God of War II – im Klassik-Test (PS2)

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Spiel:God of War IIPublisher:SonyDeveloper:SonyGenre:ActionGetestet für:PS2Erhältlich für:PS2USK:18Erschienen in:5 / 2007

Kratos ist stinksauer: Ständig wird er von den Göttern des Olymps betrogen. Im ersten Teil war es Kriegsgott Ares, der den spartanischen Krieger durch eine List dazu gebracht hatte, seine Familie zu ­töten. Als ob das nicht genug wäre, musste sich der martialische Muskelprotz gegen ein paar schlampig designte Rätsel- und Geschicklichkeitseinlagen sowie bewahrpädagogische USK-Zickereien behaupten. Die hielten God of War nämlich für zu brutal und verweigerten prompt eine Alterskennzeichnung. Erst im zweiten Anlauf durfte Kratos auch in Deutschland versuchen, sich von seinen Sünden reinzuwaschen, indem er Ares das Handwerk legte.

Einigen Frustmomenten zum Trotz gelang es dem ’Geist von Sparta’ mit Hilfe der Götter, seinen Widersacher in einem furiosen Finale zu vernichten. Die Götter gewährten Kratos zwar die versprochene Absolution, die Erinnerungen an seine grausame Tat verfolgen den neuen God of War aber noch immer. Was liegt da näher, als eine Fortsetzung? Was die Frustmomente anbelangt: Für das zweite Abenteuer des blassen Wüterichs zeigte sich Produzent David Jaffe einsichtig und gelobte Besserung.

God of War II wirkt meist wie eine aufgebohrte Version des Erstlings. Statt üppiger Neuerungen finden wir zahlreiche Detailverbesserungen – so hangelt Ihr Euch jetzt an Seilen schneller voran, beim Wandklettern rammt Kratos auf Knopfdruck seine Klingen ins Gestein und gleitet flink nach unten. Während im Vorgänger der R1-Button – und damit Euer Zeigefinger – noch sehr strapaziert wurde, bearbeitet Ihr jetzt die Kreistaste, um Türen zu öffnen. Neuerdings ­kraxelt Kratos auch an der Decke ­entlang und fliegt mit dem Pferd Pegasus durch die Lüfte. In puncto Leveldesign haben sich die Entwickler um Director Cory Barlog ordentlich ins Zeug gelegt: Sonys Monstermetzelei strotzt vor Abwechslung und variiert gekonnt Geschicklichkeitseinlagen, Massenschlachten und Rätselein­lagen. Letztere gefallen durch einen angenehm anderen Lösungsansatz, denn der offensichtliche Weg ist nie der richtige.

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Ein Beispiel: In einem Raum befindet sich ein Bodenschalter und ein Zughebel. Kratos zieht den Hebel zu sich und bleibt auf dem Schalter stehen – zwei Tore öffnen sich. Statt nun schnell durch die Pforten flitzen zu können, müsst Ihr eine Leiche auftreiben und auf den Bodenschalter legen. Das war eine der leichtesten Knobeleien, die meisten sind deutlich kniffliger. Zwei Rätsel haben uns MAN!ACs sogar zur ­Verzweiflung getrieben – eines ­wegen fehlender Hinweise, das andere ­aufgrund schlampiger Programmierung, weshalb das korrekte Vorgehen erst nach mehreren Versuchen erfolgreich war.

So wie wir beim Spielen an manchen Stellen gezürnt haben, so wütend ist auch Kratos: Der verliert nämlich gleich zu Beginn seinen Götterstatus. Nach einer bombastischen Ouvertüre, in der sich der Klingenschwinger gegen den Koloss von Rhodos behaupten muss, wird er auch noch seiner Kampfeskünste beraubt und getötet. Endgültig angepisst mordet sich der unbeugsame Spartaner durch den Hades und kehrt zurück in die Welt der Lebenden. Dort richtet sich sein Zorn gegen die ehemaligen Kollegen des Olymps.

