Resident Evil 5 – im Klassik-Test (PS3 / 360)

Seite 1

Spiel:Resident Evil 5Publisher:CapcomDeveloper:CapcomGenre:ActionGetestet für:360, PS3Erhältlich für:360, PS3USK:19Erschienen in:4 / 2009

”Ja, es ist es wert!” Den letzten Worten von Resident Evil 5-Darsteller Chris Redfield kann man sich nur anschließen: Die gut 16 Spielstunden belohnen einen mit packenden Gefechten, toller Grafik und einem ausgefeilten Koop-Part. Teil 5 spielt sich rund und der hohe Produktionsaufwand wird an jeder Ecke sichtbar: Seien es die flüssigen Animationen, die verschwenderischen Details in den Levels, die wunderbar grotesken Bossgegner oder die oft mehrere Minuten langen Zwischensequenzen mit ihren filmreifen Kampfchoreographien – Capcom hat das Portemonnaie weit geöffnet und ein ­Action-Spiel abgeliefert, das mit jedem Bildschirm­pixel selbstbewusst ’Ich bin ein Blockbuster’ verströmt.

Action-Spiel? Kein Horror? Richtig gelesen. Mehr noch als der Vorgänger entfernt sich Teil 5 von seinen Zombiefilm-Wurzeln: Schockmomen­te sind ebenso Fehlanzeige wie typische Gruselschauplätze à la Schlosskerker oder einsames Herrenhaus. Dazu kommen ein streng lineares Level­design, deutlich mehr Gegner pro Quadratmeter sowie ein fast zwei Dutzend Waffen umfassendes Arsenal an meist großkalibrigen Wummen. Bezeichnend, dass Ihr gleich in den ersten Spielstunden Shotgun, Maschinenpistole, Scharfschützengewehr und sogar einen Magnum-Revolver findet.

Wer die ersten erforschungs- und rätsellastigen Resident Evil-Episoden als Maß der Dinge ansieht und die Neuausrichtung in Teil 4 mit Grausen verfolgt hat, macht demnach besser einen Bogen um Resident Evil 5.

Wer sich nicht zu dieser Gruppe zählt und eine Schwäche für Action-Games hat, darf mutig den Vorbestell-Button drücken und ab 13. März im Duett infizierte Feinde meucheln. Der Team-Aspekt ist Kern und zugleich große Stärke von Teil 5: Von Beginn an sind Chris Redfield und Sheva Alomar (beides Mitglieder der Anti-Terroreinheit BSAA) auf Gedeih und Verderb miteinander verbunden. Ob Banales wie das Verschieben von schweren Containern, das Eintreten von verkeilten Stahltüren oder Komplexeres wie das taktische Aushebeln eines Bossgegners, der nur an einer Stelle am Rücken verwundbar ist – Zusammenarbeit zieht sich wie ein roter Faden durch das Abenteuer. Segnet eine der Spielfiguren das Zeitliche, heißt es ’Game Over’.

Seite 2

Spielt Ihr ohne menschlichen Partner, übernimmt die CPU die Kontrolle von Sheva. Und das macht sie mit Bravour: Ab und an steht Sheva zwar kurz in der Schusslinie oder stirbt, weil sie zu forsch attackiert hat; die meiste Zeit aber unterstützt sie Euch mit präzisen Schüssen, dem Verabreichen von Heilsprays oder -pflanzen in brenzligen Situationen und dem selbstständigen Einsammeln von Items. Sheva ist sogar so clever, dass sie Euch Munition ­weiterreicht, wenn sie damit nichts anfangen kann (weil sie die entsprechende Waffe nicht besitzt) oder Ihr dringend Nachschub braucht. Zudem legt Ihr auf Knopfdruck fest, ob Eure Partnerin passiv (’Decken’) oder aktiv (’Angreifen’) agieren soll: Diese Funktion ist vor allem auf höheren Schwierigkeitsstufen entscheidend, wenn es um das Ausschalten von robusten Gegnern geht. ’Decken’ bedeutet, Sheva bleibt in Eurer Nähe, feuert kontrolliert mit der Standardpistole und heilt Euch sofort bei Bedarf. ’Angreifen’ heißt, sie zückt großes Kaliber und stürmt gen Feind: Das führt dazu, dass sie einerseits die Aufmerksamkeit auf sich zieht, andererseits nicht mal schnell ein Heilitem anwenden kann, weil sie nicht an Eurer Seite ist. Überlegt Euch also gut, in welcher Situation welche Taktik angebracht ist.

