Final Fantasy VII Rebirth – im Test (PS5)

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Spiel:Final Fantasy VII RebirthPublisher:Square EnixDeveloper:Square EnixGenre:Action-RollenspielGetestet für:PS5Erhältlich für:PS5USK:16Erschienen in:4 / 2024

Ein Spiel voller ernster, schwerer Themen: Da ist beispielsweise die Geschichte von Dyne, dem der Shinra-Konzern Heimat, Familie und schließlich auch den Verstand nahm. Eine Welt, die vom gleichen Konzern für schnöden Profit aufs Extremste ausgebeutet wird. Die Stadt Junon, deren Fischer kaum noch Fang machen, nachdem vor der Küste ein Unterwasserreaktor gebaut wurde.

Aber Final ­Fantasy VII Rebirth ist auch ein Spiel voller herrlicher Albernheiten: ein vierbeinig-pelziger Begleiter, der sich in eine Uniform zwängt, um an einem Kartenturnier teilzunehmen. Ein chaotischer Hotel­besitzer, der sich durch leicht fehlgeschlagene Ninja-Magie spontan vervielfältigt. Ein rundlicher Abteilungsleiter, der gerne Schmalz in seinem Milchshake hätte. Ein Delfin, der für sein Leben gerne Leute meterweit in die Lüfte katapultiert, und nicht zuletzt eine Plüschkatze, die auf einem riesigen Mogry mit Reißverschluss am Rücken reitet. Das Tolle dabei: Diese Mischung funktioniert, wie sie nur in einem Videospiel funktionieren kann. Weil Rebirth über all dem erzählerischen Ehrgeiz, den charismatischen Figuren und dem dramatischen, gerade heute hochaktuellen Thema nicht vergisst, dass ein Final Fantasy einfach Spaß machen soll und es gerne mal herrlich albern sein darf. Das erklärt dann auch, warum es sich selbst nach Dutzenden von Stunden immer noch frisch, originell und motivierend anfühlt – man weiß schlicht nie, was hinter der nächsten Ecke wartet.

Zum Auftakt wird Drama großgeschrieben: Cloud erzählt den staunenden Begleitern, was vor fünf Jahren in seiner Heimat ­Nibelheim passiert ist. Wie sein großes Vorbild Sephiroth vom gefeierten Helden zum grausamen, rachsüchtigen Megalomanen wurde und ein ganzes Dorf auslöschte. Ein linearer, stimmungsvoller Auftakt, der insbesondere Sephiroth und dessen Wandlung überraschend menschlich erzählt: Feinste Details und Mimik machen den langhaarigen Böse­wicht mit den Katzenaugen zu einer tatsächlich empathischen Figur.

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Nach kurzem Intermezzo in der Stadt Kalm zeigt das Spiel auf einmal eine ganz andere Seite: Cloud, Aerith, Barret, Tifa und Red XIII blicken nach der hastigen Flucht vor den Shinra-Häschern über eine weite, grüne Landschaft, die sich in alle Richtungen erstreckt. Aus der simplen, polygonalen Weltkarte des Originals wurde eine große, offene Welt voller Aufgaben, Schätze und Rohstoffe. Ihr könnt direkt der Handlung folgen, aber auch für den jungen Chadley ein paar Jagd- und Erkundungsaufgaben übernehmen. Es gibt Subquests, über die Ihr das Verhältnis zwischen Cloud und seinen Mitstreitern verbessert. Ihr findet versteckte Schreine, die Eure spektakulären Beschwörungen mächtiger machen sowie viele andere Details, Aufgaben und gar nicht mal so kleine Minigames, in denen Ihr Euch stundenlang verlieren könnt. Dann ändert das Spiel erneut den Fokus: Mal erforscht Ihr eine verlassene Mine, mal erklimmt Ihr einen Berg oder lasst im großen Gold-Saucer-Vergnügungspark für ein paar Augenblicke die Seele baumeln, bevor Euch die dramatische Geschichte wieder einholt.

Dabei baut Rebirth inszenatorisch wie spielerisch wenig überraschend auf dem Remake-Vorgänger (2020) auf. Meist steuert Ihr Hauptfigur Cloud, erforscht genannte Landschaften, Städte, Höhlen, Industrieanlagen und viele andere, nie langweilige Szenarien. Ihr löst hier und da mal ein kleines Rätsel, sackt die neu eingeführten Crafting-Ressourcen ein und natürlich keilt Ihr Euch auch mit allerlei Feinden: Von bissiger Fauna über mutierte Mako-Bestien bis hin zu Shinra-Handlangern ist in Sachen Gegner-Menagerie viel geboten. Wie der Vorgänger setzt Rebirth auf ein interessantes Hybridsystem: Cloud & Co. greifen in Echtzeit an und weichen feindlichen Attacken mit gutem Timing aus. Doch Ihr könnt das Geschehen jederzeit in die Ultrazeitlupe versetzen und so Spezialmanöver ausführen, Magie wirken oder einen Gegenstand einsetzen – vorausgesetzt, die dafür benötigten ATB-Balken sind aufgeladen. Am effektivsten füllt Ihr Letztere durch kontinuierliche Angriffe, aber noch cleverer ist es, wenn Ihr immer wieder zwischen Euren maximal drei aktiven Figuren im Kampf durchschaltet. Eure Begleiter leisten zwar auf sich allein gestellt gute Arbeit, aber der stetige Wechsel macht durch die für jeden Helden komplett eigenständigen Mechaniken nicht nur Spaß, Ihr seid so einfach schlagkräftiger im Kampf. Neben der Ausstaffierung

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spielt auch wieder die Materia eine zentrale Rolle. Ihr setzt die kleinen, leuchtenden Kristallkugeln in Slots Eurer Ausrüstung ein, jeder Sieg macht sie ebenso wie die Helden selbst ein wenig mächtiger. Materia verleiht Euch Magie, Statusverbesserungen, neue Fähigkeiten und mehr. Dazu kommen unterschiedliche Waffen und Accessoires, Teammanöver, Element-Stärken und -Schwächen – ein komplexes System mit gehörigem Reinfuchs-Potenzial.

