Prince of Persia – im Klassik-Test (PS3 / 360)

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Spiel:Prince of PersiaPublisher:UbisoftDeveloper:Ubisoft MontrealGenre:Jump’n’RunGetestet für:360, PS3Erhältlich für:360, PS3USK:12Erschienen in:2 / 2009

Tiefsinnige Dialoge, über die man länger nachzudenken hat als das Zuhören dauert, sind in ­Videospielen selten. Umso mehr ­freuen wir uns über ­jeden Hinweis, dass das Medium nach über 30 ­Jahren seinen Kinderschuhen entwächst und reife Unterhaltung ­bietet.

In Prince of Persia ­belauschten wir einen Wortwechsel zwischen dem neuen Protagonisten und seiner Begleiterin Elika, bei dem wir uns schon glücklich wähnten: ”Ohne Träume ist das ­Leben ­bedeutungslos”, erklärt Elika Eurem Alter Ego. ”Wer träumt, verpasst das Leben”, entgegnet der auf coolen Surferboy getrimmte Akrobat, der sich viel lieber mit seinem goldbepackten Esel einen faulen Lenz gemacht hätte. Doch sogleich wird diese wunderschöne Dialektik in den Staub getreten und ­schnödem Witz geopfert: Wenn unsere Führerin Elika daraufhin nach dem Weg fragt oder der titelgebende Prinz – der bis zum Schluss übrigens gar keiner ist – die nächste Brotzeit fordert, raufen wir uns die Haare über verschenktes Potenzial. Bis zum Ende des rund zehnstündigen Abenteuers wird eine Menge gerauft, aber auch viel gestaunt. Über die traumhaft schöne Märchengrafik zum Beispiel. Oder ­Ubisofts Mut zur Neuausrichtung der Prinzen-Saga.

Anstatt nämlich an die Stärken der Vorgänger anzuknüpfen, tritt Prince of Persia in die Fußstapfen von Assassin’s Creed: ’Style over Substance’ lautet erneut die Devise. Im Namen der Massenkom­patibilität schwor man der düsteren Grundstimmung und Dramatik der Vorgänger ab, im selben Atemzug warfen die Entwickler spielerischen Anspruch über Bord. Frustige Weg­suche und fordernde Sprungpassagen in verfallenen Tempel­anlagen (Warrior ­Within) oder Kämpfe ­gegen unzählige Feindeswellen (The Sands of Time) sind passé. In den Vordergrund tritt nunmehr ein sorgloser ­Tagedieb, der unverschuldet zwischen die Fronten eines göttlichen Konfliktes gerät. Dass es dabei um nicht weniger als die Apokalypse geht, tritt durch die flapsigen Einzeiler-Kommentare Eures großmäuligen Helden in den Hintergrund. Wen das alles nicht stört, der erlebt mit dem ­Bilderbuch-Abenteuer ­jedoch unterhaltsame ­Stunden.

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Nach einem kurzen Tutorial, das mit der Befreiung Ahrimans endet, erkundet Ihr vier Gebiete, die von Finsternis verseucht ihrer Heilung harren. Also hüpft, hangelt, schlittert und kraxelt Ihr auf linearen Parcours durch die ersten vier Abschnitte, wo Ihr das Schergen-Quartett Ahrimans kennenlernt. Legt auf der Karte einen Zielpunkt fest und folgt Elikas Lichtstrahl über Abgründe und an Wänden entlang. Die Übergänge zwischen den einzelnen Bereichen sind fließend und unterscheiden sich primär durch ihre Farbgebung. ­Geheilte Bereiche erstrahlen in satten Farben, neue Orte sind dunkel und werden von der zähen schwarzen Macht des Finstergottes beherrscht, die Ihr meiden solltet. Am Ende jedes Abschnittes lauert ein Gegner, dem Ihr mit vier Angriffsarten zu Leibe rückt: Schwertstreich, Wurf, Akrobatik und Elika. Um ihren Magie­angriff auszulösen, müsst Ihr nah am Gegner stehen. Deshalb stecken ungeduldige Spieler häufig Treffer ein, denn Blocken und Magie lassen sich nicht kombinieren. Vermasselt Ihr den Kampf, schreitet Elika ein, was auch die Energieleiste Eures Gegenübers auffrischt. Nur mit dem richtigen Timing kombiniert Ihr alle Manöver zu spektakulären Aktionen. Flüchtet der angeschlagene Gegner, heilt Elika das befreite Areal auf Knopfdruck.

Sammelt anschließend frei ­gewordene Lichtkeime, um vier Spezial­fähigkeiten zu erwerben. 540 Stück genügen, Achievement-Jäger spüren jedoch alle 1.001 Keime auf. Aktiviert damit farbige Felder in den 24 ­Abschnitten, um an ihnen durch die Luft zu wirbeln, Schwindel ­erregende Rennpassagen über Kopf und an senkrechten Wänden zu meistern oder im freien Flug Hindernissen auszuweichen. So erschließt Ihr in selbstbestimmter Reihenfolge neue ­Bereiche.

Die an sich gelungene Hüpfkost gefällt durch ­edlen Comic-Stil und eine zugängliche Steuerung, ­enttäuscht aber Fans der Vorgänger. Das Spiel nimmt Euch die meiste Arbeit ab, denn es sind stets weniger Eingaben nötig als erwartet. Das raubt dem Spiel auf Dauer die Spannung, der Story hingegen fehlt die treibende Dramatik vergangener Abenteuer. Wo einst ein Prinz sein Reich vor dem selbstverschuldeten Untergang retten musste, reißt nun ein dahergelaufener Grab­räuber Witze – kein Wunder, schließlich kann Euer Held nicht sterben.

Meinung

Michael Herde meint: Meine Güte, sieht das schön aus! Die famose Grafik ­begeistert mich. Die schnörkellose Spielbarkeit des neuen Abenteuers wird jedoch schnell zum Bumerang: Wenn ich mühelos ganze Passagen einhändig spielen kann, vermisse ich den Anspruch früherer Episoden. Hier steht Zugänglichkeit und grafisches Spektakel im Vordergrund und das ist mir zu wenig. Die ­linearen Geschicklichkeitspassagen lassen nämlich das serien­typische Mittendrin-­Gefühl vermissen, außerdem erweckt die Architektur den Eindruck, als warte sie seit Jahrtausenden auf meine Ankunft. Ich wundere mich noch über Kletter-Ringe und Säulen an den unmöglichsten Stellen, da legen abgeschabte Mauern einen anderen Verdacht nahe: Hier kommen anscheinend regelmäßig irgendwelche Abenteurer vorbei, die an der Wand entlangrennen!

Ulrich Steppberger meint: Ich war skeptisch über die neue Ausrichtung des Abenteuers, der frische Grafikstil funktioniert in Bewegung jedoch erstaunlich gut. Die Hüpfereien fallen zwar auf Dauer recht ähnlich aus und dürften ruhig fordernder sein, aber im Sinne einer ’leicht zugänglichen Unterhaltung’ ist das okay. Prince of Persia hat mich trotz des doofen Story-Endes bis zum Schluss gut unterhalten – dennoch bleibt das Gefühl, dass aus dem Grundgerüst noch so viel mehr hätte werden können.

Wertung

zusätzliche Charakter-Skins freispielbar
Story-Häppchen per Schultertaste
installiert 1,6 GB auf Festplatte (PS3)

Anspruchsarme Hüpferei mit traumhafter Grafik, die mit einem zotigen Helden nervt und hinter den Vorgängern zurückbleibt.

Singleplayer80MultiplayerGrafikSound

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