In einem neuen Aufbau-Spiel auf Steam wollte ich eine perfekte Utopie erschaffen, am Ende war ich der Diktator

Frostpunk ist eines der besten Spiele auf Steam überhaupt und im Aufbau-Survival-Genre ein absoluter Hit. Die Entwickler haben jetzt den zweiten Teil veröffentlicht und MeinMMO-Redakteur Benedict Grothaus durfte vorab zocken. Nach einer Reihe schwerer Entscheidungen ist er am Ende der Kampagne angelangt und überdenkt noch einmal seine Moralvorstellungen.

Ich stehe ja total auf düstere Spiele. Games mit dreckigem Setting. Dystopien, in denen wirklich alles kaputt ist. Das Ende der Welt, der Kampf ums Überleben und die Sturheit, nicht aufzugeben – das gefällt mir in Spielen besonders gut.

Frostpunk 2 fällt da genau in meine Sparte. Hier ist die gesamte Welt im 19. Jahrhundert zur Industrialisierung erfroren und die paar letzten Menschen, die es noch gibt, kämpfen gegen das Eis um ihr Überleben. Schon der Trailer ist stressig und genau nach meinem Geschmack.

Schon Frostpunk zählt zu den besten Survival-Spielen überhaupt und besticht mit harten Entscheidungen. Aber beim Nachfolger hat mich das Ausmaß meiner Handlungen wirklich schockiert.

In Survival-Games steht für mich das Überleben immer an oberster Stelle und dazu greife ich auch gerne zu harten Maßnahmen. Nur wie sich die in Frostpunk 2 entwickeln und am Ende völlig eskalieren, damit habe ich nicht gerechnet.

Frostpunk 2 erscheint am 20. September für PC, Xbox und PS5 und ab dem 17. September bereits im Early Access:

Frostpunk 2 ist die nächste Stufe im Aufbau-Sektor

Frostpunk 2 stellt sich die Frage: Was machen wir eigentlich nach der Apokalypse, nachdem wir überlebt haben? Der Gedanke wird hier weitergesponnen. Es geht nicht mehr ums blanke Überleben, sondern darum, wieder eine Gesellschaft aufzubauen.

Im Kern ist Frostpunk 2 ein Aufbau-Survival-Spiel. Das Genre, das seit Jahren blüht und in dem mittlerweile bekannte Größen wie Banished – oder eben Frostpunk – und Geheimtipps wie Against the Storm etabliert sind.

Aber statt mit einzelnen Gebäuden um Produktion und Überleben zu kämpfen, baut ihr ganze Distrikte und habt die Leben von tausenden Menschen in der Hand. Und um die Zukunft zu sichern, müssen teilweise harte Entscheidungen getroffen werden:

Dürfen Kinder zur Schule gehen oder müssen sie arbeiten?

Versuchen wir, Essen möglichst gesund zu lassen oder packen wir Chemikalien rein, um mehr Leute versorgen zu können, mit der Gefahr, dass sie krank werden?

Versorgen wir die alten, unproduktiven Menschen – oder gewähren wir ihnen den Wunsch, ins ewige Eis zu gehen und die Gesellschaft nicht mehr zu belasten?

Und überhaupt, was ist mit den Toten? Dürfen Familien sie bestatten, oder brauchen wir die Leichen, um daraus Dünger herzustellen?

Viele dieser Entscheidungen haben noch Stunden später eine Auswirkung. Sind die Alten etwa weg, fehlen den jungen Leuten die Geschichten und ganz neue Ideale entstehen. Und genau hier wird Frostpunk 2 richtig spannend: Wie verhalten und entwickeln sich eigentlich Menschen?

Meine Stadt wächst und gedeiht.

Wie sieht eine Gesellschaft nach dem Ende der Welt aus?

Euer Volk in Frostpunk 2 besteht nicht einfach nur aus einer Einheits-Masse, sondern aus Gruppen, die bestimmte Vorstellungen einer perfekten Gesellschaft haben. Dazu gibt es verschiedene soziale Ideale, etwa:

Fortschritt oder Anpassung, wie geht man mit der Umwelt um?

Gleichheit oder Verdienst, was ist die Stellung des einzelnen Menschen?

Vernunft oder Tradition, welche Werte vertritt die Gesellschaft?

In der Stadt tauchen dann Gemeinschaften und Fraktionen auf, die zu einer oder mehreren dieser Ideale eine starke Meinung haben. Lords etwa folgen der Tradition, während die aus ihnen hervorgehenden Vorreiter Interesse an Fortschritt, Verdienst und Vernunft haben.

