Alone in the Dark – im Test (PS5)

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Spiel:Alone in the DarkPublisher:THQ NordicDeveloper:Pieces InteractiveGenre:Action-AdventureGetestet für:PS5Erhältlich für:PS5, XSXUSK:16Erschienen in:4 / 2024

Obwohl die Alone in the Dark-Reihe seit 1992 immerhin schon sechs Episoden hervorgebracht hat, ist der französischen Grusel-Saga bislang der große Ruhm verwehrt geblieben. Den heimste damals wenige Jahre später Resident Evil ein und die Reihe ging unter in einer Flut an Titeln, die ­Capcoms Zombiehit nacheiferten. 2008 hatte sich der Test Drive Unlimited-Entwickler Eden Games unter der Flagge von ­Atari mit Alone in the Dark auf der Xbox 360 Großes vorgenommen, um das Genre neu zu definieren. Am Ende kam aber auf jede gute Idee mindestens eine schlechte und das Spiel brach unter der Last seiner Ambitionen zusammen.

Der jüngste Anlauf kommt vom schwedischen Studio Pieces Interactive, das wie Publisher THQ Nordic zur Embracer Group gehört. Die Skandinavier haben bislang nur wenig Horror-Expertise vorzuweisen, Game Director Mikael Hedberg hat sich aber mit SOMA auf jeden Fall einen ordentlichen Vertrauensvorschuss verdient. Auch 2024 lautet der Titel schlicht Alone in the Dark und das ist diesmal Programm: Erzählt wird hier eine Neu­interpretation der Geschichte von 1992.

In den Südstaaten der 1920er angesiedelt, erzählt Alone in the Dark auf PS5 und Xbox ­Series X die Geschichte von Emily ­Hartwood, die gemeinsam mit Privatdetektiv Edward ­Carnby nach Derceto ­Manor fährt. In der Einrichtung für ­Geisteskranke ­möchte sie ihren Onkel Jeremy besuchen, doch der ist verschwunden und überhaupt scheinen hier mysteriöse Dinge vor sich zu gehen. Zwar wird das Abenteuer nie so nervenaufreibend wie ein gutes Silent Hill, auch flutscht die Action zu keiner Zeit so geschmeidig wie im
Resident Evil 4-Remake. ­Irgendwo zwischen Southern ­Gothic à la Resident Evil 7 und kosmischem Horror Marke H. P. Lovecraft findet das Spiel aber eine gefällige Nische. Hinter der modernen ­Fassade, die dem Schema aktueller ”Resident Evil”-Remakes folgt, steckt konserva­tiver ­Survival ­Horror, der seine Geschichte kurzweilig erzählt.

Wie im Original von 1992 wählt Ihr zu Beginn zwischen Emily und Edward und erkundet dann auf der Suche nach dem Onkel das verwinkelte Anwesen, in dem alles und jeder allmählich dem Wahnsinn anheimzufallen droht. Die Grenzen zwischen Realitäten und Wahn verschwimmen zusehends, mal springt ”Alone in the Dark” abrupt von einem Szenario ins nächste, mal bemerkt Ihr den Übergang gar nicht – bis Ihr auch als Spieler an der geistigen Verfassung Eures Avatars zu zweifeln beginnt.

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Währenddessen löst Ihr haufenweise Rätsel, die zwischen billig und ”krass um die Ecke denken” pendeln. Mal liegt die Sicherung im selben Raum wie der Sicherungskasten, dem sie fehlt. Mal müsst Ihr Texten und Umgebung kryptische ­Lösungshinweise entlocken, um Safes zu öffnen oder mit Eurem Talisman Portale in neue Erinnerungswelten von Onkel Jeremy zu öffnen. Was man aus rund 30 Jahren Survival Horror kennt, ist hier umfangreich vertreten und hält so manche Kopfnuss bereit. Eine Reihe hilfreicher Optionen soll Orientierungslosigkeit und Rätselfrust vorbeugen. Möchtet Ihr, dass interaktive Punkte in der Umgebung markiert werden? Wie ist es mit Rätseltipps auf der ­Karte?

