Godzilla terrorisiert seit über 70 Jahren die Großstädte und Leinwände auf der ganzen Welt. Im Laufe der Zeit gab es viele Versionen der riesigen Echse, doch eine fällt dabei besonders auf. 2016 erschien die vielleicht gruseligste Variante des ikonischen Film-Monsters, die MeinMMO-Redakteur Nikolas Hernes analysiert.
Um welche Version geht es? 2016 erschien nach 12 Jahren wieder ein neuer Godzilla-Film aus Japan. Für Shin Godzilla übernahm der legendäre Regisseur Hideaki Anno die Inszenierung. Ihn kennt man vor allem für Neon Genesis Evangelion.
Obwohl sich der Film am Original aus 1954 orientierte, zeigte er Godzilla in einem neuen, gruseligen Licht. Das liegt an mehreren Faktoren und einem schrecklichen Ereignis in Japan.
Autoplay
Shin Godzilla hat mehrere Formen, die immer schrecklicher werden
Wie sieht Shin Godzilla aus? Das Monster aus dem Film hat nicht einfach nur eine Form, im Verlauf von Shion Godzilla entwickelt es sich stetig weiter. Wie auch der erste Godzilla war das Wesen eine uralte See-Kreatur, die vor 60 Jahren vor den Ereignissen des Films mit nuklearen Abfällen zugemüllt wurde.
Statt zu sterben, passte sich das Wesen an, ernährte sich von den nuklearen Resten und wuchs. Es entwickelte sich so weit, dass es an Land kommen konnte. Im Film sieht man dann die 2. Form. Mit großen Glupschaugen schafft Godzilla es an Land und robbt sich durch die Straßen, während es alles zerstört und radioaktiv verseucht.
Dabei scheint das Monster aber nicht bewusst zu zerstören. Es wirkt so, als hätte es Schmerzen, würde nach Luft ringen. Das wird auch noch einmal verdeutlicht, wenn man erfährt, dass Godzilla zurück ins Meer muss, um sich abzukühlen. Danach kehrt es noch größer und gefährlicher zurück. Seine 4. Form entwickelt das erneut weiter.
Nah am klassischen Design läuft es jetzt auf zwei Beinen und sieht deutlich perfider aus. Es wirkt fast schon so, als hätte Godzilla jetzt ein boshaftes Bewusstsein. Er hat keine klassischen Schuppen, sondern erinnert an Techno-organische Designs von H.R. Giger, die man auch im Xenomoroph aus Alien wiederfindet.
Die roten Stellen in seinem Körper wirken dabei wie offene Wunden und sind dafür da, ihn abzukühlen. Auch seine Zerstörungskraft wächst mit jeder Form und es wirkt unaufhaltsam. Es hat dabei nicht nur den ikonischen Atomic Breath, sondern auch Laser, die es aus seinem Schweif und seinem Körper schießen kann.
Die wohl stärkste Fähigkeit aus Shin Godzilla ist die schnelle Anpassung. Er passt sich jeder Situation an und mutiert zeitgleich. Das zeigt sich auch in seiner letzten Form. Die Menschen schaffen es, das Monster zu besiegen, indem sie es einfrieren. Doch statt eines toten Körpers sieht man eine 5. Form.
Aus seinem Körper wachsen anscheinend kleine Kreaturen, die an humanoide Wesen erinnern. Hierbei sieht Godzilla schon fast aus wie ein Wesen aus Cosmic-Horror werken. Zwar weiß man nicht, was als Nächstes passiert, doch diese humanoiden Wesen passen zur stetigen Evolution von Shin Godzilla.
Die menschliche Verzweiflung
Warum ist das so gruselig? Shin Godzilla repräsentiert wie nur wenige Horrorwerke eine besondere Art der Verzweiflung. Wie schon der erste Godzilla ist auch dieses Monster ursprünglich nur entstanden, weil die Menschen nukleare Waffen genutzt haben.
Es wurde ein Monster erschaffen, das kaum sterben kann, weil es sich unweigerlich weiterentwickelt und dabei scheinbar auch Schmerzen erleidet. Im Film wird Godzilla auch Inkarnation von Gott genannt und könnte auch als Strafe interpretiert werden, die die menschliche Evolution nachahmt. Vor allem seine letzte Form passt dazu.
Die Verzweiflung der Menschen wird auch vom Soundtrack aufgegriffen. Für den ist Shiro Sagisu verantwortlich, den Fans von Neon Genesis Evangelion oder Bleach kennen könnten. Mit Stücken wie Persecution of the Masses oder Who Will Know setzt Sagisu auf weniger epochale Klänge, sondern auf ruhigere Operngesänge.
In Persecution of the Masses wird von Unschuldigen gesungen, denen man keine Schuld geben soll. In Who Will Know wird gefragt, ob man sich an die Person erinnern wird. Das verdeutlicht die Situation der normalen Mitbürger, die nichts für die Erschaffung von Godzilla können, aber trotzdem darunter leiden.
Hideaki Anno beschäftigte sich schon in Neon Genesis Evangelion mit dem Untergang der Menschen, den sie selbst ausgelöst haben. Godzilla verwandelt sich von einem harmlosen Lebewesen in ein perfides Objekt der Zerstörung. Die Menschen der zerstörten Städte können sich nicht wehren und sind auf die Regierung angewiesen. Dafür greift Hideaki Anno auf ein tragisches Ereignis als Inspirationsquelle zurück.
Wie schon das Original basiert Shin Godzilla auf einem Trauma
Was steckt hinter Shin Godzilla? Schon 1954 war Godzilla nicht einfach nur ein Film über ein riesiges Monster, es war die Aufarbeitung eines historischen Traumas. Das trifft auch auf Shin Godzilla zu, denn der Film ist eine Metapher für die Fukushima-Katastrophe, die 2011 passiert ist (via The Crescent Magazine).
Am 11. März 2011 kam es in Japan zu einem starken Erdbeben, bei dem es zu Schäden im Kraftwerk Fukushima kam. Es wurden radioaktive Stoffe in der Atmosphäre und im Wasser freigesetzt und alles rund um die Umgebung verseucht.
Die Metapher für eine gesellschaftliche Katastrophe zeigt sich auch in einem wichtigen Aspekt des Films: den Politikern. Im Film verbringt man viel Zeit mit Politikern, die während der Zerstörung Japans darüber diskutieren, welches Ministerium sich um welches Problem jetzt kümmern muss und welche bürokratischen Maßnahmen man ergreift.
Das sind keine actionreichen Szenen, aber sie symbolisieren auch die Kritik am Fukushima-Vorfall. Auch beim Fukushima-Vorfall kam Kritik an der Regierung, den Behörden und dem Katastrophenmanagement auf, weil sie zu spät handelten (via nuklearforum.ch).
Warum ist Shin Godzilla gruselig? Shin Godzilla setzt nicht auf Jump Scares, Geister oder brutale Kills. Der Film erinnert aber an Cosmic-Horror. Godzilla ist eine Naturgewalt, die vom Menschen erschaffen wurde. Es zeigt, dass Menschen etwas erschaffen können, das man nicht mehr aufhalten kann und das Ende der Menschheit bedeuten könnte.
So hilflos wie man sich in vielen Situationen fühlt, wenn man sich die Nachrichten anschaut, so hilflos fühlen sich auch die Menschen in Shin Godzilla. Das hat das Monster schon 1954 repräsentiert und auch 2016 in seiner Neuinterpretation. Ich hatte nach langer Zeit wieder richtig Gänsehaut im Kino und schuld ist Godzilla Minus One
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