Das Genre der MMORPGs fasziniert und begeistert seit Dekaden Millionen von Spielern. In einem mehrteiligen Report beleuchtet MeinMMO-Redakteur Karsten Scholz die Wurzeln, den Werdegang sowie die Zukunft der Online-Rollenspiele. Teil 5 dreht sich um die große Dürre-Periode, die von Asia-Ports und Crowdfunding-Projekten bestimmt wurde.
Mit den Veröffentlichungen von The Elder Scrolls Online, Wildstar und ArcheAge im Jahr 2014 endete die Hochphase der Online-Rollenspiele – mehr dazu findet ihr im vierten Teil unseres Reports zum MMORPG-Genre.
Es folgte eine mehr als sechs Jahre lange Dürre-Periode, in der kein einziges ambitioniertes Projekt eines westlichen Publishers und Entwicklers das Licht der Welt erblickte. Um die Gründe dafür soll es im Folgenden gehen. Außerdem schauen wir uns die wichtigsten MMORPGs an, die zwischen 2015 und 2020 erschienen sind.
Teil 1: Die Pioniere der Online-Rollenspiele – bereits online
Teil 2: Die ersten 3D-MMORPGs – bereits online
Teil 3: Der Ausnahmeerfolg von WoW und seine Gründe – bereits online
Teil 4: Hochphase der MMORPGs und das Scheitern der WoW-Killer – bereits online
Teil 5: Die große Dürre und die Flucht in andere Genres – bereits online
Teil 6: Der Status quo des MMORPG-Genres und die Zukunft – erscheint am 01. Juni 2024
Der Blick auf ein Trümmerfeld
Auch wenn die Hochphase der MMORPGs reich an Neuerscheinungen war, so fehlte es doch an neuen Genre-Vertretern, die den hohen Erwartungen gerecht werden und aus dem großen Schatten von World of Warcraft heraustreten konnten.
Stattdessen machten es sich immer mehr Spiele auf dem MMO-Friedhof gemütlich. Warhammer Online im Jahr 2013 zum Beispiel, Matrix Online und Garriott’s Tabula Rasa im Jahr 2009, Chronicles of Spellborn 2010, Star Wars Galaxies 2011, Vanguard – Saga of Heroes 2014 und so weiter und so fort.
Wenn der Ultima-Schöpfer ein neues MMORPG entwickelt, sind die Erwartungen hoch. Tabula Rasa scheiterte jedoch, während Richard Garriott den Weltraum besuchte.
Autoplay
Andere Projekte kamen nicht einmal aus den Startlöchern. Das Blizzard-MMORPG Titan zum Beispiel (die Einstellung der Entwicklung wurde im September 2014 bekannt gegeben), Stargate Worlds (2010) oder auch World of Darkness (2014).
Und die, die es geschafft hatten, mussten häufig ihre Ziele herunterschrauben, das Bezahlmodell wechseln und darauf bauen, dass sich die getätigten Investitionen zumindest über die Jahre hinweg auszahlen werden. Diesem Schicksal konnte man auch mit großen Namen wie Star Wars und Herr der Ringe nicht einfach so entgehen.
Angst vor dem nächsten Fehlschlag
Viele Entwickler und Publisher mussten aus dem Versuch, es WoW gleichzutun, die folgenden Lektionen mitnehmen:
Die Entwicklung eines MMORPGs, das mit den Marktführern konkurrieren möchte, dauert auch mit einem großen Team viele Jahre und ist daher kostenintensiv – wir reden hier von AAA-Blockbuster-Niveau.
In der langen Entwicklungszeit kann sich der Markt drastisch verändern, was Technologien, Plattformen, Trends sowie das Konkurrenzumfeld angeht.
Die Chancen stehen hoch, dass der Launch eine Shitshow wird, mit Serverproblemen, langen Warteschlangen, Bugs und frustrierten Spielern.
Man konkurriert vom ersten Tag an mit allen etablierten MMORPGs (und anderen Service-Games), die deutlich mehr Inhalte und Feinschliff bieten.
Es ist schwer, Spieler von ihrem bisherigen MMORPG wegzulocken. Dort fühlen sie sich wohl, kennen sich aus und haben soziale Bindungen. All das lässt man nicht leichtfertig zurück.
Je mehr Probleme es zum Start gibt, desto schwerer ist es, zeitnah einen regelmäßigen Strom an neuen Inhalten zu liefern, der die Vielspieler zumindest halbwegs zufriedenstellt.
Wer sich wirklich unter den ganz Großen etablieren will, muss mit großer Wahrscheinlichkeit und Geduld auch nach dem Launch viel Aufwand betreiben, um potenzielle Problemfelder zu beseitigen – siehe Final Fantasy XIV und The Elder Scrolls Online.
