Der Herr der Ringe: Die Eroberung – im Klassik-Test (PS3 / 360)

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Spiel:Der Herr der Ringe: Die EroberungPublisher:Electronic ArtsDeveloper:Pandemic StudiosGenre:ActionGetestet für:360, PS3Erhältlich für:360, PS3USK:16Erschienen in:2 / 2009

Electronic Arts, Der Herr der Ringe und Star Wars Battle­front – vermengt man diese namhaften Zutaten, sollte dabei nicht etwas Zünftiges herauskommen? Misstrauisch stimmt uns, dass bislang wenig über Die Eroberung an die Öffentlichkeit drang und der Titel bewusst aus dem Weihnachtsgeschäft herausgehalten wurde – warum, das gilt es zu klären.

In der Next-Gen-Tolkien-Welt seid Ihr meist als namensloses kleines Licht mit einer Fantasy-­Armee ­unterwegs. Bei Die Eroberung spielt Ihr zwei Kampagnen nach: ­Anfangs schlagt Ihr bei der Schlacht um Helms Klamm die Kräfte des ­Bösen zurück, bis am Schwarzen Tor schließlich Sauron selbst fällt. Danach dreht Ihr den Spieß erstmals um und schlüpft in die Rolle der Schurken: Startpunkt dieser Story ist die Annahme, dass Frodo schwach wird und den Ring nicht vernichten kann. Als Schurke schnappt Ihr Euch das Kleinod und leitet einen Feldzug durch ganz Mittelerde ein, um die freie Welt zu knechten.

Der Spielablauf ist meist so: Ihr werdet an Stützpunkten in eine bereits tobende Schlacht eingeschleust und entscheidet Euch für eine von vier Charakterklassen: Krieger, Magier, Bogenschützen und Späher stehen zur Wahl. Meist bietet sich der Krieger als Allround-Kampfmaschine an, auch die Zauberkunst hilft oft aus der Patsche – die beiden anderen Klassen sind eher für Spezialeinsätze ­gedacht. An einigen Punkten jeder Karte könnt Ihr per Knopfdruck fliegende Wechsel vornehmen. Stürzt Euch ins Geschehen und erfüllt Eure Direktiven: Im Regelfall geht es darum, bestimmte Punkte aus der Hand der Gegner zu befreien und lange genug zu besetzen, um sie selbst zu beherrschen. Alternativ sollt Ihr markierte Feinde eliminieren oder Bauwerke zerstören. Haucht Ihr Euer Leben aus, geht’s beinahe nahtlos weiter: Ihr übernehmt einfach einen anderen Soldaten – solange, bis das Lebenskontigent aufgebraucht ist. Schlagt Ihr Euch gut, dürft Ihr ab und zu in die Rollen bekannter Charaktere wie Gimli oder Saruman schlüpfen.

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Jeder Streiter hat drei unterschiedlich starke Grundattacken, die auf Knopfdruck verbessert werden können, wenn Ihr vorher eine spezielle Energieleiste durch Kampf­erfolge auffrischt. Das habt Ihr bitter nötig, selbst Standardgegner sind oft lästig: Davon gibt es zwar nur drei Klassen (Knecht, Krieger, Kapitän), doch schon der mittlere Vertreter blockt eine Vielzahl Eurer Standard- Angriffe ab. So entsteht meist eine planlose Rauferei an deren Ende der Feind irgendwann darnieder sinkt.

Auflockerung in Form von Quicktime-Events oder benutzbaren Geräten bzw. Verbündeten wie den Ents findet Ihr bei Die Eroberung nur spärlich. Die meisten Umgebungen spielen sich trotz abwechslungsreicher Optik sehr ähnlich – geographische Eigenheiten kommen selten ins Spiel. Die Solokampagnen dauern nur wenige Stunden, danach verspürt Ihr – abgesehen von Koop-Einsätzen – kaum den Wunsch, sie noch einmal zu bestreiten. Es macht sich schlicht bemerkbar, dass die Eigenheiten von Tolkiens Welt lange nicht so viel Abwechslung ermöglichen wie ein zünftiges SciFi-Szenario.

Etwas interessanter ist der Online-Mehrspieler-Modus: Bis zu 16 Teilnehmer geben sich auf den Schlachtfeldern Saures. Beim Team-Deathmatch ­prügelt Ihr Euch entweder mit normalen Kämpfern oder ausschließlich prominenten Charakteren – bei ”Capture the Ring” schnappt Ihr Euch das Schmuckstück und tragt es zur Basis. Am meisten Spaß bringt die namensgebende ”Eroberung“, bei der Ihr alle Stützpunkte einer Karte einnehmen sollt – das ist nicht sonderlich originell, wurde aber gut umgesetzt.

Meinung

Ulrich Steppberger meint: Ein Star Wars Battlefront im Fantasy-Kleid – was soll da schief gehen? Anscheinend einiges, denn an die Klasse des SciFi-­Verwandten kommen die Tolkien-Schlachten bei weitem nicht ran. Das Geschehen ist optisch ansprechend präsentiert, auch wenn für einige Massenszenen einfach die Massen fehlen. Aber das spielerische Korsett erweist sich ohne futuristische Gimmicks als dünn: keine wuchtigen Waffen und kaum Reittiere oder andere ’Vehikel’; zudem sind Magier wahlweise sehr mächtig oder wenig geschützt. So entsteht meist nur wildes Gekloppe. Die Solo-Kampagnen ignorieren viele guten Ansätze des Mehrspieler-Konzepts und ersetzen diese durch eintönige Aufträge. Kürzer als die drei Filme am Stück ist das Spiel obendrein. Wer online kämpft, hat länger Spaß – der Rest bekomt ’nur’ ­einen etwas tiefgründigeren und flotteren ­Dynasty Warriors-Verschnitt.

Matthias Schmid meint: Dieses Spiel kommt ein paar Jahre zu spät: Mein Herr der Ringe-Rausch ist vorrüber, der Blick hinter die Lizenz-Fassade der Eroberung fällt leicht. Was mir die Entwickler hier auftischen, ist von originell und eigenständig so weit weg wie ein plattfüßiger Hobbit von Conan dem Barbaren. Daueraction dank Buttongeklopfe und eintönige Missionsziele wirken wie ein Relikt aus der Zeit vor God of War. Ein kurze Runde Ork-Verkloppen ab und an ist spaßig, langfristig motiviert mich die Fantasydrescherei aber nicht. Technisch ist der Titel nie überragend aber durch die Bank gut gemacht; nervig finde ich hingegen die vielen Controller-­Layouts der verschiedenen Klassen, die mir das Spiel schon im Tutorial ­beibringen will.

Wertung

zwei Solo-Kampagnen: gut & böse
4 jederzeit wechselbare Charakterklassen
13 Schlachtfelder aus der Trilogie
je ein halbes Dutzend nahmhafter Helden und Schurken für Spezialauftritte dabei

Der Tolkien’sche Massenkampf bleibt flach: Dröge Solo-Kampagnen werden vom guten Mehrspieler-Part nur bedingt gerettet.

Singleplayer71MultiplayerGrafikSound

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