In meinem Spielstand stehen sich Ordnungshüter, die für alte Werte stehen, und Pilger gegenüber, die der Meinung sind: Wer im Eis überleben will, muss sich dem Eis anpassen. Die meisten Entscheidungen, Forschungen und Gesetze gefallen der einen Fraktion und missfallen der anderen.

Meine Idee war es, den Traum der Pilger zu erfüllen. Die Menschen sollen gleich sein, sich im Eis zurechtfinden und ohne Angst vor der Kälte überall leben können. Also habe ich sie unterstützt und zugleich versucht, den Ordnungshütern nicht allzu viele Steine in den Weg zu legen. Das ging ordentlich nach hinten los …

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Von taffen Survival-Profis zu fanatischen Drogen-Junkies

Je weiter ich im Spiel gekommen bin, desto größer wurde die Kluft zwischen den Fraktionen. Irgendwann kam es zu Übergriffen und sogar Mord an einem Ratsmitglied der Pilger – die mich bisher gut beraten haben und denen ich viele Vorteile für die Stadt verdanke.

Als ich dann vor der Entscheidung stand, eine neue Stadt gründen zu können, habe ich mich entschieden, die Ordnungshüter komplett dorthin zu schicken. Bis dahin gab es ein gutes Gleichgewicht in der Stadt – ab da ging alles schief:

Die Stadt erweist sich als Tal voller Giftgas, in dem die Menschen langsam und qualvoll sterben – was die Pilger ziemlich sicher wussten, als sie mir den Vorschlag unterbreitet haben, die Hüter dorthin zu schicken.

Zugleich haben die Pilger in der Hauptstadt angefangen, Heizöl mit Kräutern in Gasmasken zu verbrennen und sich damit zu berauschen, um mit „Visionen“ Leute zu bekehren.

Die Idee, Drogen zu verteilen, teilt sonst niemand? Seltsam …

An dem Punkt konnte ich schon nur noch den Schaden eingrenzen. Ich habe die Hüter vor dem Tod gerettet und damit einen Bürgerkrieg losgetreten. Mir wurde immer mehr klar, dass ich selbst Opfer einer Intrige der Pilger geworden bin – von verdammten NPCs!

Nach einem hart erarbeiteten Waffenstillstand habe ich mir dann eine von drei Möglichkeiten aussuchen können, wie es weitergeht:

Ich könnte die Ordnungshüter ins Eis schicken und damit sehr unmittelbar exekutieren – als „Strafe“ dafür, dass sie den Bürgerkrieg angezettelt haben.

Alternativ könnte ich versuchen, eine Einigung zwischen den beiden Fraktionen zu erlangen. Das Spiel warnt mich schon: Das wird schwer.

Oder … ich kann mich zum Captain ausrufen lassen, also zum Alleinherrscher. Auch hier sagt das Spiel, dass das hart wird. Trotzdem entscheide ich mich dafür.

Nachdem mich die Pilger so hintergangen haben und die Ordnungshüter sich so stur gezeigt haben, wollte ich beiden Fraktionen keine Macht mehr überlassen. So wurde mein Utopia, in dem alle gleich sind, zu einer Diktatur, in der ich allein bestimme, was die Menschen mögen und was nicht.

Nicht das Ende, das ich gewollt habe – Aber das Ende, das diese Stadt verdient hat.

Ein hartes Ende – Und ich will mehr

Das alles klingt jetzt mehr nach Rollenspiel als nach Aufbau-Spiel und tatsächlich hat Frostpunk 2 die ein oder andere Parallele. Und dadurch, dass es noch deutlich mehr Fraktionen und Gemeinschaften gibt, hat das Spiel sogar einen großen Wiederspielwert.

Im „Utopia“-Modus gibt es weniger Ziele und auf Wunsch zufällige Fraktionen, was für neue Möglichkeiten und Erfahrungen sorgt. Im Moment stecke ich dort in meinem zweiten (und deutlich härteren) Durchlauf.

Wirklich faszinierend an Frostpunk 2 ist aber die Verbindung von Aufbau, Überleben und harten Entscheidungen. Die polnischen Entwickler, 11 bit studios, sind echte Experten für deprimierende Szenarien. Von denen kommt etwa This War of Mine.

Für mich ist Frostpunk 2 deswegen der nächste Schritt für das Genre. Nicht mehr nur überleben, sondern mit harten Entscheidungen die Zukunft bestimmen. Auf jeden Fall ein hervorragendes Spiel für Experten – bei Anfängern bin ich mir da nicht so sicher: Ich habe Frostpunk 2 als Strategie-Amateurin gespielt, versagt und mir Tipps vom Chef-Entwickler geholt

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