Diese Aggression zieht sich durch das komplette Spiel. Mit jedem Schlag spürt Ihr die Wut, die Kratos auf seinem Streifzug durch die griechische Mythologie antreibt. Ob im Kampf gegen klapprige Skelette, axtschwingende Minotauren oder baumhohe Zyklopen – Euer Antiheld geht dermaßen brutal zur Sache, dass man Mitleid mit den Fabelviechern bekommen könnte. Schon der Einsatz der Chaosklingen, die durch Ketten fest mit Kratos’ ­Unterarmen verbunden sind, ist durch etliche Combo-Möglichkeiten sehr abwechslungsreich geraten. Mehr Tiefgang erhält das Kampfsystem durch zwei weitere Waffen, die Ihr auf Eurer ­Reise durch kolossale Tempelan­lagen und detaillierte Wälder von besiegten Zwischenbossen bekommt. Auf Knopfdruck bearbeitet Ihr Eure Gegner mit dem brachialen Barbarenhammer oder haltet Euch die garstigen Kreaturen mit einem Speer vom Leib.

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Besondere Unterstützung erfährt Kratos durch die Erdmutter Gaia und die Titanen. Diese übertragen ihre letzten Fähigkeiten auf den rachsüchtigen Krieger. Auch hier haben sich die Entwickler Gedanken gemacht: Bei den teilweise wenig nützlichen Magieattacken des Vorgängers ­wurde an der Designschraube gedreht – endlich könnt Ihr Euch bewegen, während Ihr mit dem ­Gorgonenkopf Eure Widersacher versteinert. Neu ist auch der ’Zorn des Kronos’: Elektrisiert Feindvolk und räumt mit üppigen Combos massig rote Orbs ab. Mit denen rüstet Ihr Eure Fähigkeiten mehrstufig auf. So wird Kratos nicht nur stärker, auch neue Manöver sorgen für Abwechslung im Rächer-Alltag. Blockt mit der L1-Taste, betätigt einen der drei Angriffsbuttons und Euer Antiheld schleudert seine Klingen fulminant umher.

Sobald über angeschlagenen Gegnern ein Kreissymbol prangt, drückt Ihr den Kringel und erledigt den Feind in bester Fatality-Tradition: Viele Gegnertypen bieten sogar mehrere Möglichkeiten des effektvollen Zerstückelns – sehr befriedigend! Da Ihr während dieser Sequenzen nicht getroffen werden könnt, ist diese Methode der Gegnerbeseitigung auch noch nützlich. In Massengefechten weicht Ihr normalerweise mit dem rechten Stick aus, alternativ blockt Kratos oder kontert neuerdings feindliche Angriffe – geschicktes Timing vorausgesetzt!

Kratos’ zweites Abenteuer macht spielerisch in vielen Punkten einen großen Sprung nach vorn, ein paar Elemente nerven leider noch genauso wie früher. Die Präsentation hingegen ist an Bombast, Detailreichtum und Abwechslung auf der PS2 nicht mehr zu toppen. Selbst gelegentliches Tearing, vor allem in Innenräumen, stört da kaum.

Auch bei uns erscheint die ungeschnittene Version der Götterschlacht. Zudem gibt es eine Sammlerbox im Digipack mit Bonus-DVD. Auf der befindet sich ein Making-of, Video-Tagebücher der Entwickler und vieles mehr.

