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2007 gründet sich in Hamburg eine Firma, um klassisches Point’n’Click zu feiern, Adventure-Spaß à la Amiga und DOS-VGA neu zu beleben. Angefangen mit Edna bricht aus und The Whispered World produziert Daedalic vergnügliche Abenteuer, die nicht 3D-realistisch, sondern wie Threepwood- und Wilco-Eskapaden Cartoon-überzeichnet und Fantasy-gefärbt sind. 2023 gibt Daedalic die Entwicklung auf: The Night of the Rabbit ist nicht neu, sondern ein Port eines PC-Frühwerks des Die Säulen der Erde-Produzenten Matthias Kempke, das vor elf Jahren herauskam.
Jeremias Haselnuss möchte Zauberer werden, wenn er groß ist. Leider muss er zum Essen daheim sein, sagt Mama, und auf dem Kalender stehen nur noch zwei Ferientage. Aus dem Spätsommer-Blues helfen ihm Zauberkoffer, Stab und Zylinder sowie der geheimnisvolle Marquis. Dieser – halb weißes ”Alice im Wunderland”-Kaninchen, halb Studio-Ghibli-Katzenbaron – reist mit Jerry nach Mauswald. Sprechende Tiere im Frack, freche Spukerscheinungen, verwinkelte Wege, versperrte Gatter und geheime Pfade: In der Parallelwelt löst Larry – man kennt das – zig Wehwehchen, muss heißen Kaffee machen, Werkzeug basteln, die rechte Medizin auf silbernem Löffel reichen. Gleichzeitig sucht und büffelt er für die Zauberei, lernt nach und nach vier Sprüche, die ihm weitere Schichten seiner Umgebung enthüllen.
Die Steuerung wurde etwas fürs Joypad modifiziert, sonst ist alles wie damals, und das GUI schön einfach, fast nicht vorhanden, sodass sich The Rabbit wie ein animiertes Bilderbuch oder interaktiver Zeichentrick spielt (und ohne Zeitdruck, Action und Geschicklichkeitsaufgaben). Als Zugeständnis an moderne Casual-Sitten haben die Dorf- und Landschaftspanoramen Wimmelbild-Charme und Detailtiefe – Ihr durchsucht jeden Winkel nach Tautropfen, Aufklebern und Quartettkarten, schaltet Bildgalerie, acht Waldschrat-Geschichten und Käferologen-Bonus frei.
Meinung & Wertung
Winnie Forster meint: Für erwachsene LucasArts-Fans ist das Sommerferienmärchen nicht direkt gemacht, sondern eher für deren Nachwuchs – Spieler, die aus dem Schulalter raus sind, ziehen 10 bis 20 Wertungspunkte ab. The Rabbit ist sauber produziert, herzig gezeichnet und lustig animiert, orchestral unterlegt und sympathisch synchronisiert. Das Meiste, was Jerry sieht, hört und tut, hat Pfiff und (Hinter-)Sinn, dem Sam & Max– und Grim Fandango-Veteranen aber etwas zu wenig Story-Pfeffer und spielerischen Mut. Gut gefällt, dass kaum ein Inventargegenstand nur einen ganz bestimmten Zweck hat: Die meisten Fund- und Beutestücke lassen sich vielfältig nutzen, viele auch mixen, belohnen Einfallsreichtum und Experimentierfreude.
Vergnügtes Natur-, Tier- und Magie-Labyrinth für Rätsel- und Kombinations-Fans, die Kind geblieben sind.
Singleplayer70MultiplayerGrafikSound
