Seite 1
Lange Zeit herrschte in Sachen Mario-Rollenspiele Dürre – und auf einmal können sich Fans mit Affinität für rundenbasierte Kämpfe, Erfahrungspunkte & Co. vor Angeboten kaum retten. Nach dem Remake von Super Mario RPG und einem Remaster des zweiten Paper Mario kehrt jetzt auch das Rollenspiel-Standbein zurück. Die Mario & Luigi-Reihe nahm 2003 auf dem GBA ihren Anfang und blieb den Handhelds treu – doch mit dem Bankrott von Entwickler AlphaDream schien das besiegelt zu sein. Umso größer die Überraschung, die beiden Brüder jetzt durch einen waschechten neuen Serienteil turnen zu sehen! Die Entwicklung übernahm das in Akihabara ansässige Entwicklerstudio Acquire, das unter anderem Square Enix bei den Octopath-Spielen unter die Arme greift, aber auch für die eigene Akiba’s Trip-Reihe verantwortlich zeichnet. Dort ist laut einschlägigen Aussagen tatsächlich so mancher AlphaDream-Veteran untergekommen. Das dürfte erklären, warum sich die erste richtig neue Mario & Luigi-Episode seit gut neun Jahren gleich vertraut anfühlt – und das, obwohl die Brüder hier ein komplett neues Land erkunden.
Konektania heißt der frische, große Abenteuerspielplatz der beiden Brüder – und dort gibt es viel zu tun. Denn anders als der Name vermuten ließe, ist in Konektania gerade kaum etwas verbunden: Alle Inseln haben sich voneinander gelöst und driften in den Strömungen umher. Und jetzt liegt es eben an Mario und Luigi, diesen Missstand zu beheben. Insel um Insel erkunden die beiden, lösen die kleinen und großen Probleme ihrer Bewohner und verbinden dabei wieder die treibenden Inseln mit dem zentralen Inselschiff, der Kapitarbora. So finden die beiden vielleicht auch den Rückweg in die Heimat – zumindest sind Eure neuen Freunde Connetta und Wattz (der laut eigener Aussage definitiv kein Schwein ist) davon überzeugt, dass das klappen sollte. Und so reitet Ihr die Strömungen und haltet dabei Ausschau nach Inseln. Serientypisch kontrolliert Ihr dabei Mario und Luigi gemeinsam: Jedem der beiden Brüder sind eigene Knöpfe zugeordnet, mit denen Ihr sie springen oder mit dem Hammer zuschlagen lasst. Wobei Ihr schon primär Mario steuert, Luigi kommt für gewöhnlich gut alleine zurecht – und tatsächlich zeigt er hier mal etwas Initiative! Immer wieder hat Marios schlaksiges Bruderherz clevere ”Luigideen”: Drückt die Schultertaste und Luigi agiert nun auf eigene Faust und hilft so beim Sammeln von Gegenständen oder dem Lösen von Rätseln.
Seite 2
Dazu kommen natürlich ganz klassische RPG-Aktivitäten. Die verschiedenen Inseln von Konektania wimmeln nur so vor unterschiedlichsten Gegnern. Mit einem flotten Sprung oder einem saftigen Hammerschwinger verschafft Ihr Euch für den rundenbasierten Kampf die Initiative und verpasst den Feinden direkt schon mal ein paar erste Treffer. Den Rest erledigt Ihr per Menü: Ihr entscheidet, wie Ihr angreift und seid dann auch für die korrekte Durchführung zuständig, denn allein im Teamwork richtet Ihr beim Feind nennenswerten Schaden an. Nur wenn Ihr mit dem richtigen Timing die entsprechenden Knöpfe drückt, agieren Mario und Luigi im Einklang. Timing ist auch gefragt, wenn der Feind angreift: Wer zum richtigen Zeitpunkt springt, der vermeidet nicht nur Schaden, sondern kann vielleicht sogar einen Kontertreffer landen!
So weit, so vertraut. Was hier aber tatsächlich komplett neu ist, das ist die Technik hinter dem Switch-Abenteuer des Brüderpaars. Waren frühere Episoden für ihre tolle Pixel-Kunst und ihre fantastisch animierten Sprites bekannt, kommt der neue Teil jetzt in 3D daher – unter der Motorhaube läuft überraschenderweise die Unreal Engine. Die Protagonisten sind dabei im Cel-Shading-Stil gehalten und wirken enorm elastisch und lebendig. Tatsächlich ist es Acquire gelungen, die dynamischen 2D-Animationen älterer Teile in die dritte Dimension zu übertragen. Auch die Szenarien selbst sind detailliert und farbenfroh, vor allem die Wasser-Darstellung kann sich sehen lassen. Doch Detailreichtum und verwendete Engine haben auf der Switch ihren Preis: Die Auflösung ist eher überschaubar, was gerade im TV-Modus ein relativ unscharfes Bild liefert. Schwerer wiegt aber das durchwachsene Frame Pacing, das stets für unsaubere Performance und leichtes Ruckeln beim Scrolling sorgt. Auch die Ladezeiten vor und vor allem nach Kämpfen dürften eine Ecke flotter sein. Das ist alles freilich kein Beinbruch, aber zu sauberer Technik würden wir eben doch nicht nein sagen.
Meinung
Thomas Nickel meint: Ja, in technischer Hinsicht lässt dieses Mario & Luigi Wünsche offen. Eventuell hätte man doch eine andere Engine wählen sollen oder vielleicht hätte sich das Rollenspiel gut im Startfenster des ersehnten Switch-Nachfolgers gemacht. Aber sieht man von Auflösung und Performance ab, punktet Brothership auch auf der ”alten” Switch mit jeder Menge cleverer Ideen, Spielwitz, Charme und massig Humor. Immer wieder treffen Mario und Luigi herrlich schräge Gestalten, Wattz’ kontinuierliches Beharren auf seine nicht-schweinerne Natur und natürlich das von blumigen Gesten begleitete Kauderwelsch der Mario-Brüder sorgen fortwährend für Lacher. Das Kampfsystem hält Euch derweil ordentlich auf Trab und die Inseln haben eine angenehme Größe, sodass Ihr Euch nie erschlagen fühlt. Allerdings wirkt das erneute Durchkämmen ebendieser nach erfolgter Verbindung manchmal fast wie eine Zeitstreck-Methode, auch wenn es dort stets etwas Neues zu entdecken gibt. Doch kleine inhaltliche Makel hin, durchwachsene Technik her: Brothership ist ein würdiger Eintrag in die Mario & Luigi-Reihe – und auf einen solchen habe ich lange gewartet.
Wertung
Teamwork ist Trumpf
viele interessante Inseln
Wattz ist KEIN Schwein
Geglücktes RPG-Comeback: Mario und Luigi machen technische Schwächen mit Humor, Spielwitz, gelungenen Kämpfen und cleveren Rätseln wett.
Singleplayer85MultiplayerGrafikSound