Dieser Artikel stammt aus der M! 361 (Oktober 2023).
MERING • Fragt man Retro-Kenner und Branchen-Veteranen, was in den 1970er-, 1980er- und teils auch noch 1990er-Jahren das wichtigste Marketing-Instrument eines Publishers war, dann ist die Antwort meist: ein gutes Box Art, sprich: ein ansprechendes, zum Kauf verleitendes Motiv vorne auf der Spieleverpackung. Genau dieser vielschichtigen Thematik widmet sich The Art of the Box – ein 2,5 kg schwerer, hochwertig gedruckter und im Format 21 cm x 29,7 cm angelieferter Wälzer samt praktischem Lesezeichen aus dem Hause Bitmap Books. Auf sage und schreibe 564 Seiten werden hier mehr als 350 Kunstwerke aus der Feder von 26 renommierten Box-Art-Virtuosen der letzten fünf Dekaden vorgestellt. Hervor stechen dabei nicht nur ihre Artworks selbst (die stets in ihrer Ursprungsform ohne Schriftzüge etc. abgebildet werden), sondern auch die aufschlussreichen Interviews, die die Autoren mit den jeweiligen Künstlern führten und die die Grundlage für 26 spannende Biografien bilden.
So erfahren wir beispielsweise im Detail, wie Ken Macklin es mit viel persönlichem Eifer vom Steuerfachmann zu einem der gefragtesten Künstler bei Lucasfilm Games schaffte. Oder wie die Großmutter von Michael Koelsch (Earthworm Jim, Discworld II, Escape from Monkey Island) dessen Karriere bereits in frühen Jahren maßgeblich beeinflusste. Aber auch Box-Art-Legenden wie Steinar Lund (The Last Ninja, Gunship 2000), Denis Loubet (Ultima-Reihe), Susumu Matsushita (New Adventure Island, Maximo: Ghosts to Glory), Charles Bae (Dishonored 2, The Outer Worlds, Civilization V), Shinkiro und Eisuke Ogura (Art of Fighting 2, Samurai Shodown II) oder Julie Bell (Turrican, Wolfenstein 3D) widmen die Autoren in der Regel je mehr als ein Dutzend Seiten. Nicht zu vergessen Lee MacLeod, der während seiner langjährigen Karriere über 50 Cover für Sega, Nintendo, Ubisoft, Virgin und Co. schuf, Airbrush-Ass Stephen Peringer (North and South, R-Type) und Konamis Packshot-Profi Tom DuBois (Snake’s Revenge, Super Castlevania IV).
Bevor es ans Eingemachte geht, erfahrt Ihr zudem, wie der viel zu früh verstorbene Bob Wakelin dieses einzigartige Buchprojekt überhaupt ins Rollen brachte, lest in einem toll recherchierten Report viel Wissenswertes zur Evolution der Box-Art-Kunst und lernt alle 26 Künstler in knackigen Kurzporträts kennen. Schön auch die Rubrik ”Game Index”: Statt einer blassen Referenzliste aller Covermotive seht Ihr hier erstmals einen Screenshot zu jedem Spiel, um dann selbst zu entscheiden, wie gut jeder Packshot seine Marketing-Mission erfüllt hat. Uneingeschränkte Empfehlung für jeden Artwork-Interessierten!
The Art of the Box • Bitmap Books • 564 Seiten • 41,95 Euro