Spielt Ihr mit einem menschlichen Partner (wahlweise via Splitscreen, Netzwerk oder online; Einstieg nur nach jeder Mission möglich), müsst Ihr Eure Vorgehensweise absprechen und gesammelte Items gerecht aufteilen. Im Spiel lassen sich Gegenstände nur in Echtzeit und in unmittelbarer Nähe zueinander tauschen – erfolgt bei dieser Aktion eine Attacke, steckt Ihr den Treffer ein! Nach dem Abschluss eines Unterkapitels (z.B. 2-1) verwaltet Ihr Items gefahrlos: Kauft neue Waffen oder Heilsprays, verscherbelt ungenutzte Wummen oder gesammelte Schätze, verbessert MG & Co. mit höherer Magazinkapazität oder Durchschlagskraft und arrangiert Euer Inventar neu. Widmet Letzterem ruhig die ein oder andere Gedenkminute: Da in Resident Evil 5 vier Objekte erstmals per Steuerkreuz schnell gewählt werden dürfen, ist die Platzierung in dem 3 x 3 Kästchen großen Inventar entscheidend. Gegenstände, die Ihr ablegen, aber nicht wegwerfen wollt, bunkert Ihr im zweiten Inventar, das ausschließlich nach einer Missionen zugänglich ist – eine Reminiszenz an die Kisten früherer Resident Evil-Episoden. Ein prägendes Serien-Detail wurde zudem entsorgt: Gespeichert wird nun regelmäßig automatisch und nicht mehr via Schreibmaschine und Farbband.

Seite 3

Wie eingangs erwähnt, ist Teil 5 eine dezent veränderte HD-Ver­sion von Resident Evil 4. Klar, die Schauplätze haben sich gewandelt: ein afrikanisches Dorf in sengender Mittagssonne, eine an ”Tomb ­Raider” erinnernde Ruinenstadt unter der Erde, eine technisch-kühle Erdölraffinerie – ein deutlicher Bruch mit den typischen, fast schon romantisch wirkenden Grusel-Lokalitäten früherer Teile; und vor allem Geschmack­sache.
Der Spielverlauf lässt Euch wie in Teil 4 kaum Zeit zum Luftholen. Das Tempo ist dermaßen hoch, Ihr fliegt förmlich durch das Abenteuer: hier ein Storyschnipsel um die Herkunft des Progenitor-Virus, da eine Rückblende auf den letzten Einsatz von Chris Redfield und seiner ehemaligen Partnerin Jill Valentine; hier ein Kampf gegen ein Dutzend infizierter Menschen, da ein Duell gegen eine furchterregende Tiermutation; hier eine Verfolgungsjagd durch die Savanne, da ein Quick-Time-Event mit Todesgarantie beim Drücken der falschen Taste – eine Mischung, die schon bei Resident Evil 4 für Begeisterung sorgte.

Das tut sie auch hier. Allerdings wirkt Teil 5 an vielen Stellen schematisch. Hebel ziehen, Türen auf, Gegner rein – dieses Muster ist nicht gerade originell und kommt häufig vor. Der Vorgänger war in dieser Hinsicht weniger vorhersehbar und organischer aufgebaut. Dort gab es zum Beispiel wesentlich mehr Abschnitte, die bereits mit Feinden gefüllt waren: Sie lauerten in Hütten und Gängen und mussten nicht erst sichtbar ins Level gelassen werden – das hielt den Spielverlauf frisch.

Hoffnungslos veraltet oder perfekt an das Spielkonzept angepasst? Die Kontrollen gleichen dem Schema von Resident Evil 4 und bieten auf Wunsch zusätzlich das Seitwärtslaufen an. Allerdings funktioniert dies nicht, während Ihr eine Waffe in der Hand haltet: Wollt Ihr mit dem Messer zustechen oder schießen, müsst Ihr stehenbleiben. Rennen, zielen und ballern gleichzeitig wie in EAs SciFi-Horror Dead Space ist nicht möglich.

Für diese Designentscheidung spricht das auf Präzision ausgelegte Kampfsystem: Um tödliche Kopftreffer zu landen oder Feinden gezielt ins Bein zu schießen, bedarf es trotz Laserpointer einer ruhigen Hand. Gerade das Anvisieren von Extremitäten ist auf höherer Schwierigkeitsstufe unumgänglich – nur so könnt Ihr eine Nahkampfattacke starten und großen Schaden anrichten, ohne eine Kugel zu verschwenden (siehe Bilderserie oben). Dagegen spricht das umständliche Manövrieren während eines Kampfes: von den Feinden weglaufen, 180°-Drehung, zielen, schießen – elegant und dynamisch sieht anders aus. Am Ende ist es Geschmacks- und Gewöhnungs­sache. Wir haben im gesamten Spiel keine Stelle entdeckt, die aufgrund der eigenwilligen Kontrollen unfair wäre. Im Gegenteil: Die Steuerung ist präzise und eingängig, nach kurzer Einarbeitungszeit wirkt sie bereits vertraut.

