Ich wollte Metaphor: ReFantazio wirklich lieben, aber das JRPG hat so viele Mängel

MeinMMO-Dämon Cortyn hat den Persona-Nachfolger Metaphor gespielt. Warum das allerdings nicht nur Spielspaß, sondern auch Frust bedeutet, lest ihr hier.

Über die Feiertage habe ich mir gedacht, dass ich mal wieder meinem Drang nach JRPGs nachgeben muss. Da kommt man aktuell gar nicht an Metaphor: ReFantazio vorbei. Das Spiel von den Persona-Machern hat überall fantastische Bewertungen bekommen und wird regelrecht als Meisterwerk beschrieben. Da ich Persona 5 geliebt habe, war mein Vertrauen recht groß und ich habe einfach mal zugeschlagen.

Mir war klar, dass man auch für Metaphor eine ganze Weile braucht, um ins Spiel zu kommen. Schon die Persona-Spiele haben den Ruf, dass die rund ersten 10 Stunden des Spiels eine Qual sind und danach erst alles „richtig in Gang“ kommt und man sich langsam in der Story verliert und alle Spielsysteme endlich ineinander greifen. Das ist auch dieses Mal so – darauf war ich vorbereitet.

Worauf ich nicht vorbereitet war, ist die Fülle an kleinen und größeren Mängeln, die ich einem neuen Spiel in 2024 einfach nicht mehr zugetraut hätte. Denn in vielen, sehr vielen Dingen wirkt das JRPG schlicht aus der Zeit gefallen. Als hänge es an alten Systemen, die zu einer anderen Zeit passten und diese versucht man nun auf Krampf auch in moderne Spiele zu pressen. Das klappt manchmal mehr – und manchmal weniger.

Doch in den Bewertungen weltweit ist das Spiel fantastisch. Auf Metacritic hat es 94 / 100, mit ganz vielen Bewertungen, die entweder 5/5 oder 10/10 geben. Etwas, was ich gar nicht begreifen kann.

Metaphor: ReFantazio ist bei aller Liebe kein schlechtes Spiel. Es ist sogar ziemlich gut. Aber es hat so viele kleine Probleme und Macken, die aufsummiert den Spielspaß trüben und mich immer wieder fragen lassen: Wie zur Hölle ist das so in den Release gekommen? Bin ich die einzige Person, die das komisch findet?

Kleine Macken, an allen Ecken und Enden

Es folgt nun also eine kleine Auflistung an vielen Details, die das Spiel aus meiner Sicht daran hindern, ein richtiges Meisterwerk zu sein. Manche Dinge sind sicher Geschmackssache und subjektiv, andere wird man wohl auch objektiv als „nicht optimal“ einordnen.

Eine farblose, langweilige Spielwelt

Der auffälligste Kritikpunkt und das, was als erstes ins Auge sticht, ist für mich die monotone Spielwelt.

Besonders deutlich wird das auf großen Plätzen im Spiel. Wenn man auf dem königlichen Marktplatz der Hauptstadt steht, dann fühlt sich Metaphor an, als sei es aus der Zeit gefallen. Alles wirkt monoton, hat nur wenige Farben und so, als stamme es grafisch aus dem letzten oder gar vorletzten Jahrzehnt. Dass trotz dieser altbackenen Grafik immer mal wieder Texturen nachgeladen werden müssen, ist mir absolut unbegreiflich.

Wenn ich mich in der Wildnis einem Busch nähere und der bei einer Distanz von rund 10 Metern zu meinem Charakter plötzlich eine bessere Textur bekommt, dann kann ich mir nicht vorstellen, dass das notwendig gewesen sein müsste.

Orte wirken oft ernüchternd und eintönig.

Ähnlich schlimm sind nur die „Side-Quest-Dungeons“. Die sehen – und das meine ich ganz ohne sarkastische Übertreibung – oft so lieblos und aus der Zeit gefallen aus, dass ich mir gar nicht erklären kann, wie das denn zustande gekommen ist. Da sehen buchstäblich die Dungeons aus Uralt-Spielen wie „Grandia 2“ oder „Final Fantasy X“ optisch ansprechender aus. In Metaphor sind diese monoton, optisch schlicht langweilig und wirken oft, als hätte man pro Dungeon nur 20 Assets bauen können und die dann immer wieder neu miteianander verbunden. Schade.

Schwierigkeitsgrade im Ping-Pong-Modus

Mein nächster Punkt ist der Schwierigkeitsgrad des Spiels. Wie üblich spiele ich JRPGs im ersten Durchlauf, wenn es die Möglichkeit gibt, immer erst einmal auf „Normal“ durch und beim zweiten Anlauf dann auf einem höheren Schwierigkeitsgrad.

Doch schon auf Normal wird deutlich, wie weit der tatsächliche Schwierigkeitsgrad einzelner Kämpfe oft auseinanderklafft.

