Abschiedsbrief an Schuhmann – Eine Redaktion trauert

Dieser Nachruf ist ein persönlicher Brief an meinen Kollegen und Freund Schuhmann – geschrieben aus der Perspektive einer Weggefährtin, die ihm viel zu verdanken hat.

Am 2. Mai erhielt ich den Anruf, der für einen Moment die Zeit stillstehen ließ. 

Ohne Vorwarnung hieß es, dass dein Herz plötzlich zu schlagen aufgehört hat und du nicht mehr bei uns bist. Ich weiß noch, wie meine Hand sofort ihren Weg zu meinem eigenen Herzen fand. Da spürte ich, wie ein stechender Schmerz durch mich ging.

Mit dir habe ich nicht nur einen Kollegen verloren. Mit dir habe ich einen Freund verloren, der persönlich und beruflich einen großen Einfluss auf mich hatte. Ohne dich wäre ich heute nicht da, wo ich bin. Mit meiner Trauer bin ich nicht alleine. Im Gegenteil.

Denn du, lieber Schuhmann, hast unsere ganze Redaktion und MeinMMO geprägt wie kein anderer.

Das war unser gemeinsamer Weg

Vor 8 Jahren fing ich neben dem Studium an, als Freelance-Autorin für MeinMMO zu arbeiten. Nachdem unser Chef Dawid mich dazu holte, schickte er mich ohne Umwege zu dir. Ich sollte mich mit meinem ersten Text für die Korrektur an dich wenden und mir den Job zeigen lassen. 

Bei unserer ersten Begegnung warf ich dir erstmal frech vor die Füße, dass du mir alles beibringen musst, was du weißt, weil das die Anweisung vom Chef ist. Darüber hast du dich noch Jahre später amüsiert. 

Aber genau das hast du getan. Du hast mir alles gezeigt und beigebracht, was du über Texten, Storytelling, Journalismus und Videospiele wusstest. Du wusstest so verdammt viel. 

Ob es darum ging, wie man Neugierde mit einer Headline weckt, wie man einen starken Einstieg in einen Text findet oder warum man ausgelutschte Phrasen einfach weglassen sollte. In den Anfängen gingst du mit mir Satz für Satz in jeden meiner Texte durch und warst ein strenger Lehrmeister. Manchmal habe ich dich für deine harschen Worte verflucht, aber nur für den Moment. Denn am Ende hat das meine Arbeit besser gemacht und meinen Blick auf den Job geändert, den ich ursprünglich doch nur so neben dem Studium anfing. 

Mit deinem ständigen Ehrgeiz, die bestmögliche Website für Videospiele zu gestalten, hattest du mich angesteckt und gepackt. Es hat nicht lange gedauert, bis ich diesen Traum selbst verfolgte.

Das ging dann alles soweit, dass ich ein paar Jahre später die Chefredakteurin wurde und mit dir zusammen, die Redaktion und MeinMMO geleitet habe. Du immer voll im Tagesgeschehen, nah an den Leuten, den Artikeln, der Community. Ich, aus dem Hintergrund heraus, mit dem Überblick und etwas Abstand. Dabei bist du immer mein Bindeglied direkt zur Redaktion gewesen.

Wenn ich ein paar Stunden in Meetings verschwunden war, hatte ich meistens von dir schon ein paar Nachrichten erhalten, was heute in der Redaktion los war, was dich geärgert oder gefreut hat. Oft hatte ich von dir auch eine Schimpftirade liegen, wenn du mit einer meiner Entscheidungen so ganz und gar nicht einverstanden warst. Du konntest den Finger immer genau da hinlegen, wo es weh getan hat und das war gut. Denn so konnten wir uns auch immer weiter verbessern und entwickeln.

Stück für Stück wurden wir über die Jahre immer mehr zu einer Einheit, die sich gemeinsam den Kopf über MeinMMO zerbrach. Wir haben uns beraten, über welche Themen wir berichten sollten, welche kommenden Spiele für uns wichtig würden, wie man welche Person im Team auf welche Art weiterentwickeln könnte. Und irgendwann fingen wir auch an, über dies und das zu reden, was nichts mit der Arbeit zu tun hatte. Fast jeden Tag haben wir zumindest ein paar Worte gewechselt und wenn wir uns nur ein paar dumme Videos geschickt haben, damit der andere was zum Lachen hat.

