Der Producer Mark Darrah hat das MMO Anthem damals für BioWare aus der Entwickler-Hölle gerettet und den Release gestemmt. Doch Anthem erwies sich als Flop. Darrah hat offenbar lange darüber nachgedacht und hat eine Theorie entwickelt, warum neue Service-Spiele wie Suicide Squad oder Concord jetzt so schlimm gescheitert sind.
Das ist die Grundlage für Darrahs Theorie: Darrah nutzt 2 Begriffe für Games, die sich fundamental unterscheiden:
Live-Service-Spiele oder MMOs wie Anthem, WoW oder Destiny nennt er „Forever Games“ – Spiele, die man für immer spielt. Er vergleicht diese Spiele mit einem Laden, in den man jeden Tag geht, um einen Kaffee zu trinken.
Single-Player-Spiele wie The Wichter nennt er „self contained Games“, also Spiele, die in sich abgeschlossen sind. Diese Spiele vergleicht er mit Restaurants.
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Anthem-Chef erklärt, warum es neue MMOs so verdammt schwer haben
Darum scheitern neue MMOs so schlimm: Darrah sagt, wenn man ein neues „Forever-Spiel“ herausbringt, hätte man es immer schon mit bestehenden „Forever-Spielen“ zu tun, gegen die man antritt. Man wolle ja, dass ein Spieler sein bestehendes Spiel verlässt, an dem er jeden Tag Freude hat, und zu einem neuen Spiel wechselt, das er noch nicht kennt.
Dabei haben die bestehenden Spiele einen riesigen Vorteil:
Denn ein neues Spiel muss sich mit dem schon bestehenden Spiel vergleichen lassen, aber nicht mit dem Spiel an Tag 1, sondern mit dem Spiel in seinem nun aktuellen Zustand. Und das Spiel ist stellenweise über 20 Jahre lang verbessert und mit neuen Inhalten versorgt wurden.
Das bestehende Spiel habe auch den Vorteil, dass es ein fester Teil im Leben der Spieler ist – der dort seine Freunde hat und in das er viel Zeit investiert hat.
Außerdem hätte das bestehende Spiel die Vorstellung der Spieler geprägt, wie solche Spiele sein müssten.
Beim Wechsel zu einem neuen MMO sind viele Hürden zu überwinden
Das sind die Nachteile von neuen MMOs: Wenn Spieler von ihrem alten Spiel zu einem neuen wechseln, hätten sie viele Hürden zu überwinden, erklärt Darrah:
Sie müssten das Spiel erstmal kaufen
ihre Freunde überzeugen, mitzuwechseln
Müssten sich in das neue Spiel einarbeiten und auch noch ihre Charaktere hochleveln
Man muss besser sein als dieses Spiel, damit es sich lohnt, sich die Mühe eines Wechsels zu machen. Sie müssen das neue Spiel kaufen, sie müssen ihre Freunde überzeugen, mit ihnen mitzukommen, sie müssen das Spiel neu lernen, sie müssen wieder aufsteigen – es gibt eine Menge Hindernisse für den Wechsel zwischen zwei Live-Diensten. Aber selbst wenn ich den anderen Live-Dienst bereits beiseite gelegt habe, hat die Tatsache, dass ich ihn so viel länger gespielt habe, eine Vorstellung davon verankert, wie diese Art von Spiel sein sollte, die dieses neue, wettbewerbsfähige Spiel überwinden muss.
Er erklärt: Neue MMOs würden unweigerlich mit etablierten Konkurrenten wie WoW verglichen. In seiner Analogie sei das so, als wolle man einen Kaffee-Laden aufmachen, um Leuten täglich ihren Kaffee zu verkaufen, konkurriert aber direkt mit dem schon seit Jahrzehnten etablierten und optimierten Laden Starbucks.
Neue MMOs müssen bestehende MMOs dramatisch schlagen, um zu überleben
Diesen Fehler machen MMOs. Darrah sagt: Studios machten den Fehler zu glauben, ihre neuen MMOs müssten nur mit den alten mithalten, um genug Geld zu verdienen. Das sei aber ein Irrglaube.
Um die riesige Anziehungskraft der bestehenden „Forever“-Spiele zu überwinden, müssten neue MMOs „dramatisch besser“ sein als die bestehenden und selbst eine gigantische Anziehungskraft haben.
Die Unternehmen scheinen dies vergessen zu haben oder wussten es von vornherein nicht. Sie denken, dass ihr Live-Service nur mit diesem anderen Live-Service vergleichbar sein muss [und] ihn nicht dramatisch übertreffen muss.
Und das ist bei anderen Games nicht so? Bei Singleplayer-Spielen sagt er, sei es deshalb nicht so, weil die wie Restaurant-Besuche seien. Spieler wollten neue Erfahrungen und wären auch bereit in andere Restaurants als McDonalds zu gehen, um mal einen anderen Geschmack zu haben.
Selbst wenn „The Wichter“ ein extrem tolles Spiel wäre, seien Spieler damit irgendwann mal durch und seien bereit, auch zwei Jahre danach das ähnliche, aber etwas schlechtere „The Watcher“ zu spielen, um eine neue Erfahrung zu haben.
Über Jahre seien alle Spiele so gewesen – die neuen „Forever“-Games verlangten aber ein Umdenken.
Spieler von WOW kennen das Phänomen
Das steckt dahinter: Was Darrah da sagt, ist schlüssig und vielen MMO-Spielern sicher auch klar, selbst wenn sie es nicht so ausformulieren könnten. Es gibt einen erheblichen Unterschied zwischen diesen „Café“-Läden, den MMOs, und den normalen Singleplayer-Spielen.
Wer WoW spielt, kann das wunderbar sehen: Wenn ein großes neues, großes Singleplayer-Spiel mit starker Anziehungskraft kommt wie etwa Fallout 4 sind für ein paar Wochen alle weg und man kriegt kaum noch Gruppen oder Raids zusammen, aber nach ein paar Wochen sind alle wieder da.
Bisschen bitter kann man sagen, Darrah hätte das mal vor 5 Jahren wissen soll. Wobei er wahrscheinlich nichts daran hätte ändern können, dass Anthem zum Release nicht so gut war, wie andere Spiele nach 5 Jahren: Anthem ist tot – Das kurze Leben und lange Sterben von EAs „nächstem großen Ding“
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