Kurzum: Die Entwicklung eines ambitionierten MMORPGs ist enorm aufwendig, teuer und riskant. Unter diesen Voraussetzungen wirkte die auf den ersten Blick perfekte Blaupause von World of Warcraft nicht mehr so sexy, wie noch in den ersten Jahren des raketenhaften Erfolgs.
Eine Branche im Wandel
Parallel zur Hochphase der MMORPGs tauchten in anderen oder neu entstandenen Genres Spiele auf, die sich gezielt einige Elemente zunutze machten, die es in der Kombination bis dato nur in Online-Rollenspielen gegeben hatte: Progressionssysteme für den eigenen Charakter oder Account, soziale Features wie Gilden und Chats, kooperative Gruppenherausforderungen, PvP.
Das Ziel dieser Spiele war es, wie bei einem MMORPG, möglichst viele Spieler über einen langen Zeitraum hinweg auf die Server zu locken. Titel wie League of Legends (2009), World of Tanks (2010), DOTA 2 (2013) oder auch Hearthstone (2014) zeigten dabei, dass man auch ohne Blockbuster-Budget einen erfolgreichen Service aufbauen kann, der sich leicht für Jahre um immer neue Inhalte erweitern lässt.
Während bei den MMORPGs ab 2015 die Dürre herrschte, sorgten andere Genres für einen Service-Hit nach dem nächsten – PUBG und Fortnite zum Beispiel, aber auch Overwatch, Path of Exile, Warframe und viele weitere. Wenn ein westlicher Publisher dann doch mal ordentlich Geld in die Hand nahm, kamen MMO-Hybride wie The Division, Destiny oder die Katastrophe Anthem raus.
Anthem … ach, Anthem …
Klein oder aus Asien
Und was passierte derweil an der MMORPG-Front? In den Jahren 2015 bis 2020 gab es vor allem zwei Kategorien von Online-Rollenspielen, die ihr Glück versuchten. Zum einen die westlichen Portierungen asiatischer MMORPGs, die auf dem Heimatmarkt teils bereits seit Jahren spielbar waren und daher oft mit vielen Inhalten in der Hinterhand und einem recht hohen Grad an Feinschliff in den Westen kamen.
Zwei Positivbeispiele dieser Zeit sind Black Desert und Blade & Soul (beide 2016 im Westen erschienen). Enttäuschend waren indes die verschiedenen Versionen von Bless Online (2018) oder das Action-MMORPG Elyon (2021).
Wenn MMORPGs in dieser Phase indes von westlichen Publishern und Entwicklern angekündigt wurden, dann handelte es sich dabei fast immer um kleine Projekte mit Sandbox- und PvP-Fokus, die auf Crowdfunding-Kampagnen angewiesen waren.
Ein klares Positivbeispiel kommt aus Deutschland, ist fast sieben Jahre alt und feiert derzeit Spielerrekorde: Albion Online. Sehr viel weniger erfolgreich war Shroud of the Avatar von den Entwickler-Urgesteinen Richard Garriott und Starr Long, doch gab’s hier immerhin einen Release, und die Server sind weiterhin online.
So viel Glück hatte Crowfall nicht. Nach langer Entwicklungszeit kam es im Juli 2021 zwar zur Veröffentlichung, doch mussten die Server im November 2022 wieder offline gehen. Andere Projekte wie Camelot Unchained oder Chronicles of Elyria befinden sich seit vielen Jahren in der Entwicklungshölle und müssen sich immer mal wieder Scam-Vorwürfe gefallen lassen. Ausgang offen.
Mobile als neue Option für MMORPGs
Es gibt übrigens etwas, das die erfolgreichsten der gerade genannten MMORPGs gemeinsam haben. Für Albion Online, Black Desert und Blade & Soul sind zwischenzeitlich Mobile-Versionen erschienen. Alternativ könnt ihr auf Android- und iOS-Geräten aber auch Old School RuneScape, EVE Echoes, Tower of Fantasy und viele andere Online-RPGs erleben.
Das ist ein Trend, der in genau dieser Phase Fahrt aufgenommen hat und der uns sicherlich auch in den kommenden Jahren verstärkt begleiten wird. Vor allem MMORPGs aus dem asiatischen Raum werden immer häufiger für PC und Mobile entwickelt – siehe zum Beispiel Tarisland.
Auf die MMORPG-Projekte der Zukunft und den Status quo des Genres gehen wir jedoch erst im sechsten und letzten Teil unseres Reports ein. Bis dahin könnt ihr euch die Zeit mit dem folgenden Special vertreiben: Die 10 besten Mobile-MMORPGs 2024 für iOS und Android
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