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In Interviews hat der öffentlich nur unter seinem Pseudonym ”LocalThunk” bekannte Macher verraten, dass Balatro zum einen ursprünglich nur als kleines Projekt für sich und ein paar Kumpels begonnen wurde und er sich zum anderen vorher und auch während der Entwicklung weder mit ”richtigem” Poker noch anderen Deckbuilder-Spielen befasst hat. Ob vielleicht genau dieser Umstand, dass sein Spiel ohne belastendes Vorwissen entstand, der entscheidende Vorteil war? Darüber lässt sich nur spekulieren. Faszinierend finden kann man es auf alle Fälle, denn das Endergebnis nimmt es mit den Größen des Genres auf und holt noch dazu auch Neulinge ab.
Balatro erfüllt in vielen Aspekten die gängigen Regeln für einen Roguelike-Deckbuilder, verzichtet aber weitgehend auf Dinge wie Story-Modus und Charaktere und ein Karten-Klassiker dient als Basis – Poker. Aber eben nicht in der Form, wie man es allgemein so kennt, obwohl die wichtigsten Grundlagen wie etwa die Definition von Paaren bis Royal Flush übernommen werden: Hier ist ”Schummeln” und Abweichen von den Standardregeln ausdrücklich erwünscht! Pro Runde spielt Ihr alleine mehrere Hände aus und könnt begrenzt oft unerwünschte Karten abwerfen, bis die maximal fünf Stück im Idealfall ein gutes Blatt abliefern und Punkte bringen – dafür werden die Werte der Karten mit einem Multiplikator verrechnet. Einer der entscheidenden Kniffe: Ihr könnt (und müsst eigentlich) zusätzlich bis zu fünf ”Joker” einsetzen, die alle erdenklichen Elemente teils extrem beeinflussen. Kommt Ihr auf die geforderte Mindestpunktzahl, dürft Ihr zwischendurch im Shop auch Sammeltüten und spezielle Karten kaufen, die ebenfalls alle möglichen Faktoren modifizieren und Euch (hoffentlich) für Quasi-Bosskämpfe wappnen.
Mehr als dieser sehr generelle Überblick würde den hier verfügbaren Platz sprengen, aber seid versichert: Es gibt massenhaft Joker & Co., was ungemein viele Kombinationen erlaubt. Aber alles wird so gelungen verabreicht, dass auch Neulinge locker klarkommen. Und irgendwie schafft das Gesamtwerk aus fesselndem Konzept und einer schnörkellos-stilvollen Inszenierung es prompt, Euch derart in seinen Bann zu ziehen, dass ”nur noch eine Runde mehr” unumgänglich wird.
Meinung & Wertung
Ulrich Steppberger meint: Mit Roguelikes habe ich öfters Probleme, Deckbuilder sind auch nicht gerade meine Lieblingsbeschäftigung und Poker an sich sowie Texas Hold’em im Speziellen kann ich nur wenig abgewinnen. Umso faszinierender finde ich, wie sehr mich Balatro in den Bann gezogen hat: Was da an intelligenten Kniffen, Abwandlungen und purer Modifikatoren-Vielfalt drinsteckt, ist der Kracher. Die Mixtur funktioniert so grandios, dass sie eine gewaltige ”Beim nächsten Mal finde ich das ideale Deck”-Sogwirkung entfaltet, der sich auch Skeptiker (siehe oben) kaum entziehen können. Dass die Bedienführung prima von der Hand geht, alle wichtigen Infos stets nachgeschlagen werden können und gut erklärt sind, spielt ebenso mit rein wie das schlichte, aber charmante Pixel-Design der Spielkarten und die unaufdringlich-hypnotische Musikbegleitung. Dass genretypisch Gevatter Zufall kräftig mitmischt und eine fiese Konstellation im Handumdrehen alle Bemühungen zunichtemachen kann, stört mich angesichts der sonstigen Qualitäten kaum. Zum ganz großen Glück würde ich mir lediglich ein bisschen mehr Story- oder Kampagnendrumherum wünschen. Hier wird eben ”nur” Karten gespielt, aber das dafür sensationell gut.
Kluger Roguelike-Deckbuilder-Vertreter, der Poker als Basis nutzt und ungemein fesselnd weiterentwickelt.
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