Seite 1
Das zweiköpfige schwedische Entwicklerteam Simogo hat sich in den 2010ern erst einen guten Ruf mit kreativen und kurzweiligen Smartphone-Spielen erarbeitet und 2019 mit dem als ”Pop-Album-Videospiel” definierten Sayonara Wild Hearts erfolgreich den Sprung auf Konsole geschafft. Seither feilte das Duo am nächsten Projekt, das mit dem vorherigen Werk zwar einen kuriosen Namen und einen treffsicheren wie eigenständigen Stil gemeinsam hat, sonst aber kaum unterschiedlicher sein könnte.
Denn während Wild Hearts kurz, reaktiv und beschwingt war, ist Lorelei lange, grüblerisch und mysteriös – fruchtbare Grundlagen für ein Knobelabenteuer, das Eure Synapsen zum Glühen bringen wird. Mit abstraktem Touch sowie einer vorwiegend grauen, nur vereinzelt mit knalligerem Rot ergänzten Farbpalette inszeniert, nimmt schon das visuelle Design Eure Aufmerksamkeit in Anspruch und lässt erahnen, dass auch der Rest keine Standardkost ist. Die häppchenweise verabreichte Story, in deren Rahmen Ihr das alte ”Hotel Letztes Jahr” auf Einladung eines exzentrischen Künstlers erkundet, verstärkt diesen Eindruck. Kernstück sind haufenweise Rätsel aller Art, die Euch dort erwarten: In fast jedem Raum und an jeder Ecke finden sich Denkherausforderungen, deren Palette von einfachen Zahlengrübeleien bis hin zu heimtückisch kryptischen Kombinations- und Suchaufgaben reicht. Häufig gibt Euch Lorelei dafür nur die nötigsten Hinweise in Text- oder Bildform an die Hand, während Grundkenntnisse von realen Systemen wie beispielsweise römischen Ziffern vorausgesetzt werden. Immerhin kann man vieles dazu im Spiel nachlesen, sofern die entsprechenden Dokumente aufgespürt wurden.
Das mag nun alles recht diffus und ungenau klingen, aber der große Reiz liegt hier darin, sich ohne allzu viel Vorwissen auf das Geschehen einzulassen. Deshalb verzichten wir an dieser Stelle auf konkretere Ausführungen und belassen es bei der Aussage, dass Rätselfreunde voll auf ihre Kosten kommen werden. Zumindest wenn man sich damit anfreunden kann, immer wieder auf ”Was nun?”-Momente zu stoßen, denn Lorelei ist bewusst so gestaltet, dass Ihr in der Regel eine Vielzahl an Aufgaben parallel und nicht linear abarbeitet, ohne zu wissen, ob Ihr zu dem Zeitpunkt schon alle notwendigen Information für die Lösungen aufgespürt habt. Einer der wenigen konkreten Hinweise lautet folgerichtig ”Habt besser einen Notizblock zur Hand”, der tatsächlich wertvolle Dienste leisten kann…
Meinung & Wertung
Ulrich Steppberger meint: Lorelei hat mich in seinen Bann gezogen und nötigt mir viel Respekt ab, eine heiße, innige Liebe ist allerdings nicht entstanden. Das liegt aber in diesem Fall eher an meinen persönlichen Vorlieben. Denn qualitativ kann ich dem Rätselabenteuer kaum etwas vorwerfen. Die Inszenierung hat mächtig viel Stil und läuft erfreulicherweise auch auf der Switch blitzsauber. An interessanten Knobeleien herrscht wahrlich kein Mangel und selbst wenn manch eine Aufgabe anfangs unlösbar wirkt, gibt es zum Glück keine unfairen Situationen. Aber ich kann mir den Gedanken nicht verkneifen, dass ein bisschen mehr Zugänglichkeit dem faszinierenden Gesamtwerk nicht geschadet hätte. Ihr braucht einfach doch eine kräftige Portion Hartnäckigkeit und Einarbeitungswillen, um in den vollen Genuss zu kommen. Und an die unnötig fummelige Steuerung in den Menüs, die ständig genutzt werden, gewöhnt man sich zum Glück irgendwann auch.
Stilvoll in Szene gesetztes Knobelabenteuer, das mit interessanter Story und knackigen Kopfnüssen fesselt.
Singleplayer85MultiplayerGrafikSound