Dass das jetzt alles nicht mehr geht, ist so ein starker Einschnitt. Es fühlt sich an, als hätte ich einen Teil von mir verloren – beruflich wie persönlich.

Was du für MeinMMO bedeutet hast

Es hat seine Gründe, warum ich nach deinem Tod so oft hörte, dass du das Herz der Redaktion warst. Du warst schon lange vor mir bei MeinMMO. 

Du hast die Website vor 11 Jahren mit aufgebaut und bist der erste Vollzeit-Redakteur in Festanstellung gewesen, den unser Gründer Dawid damals angeheuert hatte. Seitdem kamen viele – und einige gingen auch wieder. Aber du bist geblieben.

Du hast mir oft von der Zeit des Aufbaus erzählt und dass du am Anfang skeptisch warst, ob das alles so klappen würde. Die Konkurrenz und das Angebot anderer Gaming-Websites war groß, viele davon waren schon seit Jahren etabliert. Sich dazwischen als Newcomer zu behaupten, das brauchte Ehrgeiz, Cleverness, Fleiß und Leidenschaft – Eigenschaften, die du bis zum Schluss jeden Tag mit in die Arbeit brachtest und auch von anderen erwartet und gefördert hast.

Du erzähltest mir, dass du dein Leben lang Journalist werden wolltest. Du hattest hier für dich eine Chance erkannt, dir deinen Wunsch zu erfüllen und hast alles dafür gegeben, dass das am Ende klappen würde. Und es hat geklappt.

Es gibt Dinge, die nach außen offensichtlich sind.

Du hast MeinMMO grandiose Texte geschenkt, mehr als 14.000 um genau zu sein. Es wirkte immer so, als würden dir die guten Themen, die Worte und die Ideen einfach nur so zufliegen. Aber genau daran erkennt man die besten. Immer wieder war ich erstaunt, wo du die kuriosen und spannenden Storys ausgegraben und wie du sie erkannt hast. Deine Inspiration hast du dir aus dem echten Leben der Gamerinnen und Gamer geholt – aus ihren Foren, Kommentaren, Sorgen, Freuden und Geschichten. Das hat dich zu einem besonderen Journalisten gemacht, weil du immer nah an den Menschen warst – und die reinen Fakten-News dich eher langweilten.

Mehr als 5.000 verfasste Kommentare von dir unterstreichen das. Du hast dich stets mit unserer Community unterhalten und bist immer auf Kritik und Feedback eingegangen. So manches Mal hast du dich in den Kommentaren auch für unsere Autoren und Autorinnen stark gemacht, wenn ihre Texte kritisiert wurden. 

Die Zahlen, Daten und Fakten zeigen uns außerdem, dass deine Texte alleine monatlich mehr als eine halbe Millionen Menschen erreicht haben. Das hast du dir selbst erarbeitet. Vom kleinen Fan-Blog über MMORPGs, zur professionellen und in der Szene anerkannten Gaming-Redaktion. Du warst der erste Mitarbeiter und hast den Weg für mittlerweile fast 30 weitere geebnet, die als Festangestellte und Freelancer bei uns sind. 

Und dann gibt es da noch die Dinge, die nach außen nicht offensichtlich sind. 

Was du der Redaktion als Mensch bedeutet hast

Als ich dem Team die schwere Botschaft deines Todes überbrachte, war es ganz still und die Zeit blieb erneut einen Moment stehen. Zwischen der Stille sah ich Trauer, Unglaube, Schock, Schmerz und Tränen. 

Denn du bist so viel mehr als der Redaktionsleiter gewesen, der das Tagesgeschäft und die inhaltliche Planung der Seite geregelt hat. Als ich sagte, dass du mein Bindeglied zur Redaktion warst, meinte ich damit jeden einzelnen im Team. Ich kenne wenige Menschen, die so viel Empathie besaßen wie du. Sonst wärst du auch nicht so gut darin gewesen, so viele Menschen mit deinen Texten zu erreichen. 

