Super Mario Galaxy – im Klassik-Test (Wii)

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Spiel:Super Mario GalaxyPublisher:NintendoDeveloper:NintendoGenre:Jump’n’RunGetestet für:WiiErhältlich für:WiiUSK:6Erschienen in:1 / 2008

Im März 1997 stellte Super Mario 64 die Welt auf den Kopf: Zum ersten Mal funktionierte ein Hüpfspiel im dreidimensionalen Raum perfekt – neuem Analogstick und perfektem Leveldesign sei Dank. Doch der Hüpfspielkönig sollte für die nächsten Jahre Fluch und Segen zugleich sein: Segen, weil bis heute damit Kohle gescheffelt wird (DS, Virtual Console). Fluch, weil selbst Nintendo beim Versuch scheiterte, den enormen Erfolg zu wiederholen.

Zwar ließ der GameCube-Nachfolger Super Mario Sunshine die Qualität des Vorgängers stellenweise aufblitzen (z.B. in den Bowser-Levels), der harsche Schwierigkeitsgrad und das gewöhnungsbedürftige Insel-Setting verhinderten jedoch einen ähnlichen Kultstatus. Außerdem musste man eingestehen, dass das Super Mario 64-Spielgefühl nicht wiederholbar ist – den Sprung von 2D auf 3D gibt es eben nur einmal.

Fünf Jahre nach Sunshine stellt sich dieses Eingeständnis als falsch heraus: Wenn Ihr Super Mario Galaxy spielt, fühlt Ihr Euch wie ein kleines Kind, das zum ersten Mal die Faszination erfährt, die von Videospielen ausgeht. Woher kommt‘s? Hinter alldem steckt eine brillante Idee: das Planeten-Prinzip. Anstatt dem Spieler ‘nur‘ eine einzige Welt vorzusetzen, erforscht Ihr hier gleich mehrere Galaxien. Und so fügt sich eines zum anderen: Mario läuft kopfüber, umrundet Himmelskörper mit wenigen Schritten und kämpft mit unterschiedlicher Schwerkraft. Doch der Reihe nach…

Die Story ist in wenigen Sätzen erzählt: Bowser entführt Peach. Mario gefällt das nicht. Mario nimmt die Verfolgung auf. Es kommt zum Showdown zwischen Mario und Bowser. Dass es die beiden Zankhähne bei ihrem neusten Zwist ins All verschlägt, spielt storytechnisch keine Rolle, für das Spiel dagegen schon.

Ein kleiner Komet ist Ausgangspunkt Eurer Weltraum-Odyssee. Hier betre­tet Ihr Sternwarten, von denen Ihr wiederum Zugriff auf sechs verschiedene Welten (hier: Galaxien) habt. Während Ihr in manchen Abschnitten nur einen einzigen Stern findet, könnt Ihr auf anderen Himmelskörpern bis zu sechs ergattern. Wie bei Super Mario 64 startet Eure Sternensuche oft auf einem etwas weitläufigeren Planeten, den Ihr auf traditionelle Art und Weise erkundet – von auf dem Kopf laufen ist zu diesem Zeitpunkt noch nichts zu spüren. Ein Unterschied zum 64-Bit-Vorgänger ist, dass Ihr nur selten die gleichen Pfade abgrasen müsst, meist nehmen Eure Wege schon nach wenigen Metern einen anderen Verlauf.

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Über ein Sternenkatapult (das Ihr durch einen Remote-Schüttler aktiviert) werdet Ihr in den Weltraum geschossen. Jetzt geht‘s rund: Von der Gravitation gehalten, umrundet Ihr kopfüber kleinere Planeten. Das sorgt anfangs nicht nur für ein flaues Gefühl in der Magengegend, sondern auch für perspektivische Probleme: Als ob es nicht schon schwer genug wäre, Schurken im 3D-Raum gezielt auf den Schädel zu springen, müsst Ihr jetzt auch noch mit Oberflächenkrümmungen und unterschiedlichen Ansichten zurecht kommen.

Da sich Nintendo dieser Problematik bewusst ist, haben sie dem Klempner ein reichhaltiges Angriffsrepertoire spendiert: Rüttelt die Fernbedienung und der Klempner setzt Widersacher mit einer Wirbel­attacke außer Gefecht. Nun reicht ein einfacher Körperkontakt aus, um den Schurken einen beherzten Tritt in den Allerwertesten zu verpassen und ihn in Sternensplitter zu verwandeln. Deutet mit dem Cursor auf das kostbare Gut und schon fliegt es Euch entgegen – praktisch! Die Sternensplitter dienen Euch als stellare Munition: Zeigt mit der Fernbedienung auf die Gegner und verschießt die funkelnden Steine mit dem B-Trigger. Das Prozedere ist dann das gleiche wie bei der Wirbel­attacke: Die Kontrahenten verlieren die Besinnung und Ihr könnt ihnen in aller Ruhe den Rest geben. Schon nach kurzer Zeit gehen Euch die neuen Manöver ebenso leicht von der Hand wie die bereits bekannten Kunststücke des Klempners (Dreifachsprung, Wall-Jump, Stampfattacke, Rückwärtssalto etc.).

