr vorweisen als eine Tonne an Easter Eggs, garniert mit einer schwachen Geschichte.
Sind die zugrundeliegende Geschichte oder das Universum erzählerisch zu schwach, so wie im Falle von Super Mario, ergibt eine Verfilmung aufgrund der Tatsache, dass Film ein erzählendes Medium ist, wenig Sinn.
Mut und Kompetenz der Verantwortlichen
Ein Spiel in einen Film zu übersetzen, ist keine leichte Aufgabe. Wie weiter oben bereits festgehalten, erfordert es einigen Mut, die bekannten Pfade hinter sich zu lassen, und sich etwas Neues zu trauen. Häufig scheitert es in dieser Hinsicht bereits in der Konzeption, etwa weil sich Produzenten großer Studios nicht trauen, große Summen und die Hand zu nehmen. Trauen sie sich doch, mangelt es an Risikobereitschaft in künstlerischer Hinsicht.
Künstlerischer Mut ist an der Kinokasse immer ein Risiko. Innovative Regisseure werden deshalb selten an diese Projekte gelassen. Nicht umsonst sind Umsetzungen von zum Beispiel Bioshock durch Gore Verbinski (Fluch der Karibik) im Sand verlaufen.
Wofür viele Videospielverfilmungen, insbesondere ältere, auch bekannt sind, ist ihre teils desaströse Qualität. Nicht nur an Mut bei der Umsetzung wurde hier gespart, sondern auch an Expertise in Sachen Regie, Drehbuch und Schauspiel. Wer je einen Mortal Kombat-Film, die nicht enden wollende Resident Evil-Reihe von Paul W.S. Anderson, oder die cineastischen Verbrechen eines Uwe Boll gesehen hat, weiß, wovon ich spreche. Die Budgets dieser in Serie produzierten Filme sind dann häufig entsprechend gering – und das sieht man.
All das wäre verschmerzbar, könnten die Geschichte, die Figuren, und die generelle, künstlerische Vision überzeugen. Das Gesamtpaket aus Mittelmäßigkeit (oder schlimmer), lässt viele Verfilmungen aber wie ein Trauerspiel wirken.
Wie könnte man es besser machen?
Hier ein paar Vorschläge für bessere Videospielverfilmungen: Das Spiel, das für die Leinwand adaptiert werden soll, muss dafür geeignet sein. Damit fallen Games, die rein auf Mechanik aufbauen weg (oder würdet ihr einen Counter Strike-Film sehen wollen?). Das Spiel muss eine spannende Geschichte oder ein interessantes Universum aufweisen, das mehr bereithält, als wir kennen. Der Film muss eigene Impulse setzen, um sich vom Spiel abzugrenzen. Dafür wird eine starke, künstlerische Vision benötigt, also Regisseure, die sich etwas trauen. Je nachdem, welchem Spiel man sich widmet, braucht man ein vernünftiges Budget, um die Umsetzung nicht lachhaft wirken zu lassen.
Und am allerwichtigsten:
Eine Videospielverfilmung benötigt Herz und Leidenschaft. Zu oft waren solche Filme Versuche, schnell und unaufwändig Geld zu verdienen. Es mag vermessen sein, von der stets in erster Linie wirtschaftlich denkenden Filmbranche so etwas wie Leidenschaft zu erwarten, doch es gibt genügend positive Beispiele, die zeigen, dass ein Kompromiss aus finanziellem Erfolg und Hingabe an die Kunst möglich ist.
Die Filme haben es ebenso verdient, wie die Spiele, die ihnen zugrunde liegen.