Eiyuden Chronicle: Hundred Heroes – im Test (Switch)

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Spiel:Eiyuden Chronicle: Hundred HeroesPublisher:505 GamesDeveloper:Rabbit & Bear StudiosGenre:RollenspielGetestet für:SwitchErhältlich für:PS4, PS5, Switch, XOne, XSXUSK:12Erschienen in:6 / 2024

Die Welt retten, bösen Göttern Einhalt gebieten oder Invasionen aus anderen Reichen aufhalten – das war in den 1990er- und 2000er-Jahren so gar nicht das Ding der Entwickler von Suikoden. Schon 1995 widmete sich das Team unter dem Dach von Konami eher menschlichen Konflikten. Gierige Politiker und machthungrige Adelige sind hier die Bösewichte, die von vielen mutigen Helden aufgehalten werden mussten. Umso trauriger, dass Konami die Reihe mittlerweile ziemlich brachliegen lässt. Aber gleichzeitig erlaubt Konamis Nachlässigkeit den inzwischen längst selbstständigen kreativen Köpfen hinter der Suikoden-Reihe, mit einem neuen Projekt spielerisch an die alten Werke anzuschließen.

Nun ist das 2020 als Kickstarter gestartete Eiyuden Chronicle: Hundred Heroes ein eigenständiges Spiel mit neuen Figuren und einer Welt mit eigener ­Mythologie – und doch fühlt sich das Abenteuer an jeder Ecke wie eine brandneue Suikoden-Episode an. Im Zentrum der Geschichte steht der schwelende Konflikt zwischen einer Allianz von Staaten und einem expansionsfreudigen Imperium. Zu Ersterer gehört Protagonist Nowa, der sich gerade erst der Truppe der jungen Adeligen ­Perrielle angeschlossen hat, wogegen Seign Kesling ein pflichtbewusster imperialer Offi­zier ist. Trotzdem schließen die beiden schnell Freundschaft – und als es schließlich doch zum Krieg kommt, wird diese auf eine harte Probe gestellt. Nach einem gemächlichen Auftakt überschlagen sich die Ereignisse und Nowa findet sich an der Spitze einer kleinen, aber stetig wachsenden Schar an Widerstandskämpfern in einer verfallenen Ruine wieder. Und so nimmt Nowa den Kampf gegen den machthungrigen Dux Aldric auf, gewinnt ständig neue Verbündete und macht aus der baufälligen Ruine nach und nach eine florierende Siedlung.

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Diese ganze Prämisse folgt ebenso dem Stil von Suikoden wie auch die meisten anderen Spielsysteme. Meist seid Ihr mit einer sechsköpfigen Truppe samt Gefolge unterwegs, die Zufallskämpfe bestreitet Ihr rundenbasiert, aber dennoch flott, da Angriffsanimationen Eurer Party gerne mal überlappen. ­Manche Helden sind auf Nahkampf, ­manche auf Fernattacken spezialisiert, manche haben auch effektive Teammanöver in petto und über magische Runen lernt Ihr Magie sowie Spezialangriffe.

Ihr erkundet die weitläufige Weltkarte, erforscht Dungeons, löst Rätsel und legt Euch mit ­dicken Bossen an. Ebenso schlagt Ihr aber auch groß angelegte taktische Schlachten oder stellt Euch einem Feind im direkten Duell. Und natürlich haltet Ihr stets die Augen nach neuen Mitstreitern offen: Wie der Untertitel Hundred Heroes es schon andeutet, ist die Heldentruppe hier enorm groß. 120 Figuren können Platz in Eurer Truppe finden: 71 davon ziehen mit Euch in den Kampf, die anderen bekleiden wichtige Positionen in Eurer Basis. Holzfäller, Bauern, Händler, ­Schmiede – alles, was man eben für ein echtes Hauptquartier so benötigt, auch Funktionen wie ein ­Schnellreisesystem brauchen erst die passenden ­Verbündeten. Und dieses Mal wächst Eure Festung nicht automatisch: Ihr legt selbst fest, in welche Einrichtung Ihr Eure Ressourcen als Nächstes investieren wollt.

Auch inszenatorisch bleibt das Eiyuden Chronicle-Team seinem vertrauten Stil treu und mischt die Herangehensweisen der frühen und späten Suikoden-Episoden. Die Welt ist komplett polygonal gehalten, wird aber abgesehen von der frei drehbaren Weltkarte aus festen Winkeln gezeigt. Die Helden und Schurken dagegen treten sowohl beim Erkunden der Landschaften als auch im Kampf als große, detaillierte Sprites an.