Das alles wird, wie von Final ­Fantasy gewohnt, ausgesprochen üppig präsentiert. Die Akustik ist fantastisch: Exzellente Synchronsprecher, knackige Sounds, aber vor allem ein Soundtrack, der gekonnt neu arrangierte Original-Motive mit frischen Kompositio­nen mischt, machen Rebirth zum Hörgenuss. Toll modellierte und animierte Helden, Schurken und Monster gehören an der Grafikfront ebenso zum guten Ton wie üppige Landschaften und schummrig-unheimliche Szena­rien. Was hier an grafischer Abwechslung geboten wird, das kann sich mehr als sehen lassen, da verzeihen wir die eine oder andere unscharfe Textur.

Die PS5-Exklusivität steht dem Abenteuer dabei gut zu Gesicht: Der hochauflösende Modus läuft mit fast durchgehend stabilen 30 fps, der gerade auf 4K-Displays recht unscharfe ­Leistungsmodus mit ähnlich festen 60 Bildern pro Sekunde. Im Kampf hagelt es ­Effekte, die Szenarien stecken voller liebevoller Details und die Protagonisten gefallen mit toller Mimik und ausdrucksstarkem Schauspiel. Barret nehmt Ihr den Spagat zwischen aufbrausendem Revoluzzer und großem Softie ebenso ab wie Yuffies Aufgedrehtheit, mit der sie ihre Ängste und Motive überspielt. Cloud mag unnahbar und cool wirken, doch seine eigentliche Unsicherheit scheint immer wieder deutlich durch, während Aeriths und ­Tifas Freundschaft wunderbar echt und authentisch anmutet. Es ist eine Freude, mit dieser famosen Truppe diese wunderbare Welt zu erkunden. Auch oder eher wohl gerade weil der Kenner natürlich weiß, dass die Helden noch einige mächtig dramatische Momente vor sich haben.

Meinung

Thomas Nickel meint: Rebirth hält, was Remake versprach: Im Gegensatz zum Vorgänger ist der zweite Teil ein ganzes Stück offener, bunter und verspielter. Die Handlung wirkt durch das alte Original und dessen Struktur bedingt episodischer, aber dabei kein bisschen langweilig. Gut, in den offenen Regionen ”ubisoftet” das Spiel manchmal etwas zu sehr vor sich hin, aber wer nicht unter notorischem Komplettismuszwang leidet, kann Chadleys Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen auch guten Gewissens ignorieren oder zu einem späteren Zeitpunkt angehen. Überhaupt… Übt Euch in Geduld: Natürlich will man wissen, wie diese Episode endet und welches Schicksal der Heldentruppe blüht – aber hier ist der Weg das Ziel. Genießt die Zeit in Junon, Costa del Sol, im Gold Saucer. Stürzt Euch in die Kartenspiele, nehmt die knackigen, optionalen Kämpfe mit und lernt Eure Mitstreiter besser kennen. Trotz all des Dramas und aller Storywendungen sind das letzten Endes die besten Momente des Spiels und die Augenblicke, die Euch im Gedächtnis bleiben. Eine so verspielte, dramatische, alberne, aufgedrehte, ernsthafte, witzige und sympathische Spiele-Großproduktion ist uns schon lange nicht mehr untergekommen.

Kevin Pinhao meint: Mit Rebirth lassen wir endlich die hohen Mauern des grauen Midgar hinter uns, um hinaus in die weite, farbenfrohe Welt von Final Fantasy VII zu treten – und es ist eine Wonne. Hier gehen fesselndes Drama und verspielter Frohsinn genauso Hand in Hand, wie es wohlige Nostalgie und frische Originalität tun. Aufbauend auf dem gelungenen Fundament des Vorgängers entfaltet sich so ein herausragendes Rollenspiel-Abenteuer, das trotz üppiger Spielzeit bis zum Ende am Ball hält. Das ist nicht nur allerhand toll inszeniertem Spektakel, sondern ebenso feinfühligen Charaktermomenten und den vielen bunten Möglichkeiten zu verdanken, die das Spiel bietet, um die Seele baumeln zu lassen. Diesen tollen Eindruck kann auch die gelegentliche Formelhaftig­keit der offenen Regionen kaum schmälern. Rebirth reiht sich in die anhaltende Welle hervorragender RPG-Veröffentlichungen ein – 2024 gibt sich zweifellos alle Mühe, zu einem denkwürdigen Jahr für das beliebte Genre zu werden.

Wertung

7 (+1) spielbare Figuren
unglaublich abwechslungsreich
aufwühlend und doch humorvoll

Dramatisch, verspielt und gerne auch mal herrlich albern – ein wunderbares Abenteuer voller großer Ereignisse und kleiner persönlicher Momente.

Singleplayer92MultiplayerGrafikSound

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