Asmongold ist oft hektisch und laut. Doch ein Indie-Game hat ihn erstaunlich ruhig und beherrscht gezeigt – und es ist ausgerechnet einer der kontroversesten Titel des Jahres.
Den Streamer Asmongold kennen die meisten und sei es nur aus dem WoW-Kosmos. Er hat oft starke Meinungen, ist in seinen Streams häufig etwas überspitzt unterwegs und neigt auch gelegentlich zu Beleidigungen und Schimpfwörtern – sei es gegenüber Spielen oder Entwicklern, die aus seiner Sicht Fehlentscheidungen treffen.
Doch dass Asmongold auch ganz anders kann, hat er jetzt in einem ziemlich langem Stream bewiesen. Denn für fast 5 Stunden hat er ein rein storybasiertes Spiel gespielt und dabei sogar sämtliche Dialoge vorgelesen.
Was ist im Stream passiert? Der Streamer Asmongold wollte seine Community mit einem Spiel überraschen, das er sich nun genauer anschauen würde:
Das ist ein Videospiel, zu dem sehr viel gesagt wurde – egal ob das von Psychos auf Twitter, Psychos auf YouTube oder Psychos auf Twitch kam. Da sind einfach viele Psychos, die viel Interesse an dem Spiel haben. Die Leute hatten sehr starke Meinungen dazu. Ich werde es nun spielen und selbst ausprobieren. Wenn die Leute sagen, dass das hier problematisch ist, will ich es selbst sehen.“
Damit begann dann ein fast 4-stündiger Stream, in dem Asmongold „The Coffin of Andy and Leyley“ spielte – und dabei sämtliche Dialoge und Monologe vorgelesen hat, ohne sie permanent ins lächerliche zu ziehen.
Warum ist das so besonders? Die meisten kennen Asmongold als eher etwas hektischen Streamer, der Spielinhalte oft nur oberflächlich wahrnimmt und dann impulsiv reagiert. Häufig werden Spiele nur anhand eines Trailers komplett verrissen oder einzelne Sätze von Aussagen dazu genutzt, um sofort eine starke Meinung zu vertreten.
Für viele sind Asmongold und andere Spieler dieser Art daher die personifizierte Version der klischeehaften „Generation TikTok“ – laut, unüberlegt und mit kurzer Aufmerksamkeitsspanne. Dass Asmongold aber auch ganz anders kann und ein Story-Spiel mit so viel Respekt und Ruhe behandelt, ist eher unerwartet.
Was ist das für ein Spiel? „The Coffin of Andy and Leyley“ ist ein storybasiertes Spiel, das die Geschichte der beiden Geschwister Andrew and Ashley verfolgt. Seit Wochen sind die beiden in ihrer Wohnung auf Anweisungen der Regierung eingesperrt, während das Essen zur Neige geht. Durch die Umstände werden die beiden letztlich gezwungen, sogar zum Kannibalismus zu greifen, um zu überleben.
Doch besonders Ashley scheint auch einige psychische Probleme mit sich herumzutragen. Sie ist ihrem Bruder gegenüber extrem besitzergreifend und manipuliert ihn gezielt in eine Co-Abhängigkeit, die sich – je nach getroffenen Entscheidungen im Spiel – sogar in eine anbahnende, inzestuöse Beziehung entwickelt und auch nicht vor Morden oder anderen Grausamkeiten zurückschreckt.
Der überwiegende Teil des Spiels besteht aus Dialogen, aufgelockert mit kleineren Puzzle-Passagen und einigen wenigen Entscheidungen. Einen ausführlichen Bericht zu dem Spiel haben wir hier geschrieben.
Wie bewertet Asmongold das Spiel? Obwohl Asmongold das Spiel wohl nur angefangen hat, weil es eben so viele kontroverse Diskussionen rund um das Spiel gab, scheint es ihm am Ende richtig gut gefallen zu haben.
Sein Fazit, nachdem er alle bisher verfügbaren Inhalte gespielt und sogar – mehr zufällig aus beabsichtigt – die „fragwürdige“ Route gewählt hatte:
Was meine Gedanken [zum Spiel] sind? Krank, verdreht, fesselnd und interessant. Ich glaube wirklich, dass das richtig gut war. Ich verstehe nicht, warum Leute sich so darüber aufgeregt haben. (…) Es war besser, als ich erwartet habe. Es ist ziemlich gut. Mir hat es sehr gut gefallen. (…) Es war definitiv eines der besseren Indie-Spiele dieses Jahr.
Cortyn meint: Mit Asmongold beschäftige ich mich vor allem beruflich, meistens im Kontext von World of Warcraft. Ihm ganze vier Stunden am Stück zuzuschauen ist etwas, das man eher nicht in meiner Freizeitplanung findet – zumindest bisher.
Zu sehen, dass Asmongold einem meiner Lieblingsspiele des Jahres mit relativer Unvoreingenommenheit und der notwendigen Ernsthaftigkeit für ein solches Story-Spiel begegnet war erfrischend zu sehen – und unglaublich unterhaltsam. Selbst seine Community (die man im Chat immer eingeblendet sieht) wird über die Dauer des Spiels ruhiger und aufgeschlossener dem Spiel gegenüber.
Für mich war das eine interessante und willkommene Seite an Asmongold – die ich einfach unterhaltsam fand.
„The Coffin of Andy and Leyley“ wird allerdings auch von einer sehr ernüchternden Geschichte begleitet. Die Entwicklerin des Spiels zog sich nach einem Doxxing-Vorfall ganz aus der Öffentlichkeit des Internet zurück und arbeitet nun nur noch offline – sie hat sämtlichen Kontakt zu Fans und Kritikern abgebrochen.