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In der Ausgabe 359 (08/23) nahmen wir Euch zur Auffrischung mit auf eine Reise durch das 2001er-Original mit all seinen Alterswehwehchen. Hat Bloober das Remake komplett umgekrempelt und poliert oder nur neuen Grafiklack aufgetragen?
Zur starken Story werden wir erneut nicht viele Worte verlieren: Die Geschichte bleibt in allen Schlüsselpunkten identisch. James Sunderland sucht immer noch im Nebelörtchen Silent Hill nach seiner Frau Mary und trifft einige mysteriöse Charaktere auf dem Weg. Entwickler Bloober hat jedoch einige Momente neu arrangiert. So trefft Ihr beispielsweise Laura und Eddie nun in einem Kino statt im Bowl-O-Rama. Das macht jedoch kaum einen spürbaren Unterschied. Essenzieller ist, dass Bloober den Interpretationsspielraum bei einigen entscheidenden Story-Aspekten zum Ende des Spiels reduziert und mit neuen Szenen zusätzlich Klarheit schafft. Das erspart Euch zwar das Grübeln, hat aber weniger Wirkung als die Bilder in Eurem Kopf im Jahr 2001.
Die neue, freie Kamera, die jetzt genretypisch hinter James’ Schulter angesiedelt ist, erlaubt es Euch, die von Grund auf neu nachgebaute Stadt auf eigene Weise zu entdecken. Die Läden, Autos und Inneneinrichtungen erkennen Fans wieder, sie sind jedoch nun mit viel mehr Details ausgestattet. Ebenso gibt es so gut wie keine Ladepausen mehr. Das Betreten von Läden oder nicht erkundeter Räume verläuft ohne Unterbrechungen.
Beibehalten hat Bloober das Abklappern so ziemlich jeder Tür im Spiel. Statt über einen Knopfdruck zu überprüfen, ob Ihr den Raum betreten kennt, lauft Ihr wie ein Teilnehmer eines Takeshi’s-Castle-Hindernisparcours auf die Tür zu. Bleibt sie zu, grummelt James kurz und notiert sich die Sackgasse auf der schon damals grandios integrierten Karte.
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Doch fast jedes Zimmer lässt sich früher oder später erkunden. Viele Räumlichkeiten sind jetzt nämlich miteinander verknüpft durch zerstörbare Wände oder begeh- und erkletterbare Passagen. Da Ihr meist nützliche Hinweise, Vorräte oder Lösungsgegenstände für bekannte, abgewandelte und neue Rätsel findet, fühlt sich die Erkundung durchgehend motivierend an.
Die größte Errungenschaft des Remakes ist es, dass Ihr Euch wieder ängstlich umschaut und nervös werdet, wenn das krächzende Radio ertönt. Ständig spielen die Entwickler mit Euren Erwartungen und finden Wege, Euch zu überraschen oder in einen Hinterhalt zu locken, wenn Ihr zu forsch agiert.
Die stumpf-öden Kämpfe des Vorgängers sind jetzt actionreicher und ähneln dem Nahkampfgeprügel aus The Callisto Protocol. Außerdem bringen neue Feindvarianten mehr Abwechslung ins Spiel. Ein Gegnertyp aus dem Hotel musste ganz weichen, die kletterfreudigen Mandarins bekommen hingegen etwas mehr Bildschirmzeit und lassen sich nicht mehr einfach überrennen. Überarbeitet wurden auch die immer noch simplen Bosskämpfe, die jetzt aber dynamischer sind. Vor allem Käfigmonster Flesh Lips und die nun mehrstufige Sequenz mit Abstract Daddy profitieren von diesen Änderungen.
Ruhemomente hat Silent Hill 2 ebenfalls zuhauf, wenn Ihr Wege geräumt habt und Euch den Puzzles widmen müsst. Vorbei ist die Zeit, in der Ihr Glühbirnen aus einer Konservendose befreit habt. Die vielen Rätsel sind jetzt logisch aufgebaut und Lösungen werden durch Text- und Videohinweise klar ersichtlich. Nutzt Ihr die Karte, sucht Räume gründlich ab und denkt ein wenig mit, solltet Ihr im Remake nicht zur Komplettlösung greifen müssen.
Meinung
Steffen Heller meint: Bloober gelingt es grandios, die Ideen früherer Tage ins Jahr 2024 zu transportieren. Auch die neuen Abschnitte fügen sich stimmig in das alte Grundgerüst ein und wirken nie übermodernisiert. Obwohl sich das Geschehen vertraut anfühlt, ist das Spielerlebnis ein völlig frisches. Selbst die Detailänderung, dass mein alarmierendes Radio durch den Controller-Lautsprecher tönt, trägt viel zum erhöhten Puls bei. Auch gefällt mir in dem Zusammenhang besonders gut, dass James nicht zum Profischützen verkommt, da ihm die Ruhe und Präzision eines Leon S. Kennedy fehlen. Nahkampf bleibt Trumpf. Zwei Empfehlungen: 1. Schaltet den Quality-Modus ein. Die dynamische Auflösung ist höher, die Bildrate stabiler und ähnelt mit 30 fps eher dem Original. Zusätzlich sind Licht und Schatten wichtige Elemente und profitieren hier von Schärfe und stärkeren Lumen-Effekten. 2. Wir haben trotz knapper Momente keinen Bildschirmtod erlebt. Wollt Ihr also mehr gefordert werden, schaltet die Kämpfe auf ”hart”.
Wertung
8 Enden (im Original: 6)
Schwierigkeit der Kämpfe und Rätsel unabhängig voneinander anpassbar
New Game+ schaltet Filter und einige mögliche Items frei (weitere Enden)
Sehr treue Neuinterpretation des Genre-Klassikers, der visuell, spielmechanisch sowie inhaltlich sinnvoll überarbeitet und erweitert wurde.
Singleplayer88MultiplayerGrafikSound
