Eine Entwickler-Veteranin und ehemalige Blizzard-Designerin sprach über den starken Einbruch der Spielerzahlen von World of Warcraft und was aus ihrer Sicht die Gründe für den Absturz waren.
Um welche Entwicklerin geht es? Irena Pereira ist bereits seit 27 Jahren in der Branche und hat für Unternehmen wie Sony Online Entertainment und Warner Bros. Games gearbeitet. Heute ist sie CEO und Creative Director von Unleashed Games, wo das kooperative MMO Haven entsteht.
Von Januar 2006 bis August 2008 hat sie als User Interface Designerin an World of Warcraft gearbeitet, und zwar an den letzten Vanilla-Updates sowie den Erweiterungen Burning Crusade und Wrath of the Lich King.
In einem spannenden Artikel auf nwn.blogs.com beschreibt die Veteranin, warum es ihrer Ansicht nach mit WoW: Cataclysm zum großen Absturz der Spielerzahlen von mehr als zwölf Millionen Abonnenten auf irgendwann knapp vier Millionen Abonnenten gekommen ist.
World of Warcraft wurde schon oft für tot erklärt, das Video geht auf drei dieser Zeitpunkte ein:
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Ein Wechsel der Zielgruppe
Was ist die These der Entwicklerin? Laut Pereira ist der krasse Einbruch der Spielerzahlen auf einen internen Fokus-Wechsel bei der Entwicklung von Inhalten für WoW zurückzuführen, den Jeff Kaplan (viele Jahre WoW-Designer, später Verantwortlicher für das Team, das an Project Titan und Overwatch gearbeitet hat, sowie Vice President bei Blizzard) mit einer simplen Frage angestoßen haben soll.
Konkret ging es laut der Entwicklerin um die Planung einer Erweiterung rund um den Lichkönig sowie das Design der Todesritter-Klasse. In einer Diskussion über Powerleveling-Kurven und Multiplayer-Inhalten soll Kaplan eingeworfen haben: „Was ist mit den Solo-Spielern?“
Diese Frage setzte sich fortan in den Köpfen des Teams fest und man begann damit, einen viel größeren Fokus auf die Solo-Erfahrung in WoW zu setzen. Irena Pereira nennt es selbst eine „Überkorrektur“, weil die Entwickler zu sehr in diese Richtung galoppiert sind und damit die soziale Spielerfahrung in Azeroth spürbar geschädigt haben.
Was hat der Solo-Fokus mit den Spielerzahlen zu tun? Dass WoW in den ersten Jahren so unglaublich erfolgreich war, liegt laut der Entwicklerin an der enormen Anziehungskraft, die Azeroth als dynamische, virtuelle Welt ausgestrahlt hat, und an der Art, wie das Spiel das Mit- und Gegeneinander gefördert hat.
All das hat WoW durch den neuen Fokus im Laufe der Jahre zunehmend verloren. Stattdessen werden Spieler von der Charaktererstellung bis ins Endgame an die Hand genommen und jeder einzelne Schritt vorgekaut. Jede Kante und Hürde wurde im Laufe der Zeit durch Komfort und neue Optionen ersetzt.
Die Level-Erfahrung ist heute so kurz und risikoarm, dass sie kaum noch eine Bedeutung hat. Wie bei einem Skript arbeitet man wie eine Maschine einfach nur Inhalte und To-Do-Listen in einer bestimmten Reihenfolge ab.
All das führe laut Pereira dazu, dass die Motivation schwindet, sich mit anderen zusammenzutun, miteinander zu kommunizieren, einander zu helfen. WoW fühlt sich viel weniger wie eine Welt an. Freiräume für die eigene Spielerfahrung gibt es kaum noch. Es fehlen Anreize, um an Multiplayer-Inhalten teilzunehmen.
Die Blizzard-Verantwortlichen wollten eigentlich die Zielgruppe für WoW vergrößern und haben laut Pereira damit das Gegenteil erreicht. Wie groß der Wunsch nach der alten Spielerfahrung ist, zeigte WoW Classic eindrucksvoll, so die Entwicklerin. Falls ihr mehr zum Erfolg des MMORPGs lesen möchtet, schaut hier vorbei: Der Ausnahmeerfolg von World of Warcraft und seine Gründe
Der Beitrag Eine einzige Frage von Jeff Kaplan soll den Absturz von World of Warcraft eingeleitet haben erschien zuerst auf Mein-MMO.de.