Meinung 1

Michael Herde meint: Lange hat mich nichts mehr so gefesselt wie die Rückkehr meines geliebten Kratos. Beim Zocken lag meine Kinnlade meist irgendwo auf dem Boden herum, denn neben der überwältigenden Inszenierung begeistert mich vor allem das abwechslungsreiche Leveldesign: Ständig gibt es etwas anderes zu tun – Knobeln, Meucheln, Klettern, Staunen! Dazu noch tolle Neuerungen wie das Konter-Feature! Gelegentlich haben die Programmiergötter auch meinen Zorn heraufbeschworen: An einer Stelle hing ich beim Rätseln fest: Wenn ich dreimal in Folge mit meiner Lösungsidee scheitere, dann glaube ich, dass sie falsch sein muss. Tatsächlich war’s aber schlampige Programmierung! Solche Momente gibt es zwar selten, angesichts der sonst überragenden Qualität fallen sie mir besonders unangenehm auf!

Oliver Schultes meint: Als geübter Zocker steigt man auf Schwierigkeitsstufe ’Normal’ ein – herausfordernd soll das Ganze sein. Nur passt bei Kratos’ zweitem Auftritt der Begriff ’unfair’ an einigen Stellen viel besser: Schier endlose Gegneraufläufe, hammerharte Quick Time Events mit Instant-Kills und mitunter hakelige Sprungpassagen ließen mich wortwörtlich tausend Tode sterben – bevor ich völlig frustriert auf ’Easy’ zurückschaltete, nur um dann festzustellen, dass blindes Knopfgedrücke auf einmal ausreicht. Hier passt die Spielbalance überhaupt nicht! Verstärkt wurde mein Unmut durch nicht abbrechbare Combo-Attacken und einige wenige planlose Rätsel ohne den geringsten Anhaltspunkt. Komischerweise verrauchte mein Zorn so schnell wie er kam. Der Rest von God of War II ist nämlich schlichtweg genial!

Meinung 2

Ulrich Steppberger meint: An Bombast ist Kratos’ zweites Abenteuer fürwahr kaum noch zu übertreffen. Die Inszenierung der epischen Action leidet zwar wesentlich häufiger als der Vorgänger unter sichtbarem Tearing, doch das nehme ich angesichts des überragenden Designs in Kauf. Die wuchtige Kampf-Action überzeugt auf ganzer Linie, auch wenn die zusätzlichen Waffen kaum mal gebraucht werden. Nur das sehr auf ’Fortsetzung folgt’ getrimmte Ende finde ich nervig – beim Erstling gab’s schließlich auch ­einen vernünftigen Abschluss.

Matthias Schmid meint: 14 Stunden God of War II, aufgeteilt in drei Sessions, die letzte davon hielt mich bis fünf Uhr morgens wach – das mache ich nicht für jedes Spiel. Doch Kratos’ Rache-Epos ist nicht ’jedes Spiel’ – God of War II ist brillant inszeniert, packend und spielt sich fast makellos. Etwas überstrapaziert finde ich das Prinzip des Reaktionstests für besonders derbe Kills, auch einige Rätsel des Erstlings wirkten inspirierter. Coole Schauplätze, fette Bosse und überwältigende Optik versöhnen mich aber sofort.

André Kazmaier meint: Zur Inszenierung sage ich jetzt bewusst nichts, denn sonst wäre der Kasten voll mit Superlativen. Stattdessen möchte ich auf eine kleine, aber feine Neuerung eingehen: Die verbesserte Blockfunktion, mit der Ihr Schüsse zurückschleudert oder fulminante Konterangriffe startet, finde ich schlichtweg genial. Im Vergleich zum Vorgänger hätte man die Massenkeilereien ruhig noch etwas herunterschrauben können – die ziehen das Spiel vor allem gegen Ende einfach nur in die Länge.

Wertung

inklusive ’Challenge of the Titans’: sieben Bonusaufgaben für Profis
mit ca. 12 Stunden Spielzeit umfangreicher als der Vorgänger
vier Schwierigkeitsgrade: auf ’Easy’ gut spielbar, danach ziemlich schwer
Special Edition im Digipack erhältlich

Hervorragend spielbarer, extrem brutaler Rachefeldzug durch die griechische Sagenwelt in konkurrenzlos opulenter Inszenierung.

Singleplayer91MultiplayerGrafikSound

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