Sand Land – im Test (PS5)

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Spiel:Sand LandPublisher:Bandai-NamcoDeveloper:ILCAGenre:Action-RollenspielGetestet für:PS5Erhältlich für:PS4, PS5, XSXUSK:12Erschienen in:6 / 2024

Als uns vor einigen Wochen die traurige Nachricht ereilte, dass Akira Toriyama verstorben ist, zollten ihm zahlreiche Fans und Branchen­größen Respekt, prägte er die Manga-, Anime- und Video­spiel-Welt doch nachhaltig – unseren Nachruf lest Ihr in M! 05/24. Dragon Ball und Dragon ­Quest sind uns allen mindestens ein Begriff, für viele sogar ein Quell nostalgisch-prägender Erinnerungen. Bei Sand Land sieht es schon etwas anders aus.
Toriyamas überschaubares Manga-Werk entstand um die Jahrtausendwende, lief hierzu­lande aber unter dem Radar und genoss allenfalls die Wertschätzung von Vollblutfans. Ein Umstand, der sich nun ändern könnte, denn mit einer Großinitiative aus Anime-Serie und Film (siehe Kasten) sowie eben einer Videospieladaption soll Dämonenprinz Belzebubs Geschichte auch im Westen endlich seine ­gebührende Anerkennung finden.

Sand Land zeichnet zum Auftakt das Bild eines vom Krieg gebeutelten Landes. Eine schlimme Dürre macht den verstreuten Bewohnern des titelgebenden Ödlands zu schaffen – das möchte der alternde Sheriff Rau natürlich ändern. Da es heißt, die sandigen Dünen würden eine verborgene Wasserquelle beheimaten, begibt sich Rau kurzerhand auf die Suche nach ihr. Dazu bittet er im nahe gelegenen Dämonendorf um Hilfe und findet sie in Form des aufgeweckten Dämonenprinzen Belzebub.

Immerhin ist sich auch der rosa Wirbelwind der allgemeinen Wassernot bewusst und zudem – trotz ulkiger Bemühung, als ­fieser Scherge aufzutreten – ein sehr liebenswertes Kerlchen. Im Folgenden schlüpft Ihr also in die Rolle von Belzebub, schnappt Euch Euren treuen Begleiter Sheef und nehmt in der alten Rostlaube des Sheriffs Platz – der Startschuss für einen abenteuerlichen Roadtrip.

Das Stichwort ”Roadtrip” beschreibt das Action-Rollenspiel dabei sehr passend: Die meiste Zeit macht Ihr es Euch nämlich in den Cockpits diverser Karosserien bequem und trotzt den ausufernd staubigen Dünen, die sich als ­typischer Open-World-Spielplatz präsentieren. Mit einem flotten Motorrad überbrückt Ihr große Distanzen, während Ihr Feinden mit der Feuerkraft Eures Panzers begegnet. Später nehmt Ihr weitere Gefährte in Euer Repertoire auf, etwa einen Sprung-Bot zum Erreichen höher gelegener Orte oder auch einen Schwebejet, der über Hindernisse gleitet. Praktischerweise wechselt Ihr über ein Ringmenü bequem zwischen den Vehikeln hin und her – eine Kapsel-Mechanik, wie sie ­Toriyama-Fans beispielsweise von der frechen Wissenschaftlerin Bulma aus Dragon Ball kennen, macht es möglich.

Gerade in Dungeons – das können alte Ruinen oder weitläufige Schiffswracks sein – wird der kontinuierliche Fahrzeugwechsel wichtig, um Hindernisse, Rätsel und Feinde zu überwinden. Während Ihr dabei selten besonders gefordert werdet, resultieren die Ausflüge doch regelmäßig in einem befriedigend-launigen Spielfluss.

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Bis es allerdings so weit ist, dass Ihr über einen abwechslungsreichen Fuhrpark verfügt, gehen einige Stunden ins Land. Entsprechend bewegt Ihr Euch gerade zum Auftakt wenig effizient durch das immer gleiche Braun der ­Wüste und hangelt Euch von einem überdeutlichen Zielmarker zum nächsten. Sowohl im Rahmen der Hauptgeschichte als auch im Zuge der Vielzahl an Nebenaufgaben solltet Ihr dabei nicht mit großen spielerischen Überraschungen rechnen. Sand Land schreibt es sich gewiss nicht auf die Fahne, etablierte – aber eben auch ermüdende – Genre-Gepflogenheiten umzukrempeln. Während die Interaktionen mit den Hilfesuchenden häufig charmant-humorvoll inszeniert sind, laufen sie spielerisch meist aufs Selbe hinaus. Ihr steuert eine Markierung auf der Karte an, sammelt Krimskrams und zieht Feinden eins über – oftmals mit Feuerkraft, im Zweifel aber auch mit Euren kleinen, pinken Fäusten.