Denn ob man selbst einen Feind angreift oder vom Gegner überrascht wird, hat so drastische Auswirkungen, die ich sonst nur aus Soulslike-Spielen kenne.

Wenn ich den Kampf starte, dann sind die Gegner betäubt und in der Regel sind alle Feinde tot, bevor sie überhaupt einen Zug machen dürfen.

Wenn der gleiche Feind mich allerdings angreift, dann kann exakt das Gegenteil passieren: Man ist unrettbar im Nachteil und wenn man nicht die perfekten Archetypen für den Kampf hat, können eigentlich triviale Gegner ganz plötzlich zum Game Over führen.

Ja, diese Vor- und Nachteile sind schon immer Bestandteile der Atlus-Spiele gewesen, aber noch nie hat sich das so drastisch und dadurch auch so frustrierend angefühlt. Wenn in einem rundenbasierten, taktischen Kampfsystem der Kampf dadurch entschieden wird, ob ich vor dem Kampf im korrekten Augenblick ausgewichen bin, wie in einem Action-Spiel, dann wirkt das hochgradig deplatziert.

Das Monster-Design ist, Atlus-typisch, mitunter recht abgedreht.

Hinzu kommt, dass es einen gewissen „Kipp-Punkt“ gibt, ab dem alle Planung ohnehin egal ist. Denn sobald man die Archetypen „Mage“ und „Merchant“ hat, besitzt man im Grunde unendlich viel Mana um sich zu heilen und unendlich viel Geld, um alles zu kaufen, was man will.

Man kann buchstäblich die eigentlich limitierende Ressource der Manapunkte (oder „Magla“) unendlich erneuern oder unendlich viel Geld generieren. Dafür muss man auch nicht groß „exploiten“ oder Spielmechaniken ungewollt ausnutzen – es ist der absolut logische und offensichtliche Schritt, das zu tun, sobald es möglich ist.

Das wiederum heißt auch, dass durch den Wegfall der Limitierung, man vor jedem Boss so lange farmen kann, bis man wieder zu 100 % aufgefüllt ist und den Boss im Level deutlich übersteigt, was den Kampf dann ohnehin trivialisiert. Das ist einfach nicht gut ausbalanciert.

Dieser Frust am Kampf-System führt mich auch zu meinem nächsten Punkt …

Keine „neu laden“-Funktion im Kampf – Wer hat das verbrochen?

Was mir wiederum völlig unbegreiflich ist, ist die fehlende Option, von einem Kampf aus das Hauptmenü aufzurufen, um einen Spielstand neu zu laden. Denn sehr häufig bemerkt man bei einem Bosskampf: „Ah, ich habe die falschen Archetypen für diesen Kampf. Das kann ich so gar nicht schaffen. Da muss ich nochmal neu laden und das Team anders vorbereiten.“

Das geht schlicht nicht. Ich kann im Kampf zwar den Kampf zum Anfang zurückspulen – aber eben nur bis zum Beginn des Kampfes, was heißt, dass ich keine Vorbereitungen ändern kann. Und da ich nicht zum Hauptmenü zurückkehren kann (zumindest in der PS5-Version), bin ich dazu verdammt, entweder das Spiel über das PS5-Menü direkt zu beenden und neu zu starten, oder aber mich noch 1-2 Minuten durch einen hoffnungslosen Kampf zu klicken, bis endlich alle meine Gruppenmitglieder gestorben sind.

Es gibt kaum etwas, das mehr Lebensfreude raubt, als einen offensichtlich chancenlosen Kampf in einem Single-Player-Spiel noch minutenlang weiterführen zu müssen, obwohl man bereits nach wenigen Sekunden weiß: Ich muss neu laden und meine Aufstellung ändern.

Kuriose Politiker gibt’s da auch.

Das Kalender-System – Erzwungen und schlicht albern

Wer die Persona-Reihe gespielt hat, weiß bereits, dass es in den Atlus-Spielen fast immer eine Art Zeitlimit in Form eines Kalender-Systems gibt. Pro Tag kann man nur eine bestimmte Zahl von Aktionen ausführen, während die Zeit voranschreitet. Will man mit den Kameraden den Tag verbringen oder an den eigenen Charakterwerten wie Eloquenz oder Mut arbeiten? Besucht man einen Dungeon oder verbringt man den Nachmittag damit, Nahrung für den nächsten Ausflug zu kochen?

Das Zeitlimit ist nie wirklich störend, es ist in den meisten Fällen sogar gut und sinnvoll – könnte man alles ohne Einschränkung machen, würde das ganze Spiel nicht funktionieren.

Doch in vielen Fällen wirkt das System, als würde es künstlich über die Story übergestülpt und diese mitunter lächerlich machen.

