Eine ehemalige Community-Managerin von Destiny 2 hat über die Arbeit bei Bungie gesprochen. Auch das Stichwort „Crunch“ war ein Thema.
Bei Destiny 2 läuft gerade die wohl wichtigste Phase des Jahres. Die neuste Erweiterung „The Final Shape“ ist endlich draußen und konnte bereits am Release-Tag über 300.000 Spieler auf die Steam-Server locken. Am Freitag-Abend startete zudem das Rennen um den World-First, welches mit einer Überraschung endete.
Doch während die Destiny-Spieler gerade im Kampf gegen den Zeugen ihr Bestes geben, schlagen die Aussagen der ehemaligen Community-Managerin Liana Ruppert Wellen in der Community von Destiny 2 und Bungie. Diese hat sich in einem Video zu den Arbeitsbedingungen bei Bungie und den Entlassungen Ende 2023 geäußert. Sie selbst war von den Entlassungen ebenfalls betroffen.
Wir haben Bungie um eine Stellungnahme zu den Inhalten des Videos gebeten und werden diese im Artikel ergänzen, sobald sie uns vorliegt.
Um wen geht es?
Liana Ruppert war von Oktober 2021 bis November 2023 Senior-Community-Managerin bei Bungie.
Zuvor war Ruppert unter anderem bei dem US-amerikanischen Publisher „Prima Games“ sowie dem Magazin „Game Informer“ tätig.
Heute arbeitet Ruppert als Community-Managerin bei Prime Video und ist dort unter anderem für die Fallout-TV-Serie sowie Vox Machina Season 3 verantwortlich.
Autoplay
Ruppert kritisiert Arbeitskultur, Crunch und Toxizität
Was ist das für ein Video? In dem Video auf ihrem persönlichen YouTube-Kanal hat Ruppert über ihre Zeit bei Bungie gesprochen und unter anderem gesagt, dass ihr Traumjob zur „Hölle“ wurde. Außerdem geht sie auf die Entlassungen im November 2023 ein und inwiefern Crunch ein Thema bei der Entwicklung von The Final Shape gewesen sei.
Zunächst erklärt sie jedoch, weshalb sie dieses Video mache. Sie sagt, viele Nutzer würden auf Social-Media fälschlich annehmen, dass sie sich kritisch gegenüber Bungie oder der Spieleindustrie äußern würde, weil sie von den Entlassungen betroffen war.
Ruppert führt dann aus, sie habe sich schon seit Jahren zu solchen Themen geäußert und möchte in dem Video nun ausführen, weshalb sie viel darüber spricht und weshalb die Entlassung für sie selbst hart war.
Das komplette Video von Liana Ruppert könnt ihr auf YouTube sehen:
Vom Paradies zur Hölle in nur einem Jahr
Was sagt Ruppert über ihre Zeit bei Bungie? Ruppert erklärt in dem Video, dass die Entlassungen sie nicht verärgert oder überrascht haben. Stattdessen sei sie überrascht gewesen, wie gefühllos diese Entlassungen seitens Bungie laut ihr gehandhabt wurden, denn das Entwicklerstudio habe versprochen, dass sie nicht so seien und sie habe das geglaubt.
Dann erzählt Ruppert, sie habe nie Grenzen zwischen ihrer Arbeit und ihrem Privatleben gezogen und sich voll auf die Arbeit gestürzt, was zu gesundheitlichen Problemen geführt habe. Anschließend spricht sie davon, wie der Release von The Final Shape bei ihr für ein Angstgefühl gesorgt habe:
Ich hatte Angst vor dem Release von Final Shapes, weil ich jedes Mal Panikattacken bekam, wenn eine neue Season herauskam. Je nach Tageszeit und je nachdem, ob ich unausgeglichen oder ausgeglichen war, bekam ich eine Panikattacke, wenn man mir gegenüber Destiny auch nur erwähnte. Und ich habe viele Male versucht, das Spiel vor dem Start von Final Shape zu spielen, und ich konnte es nicht über den Ladebildschirm hinaus schaffen, weil ich eine Panikattacke bekam.
Nachfolgend sagt Ruppert, es „schmerze sie zutiefst“, was passiert sei, da sie dachte, ihren Traumjob gefunden zu haben. Den Job, bei dem sie für immer bleiben möchte.
Jetzt sehe sie jedoch, wie „toxic“ dieser Traumjob gewesen sei: „Mein erstes Jahr war der Himmel, das Paradies, ich konnte mir keinen anderen Ort vorstellen. Mein zweites Jahr war die Hölle. Und es war eine Menge Bosheit und eine Menge wirklich schlimmer Dinge, die irgendwann ans Licht kommen werden, aber nicht heute.“
Sie habe Angst vor dem Release von The Final Shape gehabt, weil die Erweiterung für alle so viel bedeutet habe – auch für sie – und sie befürchtete, mental nicht stark genug zu sein, an dem Release der Erweiterung teilzunehmen oder sie zu spielen.