Keine Sorge: Was vielleicht öde anmutet, bereitet lange durchaus Spaß. Das liegt vor allem daran, weil sich Sand Land schlicht sehr gut anfühlt. Belzebub steuert sich direkt, die Navigation und der flotte Wechsel zwischen den Vehikeln ist auch schnell verinnerlicht. Außerdem erleichtern Euch allerhand komfortable ­Designentscheidungen das Leben, wie beispielsweise das Einsammeln von Gegenständen, ohne aus dem Fahrzeug steigen zu müssen. Motivierend gestaltet sich außerdem die Individualisierung Eurer Gefährte. Die erfolgt so, wie Ihr es vielleicht aus ”Armored Core” kennt, wenn auch in abgespeckter Form. Ihr passt Primär- und Sekundärwaffen sowie weitere Teile Eurer Maschinen an und färbt sie kleinteilig nach Euren Wünschen ein. Übrigens steigt auch Euer dämonischer Held genretypisch im Level auf. Das gibt Euch die Möglichkeit, gewonnene Punkte in zweckdienliche Fähigkeiten zu investieren, die Euch im Kampf und bei der Erkundung unter die Arme greifen.

So weit, so gut. Spätestens in der zweiten Spielhälfte treten dann aber Ermüdungserscheinungen auf und das trotz eines interessanten Twists, der die ursprüngliche Geschichte der Manga-Vorlage fortführt und die Welt stimmig erweitert. Habt Ihr Euch einmal am frischen Grün der neuen Kulisse sattgesehen und Eure Garage mit allen Fahrzeugtypen gefüllt, kann die Motivation abkühlen. Bis dahin habt Ihr aber eben auch schon gute 15 bis 20 Stunden mit dem Spiel verbracht.

Was sich bereits im Rahmen unserer Vorschau andeutete, bestätigt sich mit der finalen Ver­sion: Sand Land übersetzt die tollen Designs der Vorlage gekonnt ins Videospielmedium. Sowohl die charmante Riege an Figuren als auch die kreative Bandbreite an Vehikeln kommen hervorragend zur Geltung. Das gilt ebenso für Teile der Welt, wenngleich die Abwechslung hier gerne mal auf der Strecke bleibt. Ein Umstand, der sich übrigens auf die musikalische Untermalung übertragen lässt – erinnerungswürdige Stücke sind rar gesät. Dafür erfreulich: Von wenigen Ausnahmen abgesehen läuft der Titel mit stabilen 60 Bildern pro Sekunde.

Meinung

Kevin Pinhao meint: Sand Land erfindet das Rad nicht neu, bereitet mit seinen herrlich skurrilen Figuren, weiten Strecken des Abenteuers und seinem interessanten Vehikel-Fokus aber ordentlich Spaß. In der zweiten Hälfte geht Belzebubs charmantem Roadtrip zwar etwas die Puste aus, bis dahin habt Ihr allerdings schon einige Zeit an der Seite des rosa Wirbelwinds verbracht. Außerdem ist es löblich anzumerken, dass der Titel mit seinem Action-RPG-Ansatz vom ausgetrampelten Pfad der immer gleichen Arena-Prügler abweicht, in denen solche Lizenzen für gewöhnlich ihren bequemen Platz finden. Vielleicht hätte dem Game jedoch ein kleineres, kuratiertes Erlebnis besser gestanden. So versandet die Spielerfahrung zuweilen in einer zwar weitläufigen, aber eben auch ziemlich formelhaften offenen Welt. Unterm Strich bleibt trotzdem ein spaßiges Abenteuer, das die tolle Vorlage von Akira Toriyama gelungen einfängt und gerade für Fans eine Wonne sein dürfte.

Thomas Nickel meint: Etwas Open World, ein bisschen hauen und ­fahren, ein wenig schleichen – die Mischung von Sand Land erinnert mich an manch ehrgeizigere Lizenzumsetzung der PS2-Ära. So bietet das Abenteuer solide Spielmechaniken und eine wunderschöne Welt, lässt es aber auch ein wenig an Komplexität und Anspruch mangeln – spielerisch ist Sand Land gefällig, mehr jedoch nicht. Das wird allerdings enorm durch den Akira-Toriyama-Faktor aufgewogen: Humor, Figuren, Monster und nicht zuletzt all die wunderbaren Fahrzeuge fühlen sich für Freunde des viel zu früh verstorbenen Manga-Künstlers einfach unheimlich… richtig an. Und das ist dann auch, was das ordentliche Action-­Adventure zu mehr als der Summe seiner Teile macht.

Wertung

10+ Fahrzeugtypen mit zahlreichen Anpassungsmöglichkeiten
neue Geschichte, Kulisse und Figuren, von Akira Toriyama erdacht 

 

Trotz formelhafter Open World ein charmantes Roadtrip-Abenteuer mit spaßigem Fahrzeug-Fokus, dem in der zweiten Hälfte etwas die Luft ausgeht.

Singleplayer80MultiplayerGrafikSound

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