Ein guter Teil des Spiels ist auf Japanisch und Englisch vertont und für die Musik heuerte man zwei ausgewiesene Veteranen an: Motoi Sakuraba ist für ­seine Arbeit an den Star Ocean– und Tales of-Spielen bekannt, ­Michiko ­Naruke ist die Frau hinter den fantastischen Soundtracks der Wild Arms-Reihe.

Meinung

Thomas Nickel meint: Eiyuden Chronicle ist ziemlich exakt das, was ich mir als altgedienter Suikoden-Veteran erhofft hatte. Flotte Kämpfe, viele sympathische Helden, ein stetig wachsendes ­Hauptquartier und eine Story, die nach einem langsamen Auftakt ordentlich in Fahrt kommt, lassen die Spielzeit wie im Flug vergehen. Ist die Weltkarte häufig etwas karg, sind vor allem viele Kampfbildschirme herrlich farbenfroh und gerade Bosse verlangen auch Strategie und Planung. Dabei wird auf manch heute selbstverständliche Komfortfunktion wie sichtbare Gegner, freies Speichern, nach Kämpfen automatisch aufgefüllte Lebenspunkte oder ein detailliertes Questlog verzichtet – so fühlt sich Eiyuden Chronicle trotz polygonaler Hintergründe oft wie ein vergessenes Abenteuer der PSone-Ära an. Mich persönlich holt das Spiel damit komplett ab, aber wenn Euer aktueller RPG-Konsum eher von üppig präsentierter Square-Enix-Kost oder offenen Bethesda-Welten geprägt ist, könnte die Einspielzeit hier etwas länger ausfallen. Aber egal, ob Suikoden-Kenner oder moderner Rollenspieler: Die überzeugende Story, der spaßige Basis-Ausbau und die vielen sympathischen Mitstreiter, die Ihr an allen Ecken und Enden der Welt aufgabelt, sorgen dafür, dass Ihr immer wieder gerne in die Eiyuden-Welt zurückkehrt.

Kevin Pinhao meint: Als wäre das Frühjahr nicht schon genug mit feinen Rollenspielen gespickt, schicken die Rabbit & Bear Studios mit Eiyuden Chronicle eine weitere Genre-Perle ins Rennen. Der Titel dürfte gerade bei Fans der offensichtlichen Vorlage offene Türen eintreten. Aber selbst wenn Ihr bislang wenig mit Suikoden am Hut hattet, birgt dieses Abenteuer das Potenzial, Euch in seinen Bann zu ziehen. Dafür sorgt vor allem der motivierende Ausbau Eurer Armee und Basis, aber auch die nostalgische Atmosphäre traditioneller PSone-Rollenspiele, die Hundred Heroes in seiner Gesamtheit durchzieht. Mit dieser gehen allerdings Designentscheidungen einher, die sich äußerst unbequem und sperrig präsentieren. Das lässt das Abenteuer bewusst etwas aus der Zeit gefallen wirken, was je nach Präferenz zum Charme beiträgt oder aber frus­triert modernem Komfort nachtrauern lässt. Häufig fand ich mich in diesem Kontext irgendwo zwischen den Stühlen wieder. Wenig erfreulich: der aktuell verheerende technische Zustand der Switch-Version, der mir zuweilen den Spielspaß gehörig zu verhageln drohte. Solltet Ihr die Möglichkeit haben, weicht Ihr besser auf eine andere Fassung aus.

Wertung

Während auf Xbox und PlayStation meistens erfolgreich 60 Bilder pro Sekunde angestrebt sind, kämpft die Switch-Version leider schon mit den dort anvisierten 30 fps und irritiert noch dazu mit langsamen Menüs und unangenehm langen Ladezeiten vor und nach Kämpfen. Patches mit Nachbesserungen sind wenigstens bereits versprochen worden.

120 rekrutierbare Figuren
stetig wachsende Basis
große Schlachten und spannende Duelle

Liebevoll gemachtes Rollenspiel der klassischen PlayStation-Schule, das mit vielen sympathischen Helden und einem flotten Kampfsystem punktet.

Singleplayer76MultiplayerGrafikSound

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