Seite 1
Das Wichtigste an einem Videospiel ist natürlich nicht seine Entstehungsgeschichte. Im Fall von Tales of Kenzera: ZAU ist diese aber bemerkenswert. Denn gedacht ist das Metroidvania laut Studiochef Abubakar Salim als Hommage an seinen verstorbenen Vater und dessen afrikanische Wurzeln, was sich sowohl im gewählten Szenario als auch in der Thematik der Story spiegelt. Imposant ist zudem, wie viel Aufwand Salim dafür betrieben hat: Eigentlich ist er hauptamtlich als Schauspieler tätig, hat für sein Spiel aber nicht einfach einen etablierten Entwicklungspartner gesucht, sondern kurzerhand ein eigenes Team mit 30 Personen zusammengestellt und Electronic Arts als Publisher an Land gezogen.
Erst recht erfreulich deshalb, da das fertige Produkt tatsächlich etwas geworden ist, auf das er stolz sein kann. Tales of Kenzera entpuppt sich als ausgereiftes, sowohl spielerisch als auch technisch blitzsauberes Metroidvania, das im dicht gedrängten Feld auf den vorderen Plätzen mitspielen kann – nur besonders originell ist es nicht gerade.
Was beileibe kein Vorwurf sein soll, sondern einfach eine sachliche Feststellung: Jenseits der unverbrauchten Ästhetik sowie persönlich angehauchten Charakteren und eigenständiger Welt kommen einem die meisten Zutaten mehr oder weniger bekannt vor, wenn man sich schon öfters mit dem Genre befasst hat. So manches davon haben immerhin nicht so arg viele Konkurrenten benutzt: Ein zentrales Elemente ist etwa, dass Hauptfigur Zau in seiner Rolle als Schamane die mystischen Kräfte von zwei Masken (Sonne und Mond) nutzt, zwischen denen auf Knopfdruck gewechselt wird – Outland lässt grüßen, Ballerfreunde denken dabei beispielsweise an Ikaruga. Bei Kämpfen sind je nach Maske bevorzugt Nah- oder Fernattacken im Repertoire, im Lauf der Reise kommen ein halbes Dutzend Fähigkeiten dazu, wie das Einfrieren von Wasser oder Pfeile, die Schalter aktivieren können – auch die werden mit der passenden Maske gekoppelt. Dermaßen angereichert wird das ansonsten vertraute Metroidvania-Rezept bekömmlich aufbereitet und gefällt mit griffigen Kontrollen und moderatem Schwierigkeitsgrad, den selbst weniger versierte Abenteurer verdauen. Lediglich ein paar eingestreute Fluchtsequenzen tanzen spürbar aus der Reihe und können für Haareraufen sorgen – dass hierfür prompt die Ori-Spiele als Inspiration dienten, ist da keine Überraschung.
Meinung & Wertung
Ulrich Steppberger meint: ZAU ist im Prinzip ein typisches Metroidvania, was den spielerischen Aspekt angeht – richtig frische oder gar innovative Ideen solltet Ihr hier nicht erwarten. Am ehesten finden die sich in der persönlichen Note von Story und Szenario des Abenteuers, die stimmig und gelungen rüberkommen. Großartig Bezug dazu haben muss man derweil nicht, um sich gut unterhalten zu fühlen. Und gerade für ein Studiodebüt gibt es erfreulich wenig auszusetzen: Technisch wird die hübsche und stimmungsvolle Optik tadellos auf den Bildschirm gebracht, die Steuerung ist gelungen. Das Erkunden der weitläufigen Bereiche bleibt kurzweilig, zumal die überschaubare Spieldauer keine Längen aufkommen lässt. Die Kämpfe und Standardfeinde sind nicht sonderlich tiefgründig, nutzen das Konzept der zwei Masken aber ganz ordentlich. Nur ein paar herbe Schwierigkeitsspitzen, die im starken Kontrast zum sonst zugänglichen Rest stehen, hätten nicht wirklich sein müssen.
Poliertes Metroidvania, das zwar nicht das Rad neu erfindet, aber mit eigenem Stil und Herz überzeugt.
Singleplayer80MultiplayerGrafikSound
