Der schwedische Medienkonzern Embracer, zu dem zahlreiche Games-Studios und Publisher gehören, wird sich nach einem historischen Sparkurs in drei unterschiedliche Entitäten aufteilen. In einem Interview erklärt CEO Lars Wingefors, wer die Verantwortung für die umfassenden Entlassungen, Studio-Schließungen sowie Projekt-Beendigungen trägt.
Was ist bei Embracer denn jetzt wieder passiert? Nachdem vor knapp einem Jahr ein fast finalisierter Milliarden-Deal geplatzt war, mussten die Entscheider des schwedischen Medienkonzerns einen harten Sparkurs einschlagen.
Die Bilanz der umfassenden Maßnahmen laut des Finanzberichts von Embracer aus dem Februar 2024:
Bis Ende 2023 wurden etwa 1.400 Stellen abgebaut (etwa acht Prozent der gesamten Belegschaft).
Etwa 30 unangekündigte Projekte wurden auf Eis gelegt.
Mehrere Studios gaben ihre Schließung bekannt, darunter Volition (Saints Row).
Gearbox Entertainment (Borderlands) geht für 460 Millionen US-Dollar an Take-Two.
Saber Interactive (SnowRunner) verlässt den Konzern, was bis Ende 2024 etwa 200 Millionen US-Dollar einbringen soll.
Aufbauend auf diesen Sparmaßnahmen wird Embracer jetzt in drei eigenständige, börsennotierte Einheiten aufgeteilt:
Asmodee Group (Brettspiele, Sammelkarten, Tabletop)
Coffe Stain & Friends (PC-, Mobile- und Konsolen-Games mit kleinem bis mittelgroßem (Double-A) Budget) – zu dieser Einheit gehören dann unter anderem THQ Nordic, Black Forest Games, HandyGames und die Reste von Piranha Bytes
Middle-Earth Enterprises & Friends (hier liegen dann die wichtigsten Marken für Blockbuster-Produktionen: Herr der Ringe, Tomb Raider, Metro, Dead Island oder auch Kingdom Come: Deliverance) – zu dieser Einheit gehören dann unter anderem Plaion, Crystal Dynamics, Eidos Montreal und Fishlabs
Die Franchise von Herr der Ringe steht mittendrin im Embracer-Sturm:
Autoplay
Kleiner und damit attraktiver für Investoren
Warum macht Embracer das? Es geht weiterhin um Senkung der laufenden Kosten und Steigerung der Profitabilität. Durch die Aufspaltung in drei Einheiten ist es möglich, einen Berg aus 900 Millionen Dollar Schulden der beiden Games-Einheiten auf die sehr profitable Asmodee-Gruppe auszulagern.
Mit der Aufspaltung in drei eigenständige Börsenunternehmen wird zudem der Name Embracer aus der Gleichung genommen, der über die vergangenen Monate hinweg doch einigen Image-Schaden erlitten hat. CEO Lars Wingefors möchte stattdessen eine neue Holdinggesellschaft gründen, um weiterhin Eigentümer und Mehrheitseigner der drei Unternehmen zu bleiben.
Darüber hinaus spekulieren Branchen-Insider, dass man durch diese Maßnahme eventuell die Investoren aus Saudi-Arabien dazu verleiten möchte, mehr Geld in eine oder mehrere der drei Einheiten zu investieren. Bereits jetzt gilt Saudi-Arabien als zweitgrößter Aktionär von Embracer. Außerdem sollen genau diese Geldgeber hinter dem geplatzten Milliarden-Deal stecken.
Was sagt CEO Lars Wingefors zu der ganzen Situation? Der Mitgründer von Embracer stand James Batchelor von Gamesindustry.biz für ein langes Interview bereit und im Folgenden fassen wir euch seine wichtigsten Aussagen zusammen:
In den Jahren 2019 und 2020 waren die Kapitalkosten sehr günstig. Investoren waren bereit, große Summen in Fusionen und Übernahmen zu investieren. Covid sorgte für einen regelrechten Boom in der Branche. Die geopolitische Lage war sehr viel stabiler als heute.
Ab Ende 2022 verschlechterte sich die Situation dann drastisch. Nach der Pandemie folgte auf den Boom eine Katerstimmung. Dazu kam der durch Russland initiierte Angriffskrieg auf die Ukraine. Kapitalkosten stiegen spürbar. Investoren saßen auf ihrem Geld, statt weiter zu investieren. Laut Wingefors sorgten all diese externen Faktoren dafür, dass der Wachstumsplan von Embracer nicht aufging.
In dieser Phase musste Embracer erstmals in der Unternehmensgeschichte Schulden aufnehmen (offenbar vor allem für die Übernahme von Asmodee). Ende 2023 lag die Verschuldung bei 1,5 Milliarden US-Dollar. Viele Maßnahmen der vergangenen Monate dienen dazu, diesen Schuldenberg abzubauen.
Wingefors stellt die These auf, dass speziell der Triple-A-Markt so volatil ist, dass man als Spiele-Entwickler oder -Publisher am besten nie Schulden haben sollten. Das Risiko sei einfach zu groß, dass man diese nicht zurückzahlen kann. Bei Brettspielen sähe das anders aus, da dieses Geschäftsfeld sehr viel stabiler sei. Daher ergebe es Sinn, die Schulden aus den beiden Games-Einheiten auf Asmodee zu übertragen.
Der CEO erklärt, dass die neuen Führungskräfte der drei Einheiten über die kommenden Monate hinweg ihre eigenen Marken und Strategien aufbauen sollen. Zwischen den drei Unternehmen soll es aber auch Kooperationen und Lizenzvereinbarungen geben – nur eben zu Konditionen, die man als Mitbewerber marktüblich miteinander vereinbart.
Was bedeutet all das für die Spieler? Bei Embracer liegen die Rechte an etwa 900 Franchises, darunter Tomb Raider, Deus Ex, Thief, Legacy of Kain, Herr der Ringe, Gothic, Metro, Alone in the Dark, Outcast, Kingdom Come: Deliverance oder auch Dead Island.
Eines der spannendsten aktuellen Projekte von Embracer:
Damit zu diesen Marken in Zukunft tolle Spiele entstehen können, braucht es die entsprechenden Budgets und Teams, die es langfristig aber nur gibt, wenn Embracer wieder auf die Beine kommt. Außerdem ist die Zukunft von Embracer wichtig für den Games-Standort Deutschland.
Etwa 1.300 Mitarbeiter arbeiten hierzulande für Studios und Abteilungen des schwedischen Medienkonzerns. Zu den deutschen Entwicklern gehören unter anderem Black Forest Games, Fishlabs, Grimlore, KAIKO und die Reste von Piranha Bytes.
Apropos: Das wichtigste deutsche Gaming-Studio für Rollenspiele macht wohl dicht
Der Beitrag Konzern verspekuliert sich, muss 1.400 Mitarbeiter entlassen und wer ist schuld? Der Krieg und Covid erschien zuerst auf Mein-MMO.de.