Besonderes Lob gebührt auch der Kamera, die ihren Job im Spiel so gut verrichtet, dass Ihr Euch nur selten mit ihr auseinandersetzen müsst – bzw. überhaupt könnt. Selten lässt sich das virtuelle Auge mit dem Steuerkreuz justieren – aber wenn die automatische Kameraführung so gut klappt wie in diesem Fall: umso besser!

So könnt Ihr Euch besser auf die fantastischen Galaxien konzentrieren. Mit so abwechslungsreichen Welten konnte noch kein Spiel aufwarten: Nicht nur jede Galaxie unterscheidet sich komplett von der vorangegangenen, auch innerhalb eines Abschnitts findet Ihr kaum zwei gleiche Planeten.

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Hier ein paar Beispiele für den Facettenreichtum: In der prachtvollen Windgarten-Galaxie rennt Ihr über saftige Wiesen, verkloppt Maulwürfe und fliegt an Pusteblumen hängend durch Windströme. Die Planeten fallen mal rund, mal würfelförmig und dann wieder länglich und gewunden aus. Oder sie sehen – passend zur Thematik der Welt – aus wie überdimensioniertes Obst. Auf einem kleinen Apfelplaneten treibt Ihr mit einer Stampfattacke einen Holzpflock in das Fruchtfleisch eines Apfels, daraufhin schießt ein riesiger Wurm aus dem Inneren und schlängelt sich zur nächsten Frucht. Was der Kriecher nicht weiß: Genau das haben wir beabsichtigt und benutzen den Wurm als Brücke. Genial!

Die tollen Ideen sind in jedem Winkel der Mario-Galaxie zu spüren: In der Sternenstaub-Galaxie setzt sich der Weg kurz vor Eurer Nase aus Weltraumschutt zusammen, in der Eisvulkan-Galaxie rutscht der italienische Sportsmann wie ein Schlittschuhläufer übers Eis. In der Spielzeugschachtel-Galaxie er­klimmt Ihr schließlich einen riesi­gen Blechroboter, um ihm anschließend die Schrauben herauszudrehen und ihn in seine Einzelteile zu zerlegen.
Doch damit nicht genug, der Einfallsreichtum setzt sich auch bei den kultigen Items fort: Dass sich Mario in eine Biene verwandeln und so durch die Luft schwirren kann, dürfte mittlerweile auch bis zum letzten Einsiedler ohne Internetzugang oder MAN!AC-Abo vorgedrungen sein. Eine Erwähnung ist’s aber trotzdem wert, immerhin stellt das gehäkelte Bienenkostüm die putzigste Verwandlung seit dem Waschbären-Dress aus Super Mario Bros. 3 dar. Welche anderen Kostüme der Klempner überstülpt, sehr Ihr im Infokasten unten.

In so gut wie jeder Galaxie erwartet Euch außerdem ein Boss: Plättet etwa einen garstigen Riesenkäfer, schleudert einem Oktopus seine Geschosse zurück oder knackt den Steinpanzer eines Riesen-Buu-Huus.

Echsenkönig Bowser, der mehrmals in Erscheinung tritt, setzt dem Ganzen aber die Krone auf: Nicht nur die Kämpfe mit dem ewigen Widersacher gehören zum Spektakulärsten, was man seit langem gesehen hat, auch der Weg zu ihm ist phänomenal. Doch zuvor hüpft Ihr stilecht über sich drehende Feuerballketten und weicht Steinblöcken aus. Dann springt Ihr aus der Seitenperspektive durch 2D-Hüpfpassagen, bei denen Ihr je nach Gravitation am Boden oder an der Decke lauft. Durch solche Spielereien behält der Titel selbst in klassischen Abschnitten eine Frische, die einfach umwerfend ist!

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Super Mario Galaxy stellt den bislang schönsten Wii-Titel dar und zaubert Grafiken auf den Bildschirm, die man der schwachbrüstigen Hardware so nicht zugetraut hätte. Sämtliche Figuren wirken dermaßen plastisch – vor allem Bowser ist eine Augenweide –, dass man sie am liebsten knuddeln würde. Auch die Planeten sind so rund (von Aliasing keine Spur) und farbenfroh, dass man oft meint, die Disc rotiere in ­einer HD-Konsole. Zwar gibt es einige Bereiche, die optisch deutlich abfallen und mit verwaschenen Texturen tapeziert wurden, insgesamt ist’s aber ein fantastisch präsentierter Trip!

Dazu gesellt sich ein Soundtrack, der es in sich hat: Neben Neuinterpretationen bekannter Melodien verwöhnen ungewohnt pompöse wie mitreißende Orchester-Stücke Eure Ohren. Einziger Kritikpunkt: Manche Titel wiederholen sich etwas oft.

Der Schwierigkeitsgrad wurde im Gegensatz zu Super Mario Sunshine ordentlich heruntergeschraubt und sorgt dafür, dass das Spiel nie frustrierend, aber jederzeit motivierend ist. Und gegen Ende gibt’s auch ein paar wirklich knifflige Abschnitte.

