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Kaum ein Spieleheld ist so wandlungsfähig wie Mario: Der Schnauzbartträger läuft und springt in 2D wie 3D, er driftet im Kart, schwingt Tennis- und Golfschläger und ein Partylöwe ist er auch noch. Nur mit der Rollenspielerei hat er in den letzten Jahren ein wenig gefremdelt. Beginnend mit dem Wii-Abenteuer Super Paper Mario wurden die Paper Mario-Spiele mehr und mehr zum Adventure, der Bankrott von Entwickler Alpha Dream setzte der feinen Mario & Luigi-Reihe ebenfalls ein Ende.
Doch nach einigen mageren RPG-Jahren scheint Nintendo auf einmal die Liebe zum Genre wiederentdeckt zu haben und bringt nach dem tollen Remake des SNES-Abenteuers Super Mario RPG jetzt auch Paper Mario: Die Legende vom Äonentor auf die Switch. Das GameCube-Rollenspiel aus dem Jahr 2004 genießt unter seinen Fans einen fast schon mythischen Status – nicht nur wegen der bisherigen GameCube-Exklusivität. Es sind tatsächlich die inhaltlichen und spielerischen Stärken des zweiten Serienteils, die ihn zu einem der besten Rollenspiele seiner Generation machen.
Genau diese Stärken haben Nintendo und Entwickler Intelligent Systems jetzt konsequent auf die Switch übertragen, mit einem richtig schicken neuen Anstrich versehen und ein paar dezente Komfortfunktionen wie neue Abkürzungen spendiert.
Wie vor 20 Jahren verschlägt es Mario in die raue Hafenstadt Rohlingen: Dort wurde die verschwundene Prinzessin Peach das letzte Mal gesehen und jetzt liegt es an Euch, sie wiederzufinden. Der Schlüssel dazu ist ein legendärer Schatz: Den hat Peach gesucht und wenn es Mario gelingt, ihn aufzuspüren, dann findet er auch die vermisste Prinzessin. Dazu braucht der Held sieben Sternenfragmente, und so beginnt er gemeinsam mit der cleveren Gumba-Studentin Gumbrina sein Abenteuer. Die beiden bleiben auch nicht lange alleine: Allerlei abstruse und gerade deswegen sympathische Mitstreiter schließen sich Mario im Verlauf der Geschichte an und bringen ihre eigenen Fähigkeiten mit, die sowohl beim Erkunden der Welt als auch beim Lösen von Rätseln und nicht zuletzt im Kampf weiterhelfen.
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Gekämpft wird rundenbasiert: Greift Mario die sichtbar umherwandernden Feinde an, hat er im folgenden Kampf direkt die Initiative. Er selbst setzt ganz traditionell auf Hammerschläge und Sprünge, seine Mitstreiter verfügen alle über unterschiedliche Manöver. Daher gilt es, die Taktiken anzupassen: Fliegende Gegner kann etwa Kollege Koopio mit seinen Koopa-Panzer-Angriffen nicht treffen, bei stacheligen Feinden solltet Ihr Sprungattacken besser vermeiden. Gutes Timing wird belohnt: Drückt Ihr bei Angriff und Verteidigung rechtzeitig den entsprechenden Knopf, teilt Ihr härter aus oder müsst weniger einstecken.
Wo Paper Mario: Die Legende vom Äonentor vor allem punktet, ist bei seiner Welt und deren Bewohnern. Während die letzten paar Episoden stark auf klassische Mario-Settings und viele bunte Toads setzten, geht der GameCube-Klassiker in die Vollen: Szenarien wie der Wunderwald begeistern mit herrlichen Formen und Farben. Auch Marios Mitstreiter und Gegner sind eine wahre Freude: Charismatische Gestalten wie Aerona oder Bart-omb sind ebenso unterhaltsam wie Drache Lohgard – und dann sind da noch Intermezzi um Peach und einen verliebten Computer. Der alte Griesgram Bowser will auch nicht außen vor bleiben und Luigi erlebt sein ganz eigenes Abenteuer, von dem er Euch nur zu gerne erzählt.
Anstatt dem bis heute hübschen Original einfach ein paar neue Texturen und eine höhere Auflösung zu verpassen, hat Nintendo eine komplette technische und grafische Überarbeitung vorgenommen. Die Layouts der Szenarien sind die gleichen, doch alles wirkt jetzt noch… nun… papierartiger, greifbarer. Richtig gut gefällt auch die neu eingespielte Musik, vor allem viele der Kampfthemen machen ordentlich Dampf. Puristen finden aber schnell einen Weg, den Soundtrack des GameCube-Originals zu aktivieren. Rohlingen und seine Umgebung werden jetzt im 16:9-Format dargestellt, viele neue Lichteffekte sorgen gerade in schummrigen Gemäuern für Stimmung. Allerdings hat die grafische Überarbeitung auch ihren Preis: Lief das GameCube-Original mit 60 Bildern pro Sekunde, kommt das Remake dank höherer Auflösung, mehr Details und neuer Effekte ähnlich wie der jüngste Serienteil Paper Mario: The Origami King nur auf 30 fps.
Inhaltliche Erweiterungen sind indes rar: Ihr greift jetzt schneller auf Menüs zu, könnt bei einmal gescheiterten Bosskämpfen die vorherigen Zwischensequenzen überspringen und ein paar neue Verbindungen zwischen Szenarien kürzen das Backtracking des Originals ein wenig ab.
Meinung
Thomas Nickel meint: Schon nach kurzer Spielzeit merke ich, wie sehr ich gerade diese Inkarnation von Paper Mario vermisst habe. Ich will die aktuellen Episoden auf keinen Fall schlechtreden, aber Rohlingen mit seinen witzigen Dieben, Halsabschneidern und Chaoten ist einfach eine Klasse für sich. Man erkennt, wie viel Spaß Entwickler Intelligent Systems damals mit all den Kreaturen und Gestalten des Mario-Universums hatte. Ebenso frisch und originell wie die Figuren ist auch die Welt selbst – Euch erwarten viele abstruse, wunderschöne, unverbrauchte Szenarien. Doch trotz allem Lob, die 30-fps-Kröte muss man auf Switch leider schlucken. Klar, bei einem Rollenspiel macht das jetzt spielerisch nicht viel aus und letzten Endes ist das die grafische Überarbeitung meiner Meinung nach wert. Aber man muss konstatieren, dass sich ein Abenteuer mit 60 Bildern pro Sekunde trotzdem einfach besser anfühlt als eines mit 30. Doch davon solltet Ihr Euch nicht irritieren lassen: Auch nach 20 Jahren fühlt sich Paper Mario: Die Legende vom Äonentor frisch und originell an, die Kämpfe fordern und motivieren und von dieser Art Mario-Humor würde ich in Zukunft gerne wieder mehr sehen!
Wertung
7 Mitstreiter
optionaler Originalsoundtrack
jede Menge Humor
Auch nach 20 Jahren punktet das zweite ”Paper Mario” mit massig Humor, Spielwitz und cleveren Einfällen – ein zeitlos gutes Abenteuer.
Singleplayer90MultiplayerGrafikSound
