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Auf die Indie-Entwickler ist wieder mal Verlass: Capcoms Breath of Fire-Serie liegt auf Konsole seit mehr als 20 Jahren brach und Game Arts’ Grandia existiert auch nur noch in Form von technisch durchwachsenen Portierungen der ersten beiden Serienteile. Ein Zustand, den wohl auch das französische Studio La Moutarde für unhaltbar hielt, wirkt deren jüngstes Werk Terra Memoria doch in mancherlei Hinsicht wie eine charmante Kombination aus den beiden genannten Reihen. An Breath of Fire erinnern die meist tierischen Protagonisten und die Kameraperspektive des Abenteuers, bei Grandia ließ man sich dafür in Sachen Kampfsystem inspirieren.
Und doch wirkt das Gesamtwerk dank interessanter Prämisse und vieler eigenständiger Ideen nicht wie ein simples Derivat der Abenteuer aus den 1990ern. In der Welt Terra, in der zahlreiche Tiermenschen von Füchsen und Schildkröten bis hin zu Hyänen und Nashörnern eigentlich friedlich miteinander leben, geht Seltsames vor sich. Die magischen Kristalle, auf denen fast die gesamte Technologie von Terra fußt, gehen langsam, aber sicher zur Neige und gleichzeitig greifen immer wieder uralte Maschinen die unterschiedlichen Siedlungen an. So finden sich sechs potenzielle Retter zusammen, die man derart eigentlich nicht erwartet hätte: Da ist der bärtige Nashorn-Magier Moshang, dem alle eher harte körperliche Arbeit zutrauen. Oder die von Selbstzweifeln geplagte Beschwörerin Syl und der Tüftler Edson mit seinen künstlichen Armen. Gemeinsam mit drei weiteren Protagonisten versuchen sie, rätselnd und kämpfend Terras Probleme zu lösen. Gekämpft wird rundenbasiert: Drei Figuren greifen aktiv an, drei stehen ihnen unterstützend zur Seite und modifizieren auf Wunsch die Aktionen – so werden aus Angriffen Heilzauber oder es lassen sich konzertierte Manöver auf Gegnergruppen anwenden. Hier kommt auch etwas der Zufall ins Spiel: In jedem Gefecht werden zufällige Paarungen bestimmt, sodass Ihr flexibel bleiben müsst. Eine Zeitleiste zeigt an, wann Helden und Monster am Zug sind, die Wahl Eurer Aktion legt fest, wie bald Ihr wieder dran seid, und trefft Ihr die Elementschwächen Eurer Gegner, könnt Ihr sie auf der Leiste weit nach hinten schicken und so ihre Angriffe vermeiden. Wird nicht gekämpft, redet Ihr mit Passanten, erledigt Nebenaufgaben, löst Puzzles oder kocht etwas Leckeres am Lagerfeuer, um Eure Lebenspunkte zu erhöhen.
Meinung & Wertung
Thomas Nickel meint: Ja, Terra Memoria orientiert sich sichtlich an Grandia und Breath of Fire, ist aber dennoch nicht einfach nur eine moderne Hommage an die 1990er-Jahre-Klassiker. Stattdessen bringen die Entwickler viele charmante eigene Ideen ein: Die Rätsel sorgen ebenso für Eigenständigkeit wie die zahlreichen kleinen Nebenquests, die Kochsequenzen und das durchdachte Support-System im Kampf. Dazu kommen ein sympathisches Skript und eine ansprechende Welt, in der man sich schnell wohlfühlt. Auch die interessante Heldentruppe begleitet Ihr gerne auf ihren Abenteuern und Ihr freut Euch auf jede weitere gemeinsame Lagerfeuerrast. Da ist es nur etwas schade, dass die Technik nicht ganz mitspielt: Die 3D-Welt und die Pixel-Figuren sind hübsch gestaltet, aber die typischen Unity-Ruckler trüben das runde Gesamtbild.
Sympathisches Rollenspiel klassischer Machart mit charmanten Figuren und durchdachtem Kampfsystem.
Singleplayer80MultiplayerGrafikSound