Die gleiche Episode, immer und immer wieder. Ein Graus für Anime-Fans. Doch heute sieht man das anders und empfand das als mutig und genial.
In der heutigen Zeit müssen Anime immer schneller immer mehr Inhalte darstellen, um Zuschauer und Zuschauerinnen bei Laune zu halten. Viele neue Story-Wendungen, spannende Kämpfe und bloß keine eintönige Langeweile. Doch es gab einen Anime, der hat das exakte Gegenteil davon getan und Fans spüren lassen, wie Langeweile und pure Verzweiflung sich anfühlen können. Heute wird die Serie dafür als „genial“ gefeiert – damals haben Fans es gehasst.
Spoilerwarnung: In diesem Artikel geht es um die Serie „Die Melancholie der Haruhi Suzumiya“ aus dem Jahr 2006. Falls ihr sie noch nicht gesehen habt, gibt es nun einige dickere Spoiler.
Was ist das für ein Anime? „Die Melancholie der Haruhi Suzumiya“ beginnt als typischer Slice-of-Life-Anime. Es geht um die namensgebende Haruhi und ihren direkten Freundeskreis, die wir bei ihrem Alltag begleiten. Nach einigen ruhigen Episoden kommt es aber zu mysteriösen Vorfällen, an dessen Ende die Gewissheit steht: Haruhi ist ein gottgleiches Wesen und die ganze Welt existiert in ihrer Form nur, um ihr zu gefallen.
Haruhi stellt eine Bedrohung für die Struktur des ganzen Universums dar, da sie sich ihrer Fähigkeiten gar nicht bewusst ist und im Fall von Langeweile oder Frustration die Realität einfach anpasst.
Im Verlauf der Handlung kam es dann zu 8 Episoden, die in der Anime-Szene als die „Endless Eight“ bekannt sind – ein mutiger Geniestreich und gleichzeitig das Langweiligste, was Fans jemals gesehen haben. Aktuell ist die Melancholie der Haruhi Suzumiya auf Crunchyroll zum Streamen verfügbar.
Was sind die „Endless Eight“? Ungefähr zur Hälfte der Serie finden die Sommerferien statt. Die Protagonisten erleben hier einen Besuch im Schwimmbad, gehen gemeinsam Zikaden fangen und schauen sich ein Feuerwerk an. Eigentlich ist alles friedlich und fast idyllisch – doch etwas stimmt nicht.
Am Ende bemerken die Charaktere nämlich, dass sie dem Anschein nach in einer Zeitschleife gefangen sind und diesen Sommer bereits über 100 Mal erlebt haben. Doch jedes Mal, wenn der Sommer neu beginnt, verlieren sie ihre Erinnerungen daran.
Genau dieser Umstand wiederholt sich für die Helden der Serie – mehr als 15.000-fach. Sie verbringen über 15.000 Sommer mit den immer gleichen Aktivitäten und nur ganz selten begreifen sie am Ende, dass sie in der Zeitschleife sind.
Exakt das wird in 8 Episoden abgehandelt, die immer wieder nahezu identisch ablaufen. Die Charaktere gehen ins Schwimmbad, fangen Zikaden, sehen das Feuerwerk. Sie führen nahezu belanglose Gespräche mit einigen Comedy-Einlagen. Es wiederholt sich wieder und wieder und wieder.
Ganze 8-mal sieht man diese Handlung und es passiert quasi nichts Neues. Deswegen heißen die Episoden 12 bis 19 auch “Endless Eight” (“Die endlosen Acht”).
Wurde da einfach Geld gespart? Zyniker könnten nun sagen, dass das Studio hinter dem Anime einfach Geld sparen wollte und die gleiche Episode mehrfach gesendet hat. Das ist aber nicht der Fall.
Jede Folge ist einzeln gezeichnet und mit neuen Sätzen der Synchronsprecher bestückt. Es gibt andere Kamera-Perspektiven und aufmerksame Zuschauer können Detail-Änderungen sehen, etwa bei den Positionen des „Nicht vom Beckenrand springen“-Schildes im Schwimmbad. Auch die Worte der Protagonisten in den Dialogen sind jedes Mal leicht unterschiedlich, selbst wenn die Gespräche die gleichen Thematiken behandeln und das Endergebnis der Gespräche immer das gleiche ist.
Wie denkt man heute an den Anime? Wer heute an „Die Melancholie der Haruhi Suzumiya“ schaut, der denkt häufig ein wenig verklärt an diese 8 Episoden zurück.
Richtig „schlimm“ war das Ganze damals vor allem für Fans, die Woche für Woche auf neue Episoden warten muss und dann über 2 Monate quasi jedes Mal die gleiche Folge zu sehen bekamen. Das hat damals den Hype bei vielen komplett verrauchen lassen und auch dazu geführt, dass die Serie häufig abgebrochen wurde.
Wenn man sich heute noch für diesen Anime entscheidet, dann wird man häufig vorgewarnt, bei den entsprechenden Episoden doch einige zu überspringen. Denn um zu verstehen, was da eigentlich passiert, hätten es auch 2 oder 3 Folgen getan und nicht gleich 8 davon.
Das war schon damals in jedem Fall mutig und ein klares Beispiel, warum Anime auch als Kunst begriffen werden sollten. Denn die „Endless Eight“ waren vom Unterhaltungsfaktor für viele eine Zerreißprobe und schlicht langweilig. Doch um die Dramatik der Handlung darzustellen und die Verzweiflung der Protagonisten auch für Zuschauer und Zuschauerinnen begreiflich zu machen, war das ein ziemlicher Geniestreich.
Habt ihr die Melancholie der Haruhi Suzumiya gesehen? Wie hat euch der Anime damals gefallen?