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Nach der Jagd nach dem verlorenen Schatz bricht im Jahr 1937 ein kraftvoller Hüne in Indys College ein und stiehlt ein mächtiges Artefakt. Ebenso sind die Nazis in Gestalt des selbstsicheren Archäologen Emmerich Voss hinter dem historischen Fund her. Ein Wettlauf um die Welt beginnt.
Der Anfang von Indianas Reise kommt ziemlich gehetzt daher und wirft uns direkt in die Action. Doch das sind keine krachenden Ego-Schießereien, wie man sie von Wolfenstein-Entwickler MachineGames erwarten würde. Nein, wir klettern und hangeln uns mit der Peitsche durch Tempel, bahnen uns den Weg durch Fallen und schleichen uns ähnlich wie in der Dishonored-Reihe durch ein Metroidvania-artiges Burg-Areal.
Obwohl Indy sogar einen eigenen Revolver besitzt, nutzen wir diese Knarre während der ca. 20-stündigen Story kein einziges Mal. Das ist zum einen darin begründet, dass Ihr alle zwei Meter Haushaltsgegenstände und auch Schusswaffen findet, mit denen Ihr die Wachen verdreschen oder mit einem Manöver von hinten ausschalten könnt. Zum anderen liegt es daran, dass die Schleich-Einlagen eher rudimentär funktionieren. Ihr könnt zwar Wachen mit Itemwürfen ablenken und Körper verstecken, aber in der Praxis ist das auf dem normalen Schwierigkeitsgrad nicht nötig, um Gebiete zu säubern. Ebenso gibt es Tarnklamotten, mit denen Ihr Euch in den Hub-Gebieten des Spiels freier bewegen könnt, doch ein Agent 47 wird Indy dadurch nicht.
Erkundungsdrang Apropos Hub-Gebiete: Die meiste Zeit Eures Abenteuers verbringt Ihr in drei größeren, frei erkundbaren Arealen (Konkretes zu den Schauplätzen im Kasten rechts). Hier geht die Bevölkerung ihrem Leben nach, während die Nazis Stützpunkte um historische Gebäude und Ausgrabungsstätten errichten. Zu Beginn sind viele der verwinkelten und miteinander verbundenen Wege noch verschlossen, doch über Klettereinlagen und mit Schlüsseln schaltet Ihr so manche Abkürzung und alternative Route frei.
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Dabei entdeckt Ihr fortwährend viele weitere Rätsel und Möglichkeiten, um an Tourismus-Punkte und Moneten zu kommen. Mit gefundener Medizin kauft Ihr erst Fähigkeitenbücher, die Ihr dann mit den besagten Punkten aktivieren könnt, um beispielsweise öfter mit einer Bratpfanne zuschlagen zu können oder nach einem Niederschlag ein zweites Leben zu erhalten, wenn Ihr Indys Hut rechtzeitig findet. Geld investiert Ihr hingegen in Reiseführer, um Schatzfundorte aufzudecken.
Die Schatzsuche ist dabei jederzeit launig und abwechslungsreich. Manch kleines Mechanismus-Rätsel ist schnell gelöst, für manch anderes Puzzle benötigt es Köpfchen, Klettereinlagen oder auch diverse Hinweise im Raum. Wichtig: Story-Puzzles könnt Ihr mithilfe der Fotokamera stets problemlos meistern. Schießt einfach wiederholt Bilder, um Hinweise oder sogar schlussendlich die Lösung zu erhalten.
Nach dem eher schwachen Start mausert sich das Abenteuer zu einem spielbaren, klassischen Indy-Film mit grandiosen Schauwerten. Außerdem gleicht keine Ecke der anderen, wodurch wir jeden Stein in der Welt entdecken und umdrehen wollen. Auch die Technik passt. Zwar gibt es keinen Grafikmodus, jedoch läuft das Spiel abseits einiger Zwischensequenzen-Slowdowns mit 60 Bildern flüssig und die vielen Pop-ups während der Dschungelbootsfahrten im späteren Verlauf stören nur geringfügig.
Die Darstellung der Nazis ist zwar im Vergleich zu Wolfenstein nicht ganz so abgedreht und fällt mit nur zwei relevanten Antagonisten etwas mager aus, jedoch sind deren kauzige Auftritte weiterhin erinnerungswürdige Highlights. Besonders schön: Figuren wie die Nazis reden auch in der englischen Fassung meist in ihrer jeweiligen Landessprache, wenn sie sich nicht gerade mit unserem Amerikaner unterhalten, was zusätzlich zum Flair beiträgt. Indy selbst wird übrigens im Englischen von Synchron-Schwergewicht Troy Baker vertont. Der transportiert für unseren Geschmack den typischen Franchise-Humor besser als sein deutscher Kollege Florian Clyde (Han Solo in ”Solo: A Star Wars Story), der auf uns oft etwas steif wirkt und nicht so gut auf Harrison Fords Gesicht passen will wie dessen gewohnte Stimme Wolfgang Pampel.
Meinung
Steffen Heller meint: Einige Details mögen unrund sein: NPCs reagieren stellenweise teilnahmslos und Begleiterin Gina wird beim Schleichen geflissentlich von Nazis ignoriert. Aber abseits solcher Ungereimtheiten ist Indys Reise um den Globus ein fantastisches Abenteuer. Ich hätte mir zwar forderndere Faustduelle und Schleicheinlagen im Stil der Riddick-Titel gewünscht, aber die Kämpfe sind wie bei Uncharted eher zweitrangig. Indy überzeugt stattdessen mit vielen Freiheiten sowie vielfältigen Rätseln und hetzt Euch nicht bloß von einer Szene zur nächsten. Die Mühen der Entwickler und deren Liebe zu Indy sind durch viele Details deutlich spürbar. Nie hatte ich das Gefühl von öder Formelhaftigkeit oder zäher Spielzeitstreckung. Liebend gerne kehre ich daher nach dem Finale zurück, um alle Schätze zu entdecken, die mir im Testeifer entgingen.
Wertung
Action und Rätsel mit jeweils eigenen Schwierigkeitsgraden anpassbar
nur ein Grafikmodus (sehr sauber)
optional mit Cinemascope spielbar
Disc-Version nicht ohne Patch lauffähig
Indys Spiele-Rückkehr muss sich nicht vor Lara Croft und Nathan Drake verstecken. Für alle Hobby-Archäologen ein Must-have!
Singleplayer88MultiplayerGrafikSound