Du hast sofort gespürt, wenn es jemandem im Team mal schlecht ging und wir beide vielleicht ein Auge zudrücken sollten, wenn der letzte Text des Tages nicht geschafft wurde. Wenn du ahntest, dass etwas mit jemandem nicht stimmt, hast du mir sofort davon erzählt und mit mir überlegt, was wir tun können, um zu helfen. Und so hast du viele persönliche Gespräche mit jedem Einzelnen im Team geführt

Jeden Morgen hast du den Tag mit einer Analyse des Vortages und unserer Inhalte eröffnet. Dabei hast du immer einen blöden Spruch parat gehabt. Das hat oft dazu geführt, dass wir alle die Augen verdrehten (was dich diebisch freute) und uns aber auch gleichzeitig damit zum Lachen gebracht.

Du hast gerade heraus gesagt, wenn dir etwas an unseren Inhalten nicht gefallen hat und ordentlich auf den Tisch gehauen. So hast du die Redaktion auch oft metaphorisch geschüttelt, um jeden Tag die bestmögliche MeinMMO zu gestalten. Das hast du aber nie gemacht, ohne dabei nicht jedem einzelnen zu helfen, die eigene Arbeit zu verbessern. Einfach nur meckern, ohne selbst die Ärmel hochzukrempeln, gab es bei dir nicht.

Was dir in Person oft schwer gefallen ist auszudrücken, landete dann bei mir. Du hast mir nämlich genauso immer stolz berichtet, wenn jemand wieder einen besonders guten Text veröffentlichte oder eine clevere Idee hatte, um der Redaktion zu helfen. Ich kann nicht zählen, wie oft du gerade in den letzten beiden Jahren zu mir sagtest, wie toll sich das Team entwickelt hat. Dabei hast du mir jede einzelne Person in der Redaktion aufgezählt und betont, was jeder individuell beisteuert.

Unbewusst hast du alles für diesen Moment vorbereitet, an dem wir nicht mehr auf deine Expertise und dein Wissen zugreifen können. Gerade das hat dich zu einem großartigen Mentor und Chef gemacht.

Was uns von dir bleibt

So traurig die letzten Wochen ohne dich waren, so viel Wärme steckte auch in ihnen. Denn wenn ich jetzt eins mit Sicherheit sagen kann: Ganz weg bist du nicht und wirst du auch nie sein.

Wir können immer noch deine Texte, zahlreiche Kommentare und die Chats mit dir lesen. Doch das ist nicht einmal das Entscheidende.

In den letzten Wochen habe ich gemerkt, was du uns wirklich als Erbe hinterlassen hast und wie wertvoll das ist. Ich merke es in der Art, wie unsere Redaktion nochmal näher zusammengerückt ist und wir alle deinen Traum weiterleben. 

Deinen Ehrgeiz und deine Leidenschaft, jeden Tag erneut das Beste aus uns und unserer Redaktion herauszuholen, geben deine Nachwuchs-Redakteurlinge schon jetzt weiter. Genauso wie das Wissen, was du uns geschenkt hast.  

Ich für meinen Teil werde noch oft deine Stimme hören. Vor allem, wenn ich zu schnell mal wieder radikale Maßnahmen ergreifen möchte. Du konntest aufbrausend im Vordergrund sein, ich war es oft heimlich im Hintergrund – nur für dich sichtbar. Dein mahnendes Wort in meinem Ohr: Willst du wirklich sofort den Nuklearknopf drücken oder sollen wir nicht erstmal einen anderen Weg probieren? Diese Mahnung werde ich noch weit über MeinMMO hinaus mit in mein Leben nehmen.

Ich wünschte, du hättest die Abschiedsworte lesen können, die so viele Menschen auf der folgenden Seite für dich hinterlassen haben. Aber ich bin mir sicher, dass du wusstest, was du uns bedeutet hast. Unsere Verbundenheit brauchte keine Worte, man hat sie gefühlt. 

Zum Abschluss bleibt nur noch eins zu sagen: 

Danke, Schuhmann. Für alles.

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