Habt Ihr das Hauptspiel beendet, geht es erst richtig los. Es warten neue Kostüme, Grafikfilter, Ministatuen und mit ’Söldner’ sogar ein neuer Modus: Letzterer gleicht dem aus Teil 4 (der nicht in der deutschen Version enthalten war) und bietet abgeschlossene Maps, auf denen Ihr in Arcade-Manier innerhalb eines Zeitlimits Feinde meuchelt.

Meinung

Thomas Stuchlik meint: Über die Jahre habe ich die Marke Resident Evil schätzen gelernt. Von Teil 4 war ich allerdings noch nie ein Freund – doch bei Resident Evil 5 packte mich wieder die Spielfreude. Ich kämpfe mich verbissen durch die Zombiehorden; dank des ausbalancierten Spielverlaufs und der fairen Checkpoints kommt selten Frust auf. Auch grafisch fährt das packend inszenierte Abenteuer dicke Geschütze auf. Was ich jedoch vermisst habe, sind Schockmomente und gruselige Szenarien. Aufgrund des Action-Schwerpunkts kommt die Atmosphäre etwas kurz. Das größte Manko bildet jedoch die Linearität, die Euch nicht einmal das Zurückgehen in bereits besuchte Bereiche gestattet. Dennoch: Viele Anspielungen auf die vorigen Teile und bekannte Personen lassen mich wieder liebend gern ins Resident Evil-Universum eintauchen.

Oliver Schultes meint: Meine Kollegen können an Steuerungsdetails nörgeln oder den mitunter vorhersehbaren Spielverlauf kritisieren: Resident Evil 5 ist ein Action-Knaller, der etwaige Konkurrenz mit hervorragender Präsentation, tadellosem Koop-Modus, einwandfreier Spielbarkeit und riesigem Umfang schockt. Während der etwa 16 Stunden dauernden Kampagne gibt es nur ein, zwei kleine Durchhänger wie das aufgesetzt wirkende Spiegel­verstell-Rätsel im Tomb Raider-Stil. Die gruselfreien, sehr technischen Schauplätze sind Geschmacksache: Insgesamt hatten die Levels in Resident Evil 4 aber mehr Flair und Wiedererkennungswert. Als Serienfan freute ich mich über das ein oder andere Aha-Erlebnis in Bezug auf die übergreifende Story – ein Meilenstein in Sachen interaktiver Erzählung ist allerdings auch Teil 5 nicht geworden.

Matthias Schmid meint: Es hat (zu) lange gedauert: Erst nach zehn Spielstunden hatte mich Resident Evil 5 komplett in den Bann gezogen; endlich wurden der Spielverlauf abwechslungsreicher, die Story besser und die Shootouts überraschender. In der ersten Spielhälfte haben mich das ­lineare Leveldesign und die vorhersehbaren Gegner­wellen (keiner da -> Artefakt ge­klaut -> 10 Feinde tauchen auf) stellenweise sogar gelangweilt. Überhaupt finde ich das Spiel in allerlei Hinsicht altmodisch: viele Menüs, viele Textfiles, viele Ladezeiten. Unnötigen Stress wiederum beschert mir das Echtzeit-Inventar, außerdem vermisse ich den Händler und das Kombinieren von Schätzen. Doch genug gemeckert: Auf der Habenseite stehen die Spitzengrafik,­ pompöse Bossfights, meine superschlaue Kollegin und der vielleicht beste Koop-Modus der Actionwelt.

Michael Herde meint: Trotz einiger altbackenen Entscheidungen der Entwickler hat das ungruselige Action-Fest bei mir gezündet: Der Umfang stimmt und der Wiederspielwert ist nicht zuletzt wegen des famosen Zweispieler-Modus ­enorm hoch. Das Koop-Konzept überzeugt zwar schon mit der hervorragenden KI-Partnerin, doch erst zu zweit läuft Resident Evil 5 zur Höchstform auf.

Wertung

erscheint ungeschnitten in Deutschland
Koop-Modus: Splitscreen, System-Link oder online
hoher Langzeitspaß dank vieler freispielbarer Extras

Nicht so rund wie Teil 4, aber immer noch ein klasse Action-Spiel mit vorzüglichem Koop-Feature und großem Umfang.

Singleplayer88MultiplayerGrafikSound

Leave a Reply

Your email address will not be published. Required fields are marked *