Da gibt es den Fall von entführten Kindern, die einem Monster zum Fraß vorgeworfen werden und das man so schnell wie möglich aufhalten muss, damit nicht noch mehr Kinder geopfert werden – aber keine Sorge, du hast noch 12 Tage Zeit. Also gehst du an Tag 1 in den Dungeon, spielst diesen zur Hälfte durch und beim emotionalen Höhepunkt der Dungeon-Story kann man sich dann sagen: „So, reicht. Jetzt geh ich erstmal 10 Tage lang mit meinen Freunden was bereden, bevor wir die Kinder hier retten.“

Comedy in den falschen Augenblicken

Dazu kommt das, was ich gerne mal etwas liebevoll als „Anime-Bullshit“ bezeichne. Denn in genau den falschen, eigentlich dramatischen Momenten, nimmt sich das Spiel plötzlich selbst nicht mehr ernst.

Wenn wir vom Bösewicht, der Kinder an ein Monster verfüttert, in eine Falle gelockt werden, nachdem wir gerade eine dramatische Hintergrundgeschichte mit ungeplanter Schwangerschaft und Kindesermordung gehört haben, kommt es einfach ganz schlecht, wenn unsere Heldentruppe in bester „Kindersendung-Manier“ vom Bösewicht auf eine Falltür gelockt wird.

Schlimmer noch, wenn auch unsere Begleiterin, eine permanent fliegende Fee, ebenfalls durch die Falltür in den Boden fällt und dabei auch noch kommentiert: „Ich falle auch, ahhh!“

Ich habe echt nichts gegen Comedy-Einlagen – und in vielen Fällen sind die auch solide – aber viel zu oft denke ich mir: Ey, wie kann man gerade so die Atmosphäre ganz bewusst killen?

Manchmal ist die Comedy in Metaphor richtig gut – aber manchmal auch deplatziert.

Die Sache mit dem Sound

Ein großer Punkt, der mich massiv stört, ist der Mangel an Vertonung. Während die Haupt-Story die allermeisten Passagen vertont hat (aber auch nicht alles), ist das bei den Neben-Missionen gar nicht der Fall. Ich kann verstehen, dass man nicht jeden unwichtigen Side-Character voll vertonen kann, bei einem großen RPG. Aber dass selbst die Charakter-Geschichten der Heldentruppe, also die ganzen Quests, die euch den Hintergrund von Hulkenberg, Strohl und Co. Näher bringen sollen, ebenfalls nicht vertont sind, finde ich schon wirklich, wirklich unangenehm.

Lange Dialoge zu lesen, die komplett stumm ablaufen, fühlte sich in JRPGs schon vor 10 Jahren veraltet an.

Doch auch wenn es dann eine Vertonung gibt, ist die Abmischung einfach nicht gut. Die (überwiegend) bombastische Musik ist häufig während der Dialoge so laut, dass sie die Sprecher komplett übertönt. Ja, das könnte ich natürlich manuell anpassen, indem ich die Lautstärke der Hintergrundmusik reduziere und die der Stimmen erhöhe. Aber das manuell einzustellen, sollte irgendwie nicht meine Aufgabe sein.

Hinzu kommt, dass die Sound-Effekte in Städten sehr schnell nervig werden. Denn NPCs in Städten haben kleine „Sound-Schnipsel“, mit denen sie auf sich aufmerksam machen, wenn man in einer bestimmten Distanz zu ihnen steht oder sie passiert.

Das Problem hier: Die allermeisten NPCs haben exakt einen einzigen Sound dafür. Das sorgt dafür, dass man in den Städten permanent 1-2 nervige NPCs hat, die ihren immer gleichen Sound wieder und wieder abspielen:

„Hey, over here.“
„Ugh, an eldan boy …“
„Hey, over here.“
„Hey, over here.“
„Hey, over here.“
„Ugh, an eldan boy …“

Da muss man manchmal doch ganz, ganz tief durchatmen.

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Ein gutes Spiel, aber einfach kein Meisterwerk

Ich will Metaphor wirklich lieben. Es ist auch durchaus gut, die Story ist solide und das Kampfsystem in den besten Momenten wirklich interessant. Aber es hat so viele kleine Macken, die an allen Ecken und Enden zeigen, dass die typische „Persona-Formel“ langsam aber sicher ein bisschen aus der Zeit gefallen wirkt.

Ich glaube, ich möchte nie wieder ein Spiel mit dem Kalender-System der Persona-Reihe spielen.

Ich glaube, ich erwarte von einem umfangreichen JRPG deutlich mehr Vertonung, als Metaphor zu bieten hat.

Ich glaube, Spielumgebungen eines Vollpreis-Titels dürfen heute nicht mehr so leblos aussehen wie zur Jahrtausendwende.

Ich glaube, wenn ich das Spiel hinter mich gebracht habe, werde ich durchaus zufrieden sein. Aber Metaphor: ReFantazio fehlt die Weiterentwicklung, die ich mir von JRPGs gewünscht hätte – und die andere Spiele, wie Final Fantasy XVI, deutlich mutiger angegangen sind.
Metaphor: ReFantazio wäre ein Meisterwerk – wenn es vor 8 Jahren erschienen wäre und nicht vor wenigen Monaten.

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