Der Umfang geht voll in Ordnung: Um die 60 Sterne zu ergattern, mit denen Ihr zum letzten Fight zuge­lassen werdet, vergehen knapp 15 Stunden. Das war’s dann aber noch lange nicht: Insgesamt könnt Ihr 120 der glitzernden Objekte entdecken.

Dazu meistert Ihr bereits erledigte Levels innerhalb eines Zeitlimits, macht ein Wettrennen gegen einen dunklen Doppelgänger oder sammelt lila Münzen. Außerdem füllt Ihr verfressene Kometenbewohner mit Sternensplittern ab und schaltet so geheime Galaxien frei. Oder Ihr macht Euch auf die Suche nach Luigi, der auf seinen Expeditionen immer wieder in den Levels hängen bleibt – Euer einziger Hinweis: ein Foto, auf dem der schlaksige Bruder in der jeweiligen Galaxie zu sehen ist.

Spielerische Schwächen sind kaum vorhanden, lediglich die Taucheinsätze sind nicht sehr spannend und werden von einer drögen Kamera und daraus resultierenden Übersichtsproblemen malträtiert. Das macht aber (fast) gar nichts: Super Mario Galaxy ist der neue Stern am Hüpfspielhimmel. Und der verblasst allerhöchstens, wenn Nintendo in ein paar Jahren einen neuen Mario-Teil veröffentlicht.

Meinung 1

André Kazmaier meint: Schon beim ersten Anspielen war mir klar: Hier kommt was Besonderes auf uns zu. Und so ist’s auch gekommen: Bei Super Mario Galaxy ist der Spaß, den die Entwickler bei der Arbeit hatten, förmlich greifbar. So viele neue Ideen und Kreativität findet Ihr in keinem anderen Spiel. Hier von einer frischen Brise für das Genre zu sprechen, ist leicht untertrieben. Vielmehr ist es ein Orkan, der die gesamte Konkurrenz (allzu groß ist sie ohnehin nicht) einfach wegbläst. Dass es vereinzelte Galaxien gibt, die spielerisch etwas abfallen (die Taucheinsätze sind meiner Meinung nach überflüssig), kann ich aufgrund der überwältigenden Abwechslung locker verschmerzen. Außerdem ist die Optik bis auf einige Ausnahmen einfach nur fett!

Oliver Schultes meint: Ich hab’ sie alle gespielt und (fast) alle geliebt: Ein neues Mario ist immer was Besonderes und im Falle von Galaxy ein Meilenstein. Warum? Es sieht doch nicht viel besser aus als Mario Sunshine, ist nicht dreidimensionaler als Mario 64 und bietet nicht mehr Geheimnisse als Super Mario Bros. 3… Was alle genannten Beispiele nicht haben? Die einzigartige, perfekt funktionierende Wii-Steuerung, die eine neue Spielspaß-Dimension öffnet!

Matthias Schmid meint: Wie oft hab’ ich während des Durchspielens gedacht: ”Warum fällt das keinem anderen ein, weshalb kommt nur Nintendo auf so geniale Ideen?”. Mit einem breiten Grinsen saß ich vor der Glotze, staunte Bauklötze ob der (meist) fantastischen ­Levels, der superben Grafik und der perfekten Spielbarkeit. Und dieser Abwechslungsreichtum: grasgrüne Mini­planeten, ein fordernder Kletterturm in der Wüste, Ausflüge in den Himmel, 2D-ähnliche Hüpfpassagen mit unterschiedlicher Gravitation und dann noch die ganzen Verwandlungen – toll! (Eis-)Mario, du bist der Größte. Nur nett hingegen ist der Koop-Modus: Ein bisschen hüpfen sowie Sternensplitter sammeln und verschießen lindert immerhin die Langeweile des zweiten Spielers.

Thomas Stuchlik meint: Da ist sie wieder: Die Mario-Magie, die mit der Sun­shine-Episode etwas Intensität einbüßte. Der Konsolenklempner findet zurück zu alter Stärke und zündet ein Feuerwerk an Spielideen und Abwechslung. Doch im Gegensatz zum hübschen Urlaubsressort des Game­Cube-Teils besitzt Super Mario Galaxy keine solch markante Oberwelt und teils schlichte Optik. Die Levels an sich hätte ich mir auch weitläufiger gewünscht. Dennoch: Wer dieses Spiel verpasst, dem entgeht ein Stück Softwaregeschichte.

Wertung

60 Sterne, um das Spiel zu beenden, 120 für die ’Another World’
im Multiplayer-Modus darf ein zweiter Spieler Sternensplitter sammeln und Mario springen lassen
Luigi kann als spielbarer Charakter freigeschaltet werden

Ein Quell an Kreativitität mit genialer Spielbarkeit und famoser Optik – kurz: ein Jump’n’Run, wie es nur von Nintendo kommen kann!

Singleplayer95MultiplayerGrafikSound

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