Lösungsrelevante Hervorhebungen in Dokumenten gefällig? Hier punkten die Entwickler mit praktischen Funktionen, die neben den drei Schwierigkeits­stufen ausreichend Flexibilität bieten, den Anspruch des Abenteuers ­Euren Bedürfnissen anzupassen.

Gekämpft wird in Alone in the Dark auch, aber selten. Auf mittlerer Schwierigkeitsstufe reichen die Patronen für Pistole, Gewehr und Maschinenpistole meist aus. Falls nicht, schleicht Ihr an den Monstern vorbei, bewerft sie mit Ziegeln und Brandsätzen, bratet ihnen mit Beil, Schaufel oder Rohr eins über oder ergreift per Ausfallschritt die Flucht. Emily und Edward können fast alles, was Alan Wake und Leon Kennedy können. Nur nicht so geschmeidig. Wo Leon im Resident Evil 4-Remake während einer Ausweichbewegung noch Munition aufhebt und seine Waffe nachlädt, steuern sich Emily und Edward deutlich träger, weil sich solche Aktionen hier gegenseitig abbrechen. Das müsst Ihr berücksichtigen, denn es gibt zwar nur wenige und auch kaum originelle Gegnertypen, dafür sind sie aggressiv und wendig und tun rasch sehr weh. Action steht 2024 nicht im Vordergrund bei Alone in the Dark: Sie funktioniert und stört nicht, ist aber auch nicht gerade aufregend.

Zur Veröffentlichung soll ein Day-1-Patch die Performance verbessern. Zum Zeitpunkt des Tests holperte die Bildrate auch im Leis­tungsmodus noch des Öfteren, vereinzelt störten weiße Texturblitzer die oftmals sehr stimmungsvoll ausgeleuchteten und detailliert gestalteten Gebiete. Hin und wieder fehlten deutsche Texte, die deutsche Sprachfassung hingegen ist grundsätzlich in Ordnung, auch die technischen Macken sind zu verschmerzen. Gar nicht in Ordnung ist unseres Erachtens ein vermeintlicher Übersetzungsfehler, der womöglich ein Rätsel auf Deutsch unlösbar macht. Achtung, spoilerfreier Tipp: Die Kombination zum Safe in der Lagerhalle ist drei Worten eines Textes zu entlocken – dummerweise haben die deutschen Worte mehr Buchstaben als die englischen…

Meinung

Michael Herde meint: Falls es noch nicht deutlich wurde: Ich mag das Spiel, gerade weil es seine Wurzeln so zelebriert und mutig altbacken ist. Gleichzeitig spielt es sich viel komfortabler als der nervige Hakelhorror von einst, aber nicht zu geschmeidig. Die Story zog mich rasch in ihren Bann und die Stunden verflogen, es war spannend, freilich unheimlich, aber nie so richtig beängstigend. Dafür sind die Gegner einfach zu uninteressant. Sie unterscheiden sich fast nicht und sind einzeln keine Bedrohung. Die Rätsel wiederum sind es. Manche davon. Für meinen Verstand. Bei manchen kann ich mir nämlich kaum vorstellen, wie man ohne die dezenten Hilfemöglichkeiten auf die Lösung kommen soll. Insofern schön, dass es so etwas gibt. Puristen schalten alles aus. Nicht so gut fand ich mitunter das Timing von Szenenwechseln und Effekten. Wie die merkwürdig animierten Gesichter wirkte es bisweilen auch irgendwie daneben. Ansonsten sieht das Spiel überwiegend sehr schön aus, die Vertonung unterstreicht wirkungsvoll, aber unauffällig.

Wertung

2 spielbare Charaktere
Rätsel- und Orientierungshilfen
Collector’s Edition mit 5.000 Exemplaren

Erfrischend altmodisch angelegtes Gruselabenteuer, das mit toller Story, vielen Rätseln und nützlichen Hilfeoptionen aufwartet.

Singleplayer80MultiplayerGrafikSound

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