Enttäuschung statt „Oase der gesunden Arbeitskultur“
Was sagt sie zu den Entlassungen? Ruppert erklärt, Bungie sei für Spieleentwickler eine Art „Mecca“ und viele Entwickler haben sie und andere Mitarbeiter kontaktiert, weil sie gerne für Bungie arbeiten würden, um der Toxizität anderer Arbeitgeber der Games-Branche zu entkommen.
Bungie werde laut Ruppert als eine Art „Oase der gesunden Arbeitskultur“ wahrgenommen und manche Personen haben deutlich besser bezahlte Jobs verlassen, um für Bungie zu arbeiten. Doch oft sei es dann eben nicht diese „Oase“ gewesen.
Sie betont, dass sie den Menschen, die versuchen, die Arbeitskultur bei Bungie zu verbessern, keinen „schlechten Dienst“ erweisen möchte. Demnach habe es positive Veränderungen bei Bungie gegeben und sie möchte die geleisteten Bemühungen nicht in den Schatten stellen, doch sie glaube, dass noch bedeutendere Veränderungen blockiert werden:
Leider werden viele der wichtigeren Änderungen von höheren Kräften blockiert, weil es nicht immer bequem ist, diese Änderungen vorzunehmen. Es scheint, dass viele dieser Änderungen nur vorgenommen wurden, um entweder das Gesicht zu wahren oder um einen kurzfristigen Gewinn zu erzielen. Langfristig gesehen gab es jedoch immer eine Art von Widerstand, und das ist ein wichtiger Grund, warum wir über Entlassungen als Waffe sprechen, denn viele der betroffenen Personen haben sich sehr lautstark für die Gewerkschaft und für die Verbesserung der internen Angelegenheiten und der internen Arbeitsbedingungen eingesetzt.
Bungie habe Entlassungen herzlos durchgesetzt
Außerdem glaubt Ruppert, habe die Art und Weise der Entlassungen Bungie geschadet – nicht nur, weil in der Folge viele andere Mitarbeiter das Unternehmen verlassen haben. Ruppert schätzt, am schwersten habe Bungie getroffen, dass die Führung viel Zeit und Mühe investiert habe, es aussehen zu lassen, als sei Bungie ein Unternehmen, das keine massenhaften Entlassungen durchführen würde. Doch dann haben sie es „auf die herzloseste Art“ getan.
Diese herzlose Art der Entlassung sei das, was Ruppert verärgere. Es habe laut ihr Leute gegeben, die für diesen Job umgezogen seien. Sie selbst habe ihr Haus verkaufen müssen, das zur Hälfte abbezahlt war.
Als weiteres Beispiel nennt sie den Fall eines Mitarbeiters, der einen Schlaganfall hatte, hart gearbeitet habe, zur Arbeit zurückzukehren und dann entlassen wurde:
Eine andere Person hatte buchstäblich einen Schlaganfall, von dem sie sich ein Jahr lang erholte, weil der Job so stressig war. Er arbeitete wirklich hart, um sich zu erholen […], nur um schließlich nach jahrelanger Arbeit zu genesen und wieder arbeiten zu können, nur um entlassen zu werden.
Zudem kritisiert sie, dass die Entlassungen als Waffen eingesetzt worden seien, um Mitarbeiter loszuwerden, die versuchten, eine gesündere Arbeitskultur schaffen.
Zu der kritisierten Arbeitskultur fällt auch das Stichwort Crunch. Dabei wird von den Mitarbeitern erwartet, Überstunden und Mehrarbeit zu leisten, um gewisse zeitliche Ziele eines Projektes zu erreichen – wie beispielsweise ein eng geplantes Release-Datum.
Crunch sei auch bei der Entwicklung der jüngsten Destiny-Erweiterung der Fall gewesen: „Crunch war absolut ein entscheidender Faktor für Final Shape, und ich bin so froh, dass es [das DLC] wurde, denn es gab so viele Dinge, die den Entwicklern nicht so gut gefielen, und diese Verschiebung gab ihnen die Zeit, dies zu ändern.“
Große Entlassungswellen gibt es nicht nur bei Bungie, auch bei anderen Entwicklern mussten in den vergangenen Monaten und Jahren viele Mitarbeiter die Segel streichen und ihren Traumjob aufgegeben. Darunter auch ein ehemaliger Techniker von Blizzard: Ingenieur erzählt, wie sein Traum vom Job im Gaming starb: „Wurde nach 13 Jahren bei Blizzard gefeuert“
Der Beitrag Ex-Mitarbeiterin erzählt, wie ihr Traumjob bei Bungie zum Albtraum wurde: „Ich hatte Angst vor dem Release von Final Shape“ erschien zuerst auf Mein-MMO.de.