Atomfall – im Test (PS5)

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Spiel:AtomfallPublisher:RebellionDeveloper:RebellionGenre:Action-AdventureGetestet für:PS5Erhältlich für:PS4, PS5, XOne, XSXUSK:18Erschienen in:5 / 2025

Dass Kernkraft kein Spielzeug, sondern pure, für das bloße Auge unsichtbare Energie mit viel Potenzial für Katastrophen und Schindluder ist, müssen auch die Bewohner der Region Windscale im beschaulichen Nordengland feststellen. Nachdem 1957 der erste Super-GAU der Geschichte das Gebiet in eine Sperrzone verwandelt hat, erwachen wir fünf Jahre später als namenloser Überlebender in einem Bunker. Natürlich haben wir keine Erinnerung mehr und möchten nun unbedingt herausfinden, wer wir sind und was zur Hölle wir hier überhaupt verloren haben. Entsprechend planlos stolpern wir also hinaus in die wundersame Welt von ”Atomfall”.

Bereits nach wenigen Metern stellen wir fest, dass der unweigerliche Vergleich zur Fallout– und S.T.A.L.K.E.R.-Reihe zwar optisch gerechtfertigt ist, sich Atomfall in Sachen Inhalt und Spielmechaniken aber überraschend anders präsentiert. Statt unzähligen Questmarkern, Sehenswürdigkeiten und Sammelgegenständen zeigt uns nämlich der erste Blick auf die Karte, dass diese so leer ist wie ein Ghoul-Kopf nach der Kernschmelze. Atomfall setzt von Anfang an auf die Neugier und die Eigenständigkeit der Spieler, weshalb wir lediglich anhand von Hinweisen, die wir in Gesprächen mit Überlebenden, Büchern oder Notizen aufschnappen, eine grobe Richtung vorgegeben bekommen, in die wir uns begeben sollen.

Dabei durchstreifen wir vier kleinere, durch kurze Ladezeiten voneinander getrennte Gebiete rund um den havarierten Reaktor und lernen so die Umgebung besser kennen. Das militärisch besetzte Städtchen Wyndham beispielsweise dient als prima Ausgangspunkt für die ersten Missionshinweise, verlangt aber gute britische Manieren. Wer wild mit einer rostigen Axt oder einem ranzigen Revolver herumfuchtelt, wird zunächst bestimmt, bald jedoch mit Gewalt auf die Regeln innerhalb der ­Stacheldrahtzäune hingewiesen und mutiert zum Schrecken der überwiegend friedlichen Dorfbewohner. In Slatten Dale hingegen treiben zahlreiche Banditen und Gesetzlose ihr Unwesen, hilfreiche Tipps von Touristen, wie man alte Minen und verlassene Gebäude plündert, sind hier nicht wirklich erwünscht. Für Naturliebhaber bietet sich ein Ausflug in die von Druiden und mutierten Pflanzen besetzten Casterfell Woods an, während Technikfans in ­Skethermoor die Verbundenheit zwischen Farmland und schießwütigen Hightech-Militärrobotern bewundern dürfen.

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Doch bitte nicht zu aufdringlich werden, denn jeder Kampf ist eine Herausforderung und könnte der letzte sein! Zwar besteht das Kampfsystem nur aus simplen Angriffen und Tritten, die, sobald man das richtige Timing gefunden hat, sehr hilfreich sind. Jedoch sind Auseinandersetzungen mit mehr als einem Gegner durchaus mit Vorsicht zu genießen. Schusswaffen finden wir in verschiedenen Ausführungen früh im Spiel, allerdings ist Munition rar und der Platz im Inventar so eng bemessen, dass selbst die Herstellung von Sprengstoff, Gegengift oder Bandagen immer wohlüberlegt sein will. Nicht selten wägen wir also ab, ob wir die blutende Wunde versorgen oder lieber die Pistole des kürzlich verblichenen Soldaten einkassieren wollen. Diese lässt sich bei Händlern lediglich gegen andere Waren und wichtige Gegenstände eintauschen oder im Zweifelsfall in einem als Rohrpost getarnten Lager verwahren. Ob wir dieses später allerdings wiederfinden, ist eine offene Frage – sofern wir keine eigenen Marker setzen, fehlen nämlich auch hier jegliche Kartenhinweise, sodass ein gutes Gedächtnis gefragt ist.

Während wir in der Postapokalypse ums Überleben kämpfen, stoßen wir immer wieder auf die britisch-markanten roten Telefonzellen. Der unbekannte Anrufer spricht wirres Zeug, lediglich die Message, dass Oberon sterben muss, lässt sich schnell wahrnehmen. Wer oder was Oberon ist, finden wir erst später heraus und so konzentrieren wir uns lieber auf das Auffinden von Handbüchern, um die wenig einflussreichen Fertigkeiten etwas aufzumotzen. Zwar lernen wir, wie man Stolperfallen entschärft oder Sporen erntet, wirklich essenziell fühlt sich das krude, kaum erklärte System allerdings nicht an. Die Hoffnung, uns so besser in den gefährlichen und gruseligen Bunkern gegen Mutanten und verrückte Wissenschaftler behaupten zu können, schwindet jedoch schnell, sobald wir unvorsichtig werden. Denn mit Wummen kommt man hier nicht weit, obwohl man beim Thema Waffengefühl die ”Sniper Elite”-Wurzeln deutlich spürt. Hat man einen der vielen Untergrundausflüge überlebt und ordentlich Beute ins viel zu kleine Inventar gepackt, breitet sich ein gewisses Gefühl des Triumphes aus – das leider nur kurz anhält, denn Charakterfortschritt oder Levelsys­tem fehlen komplett.

Wenn wir nicht gestorben sind, durchstreifen wir also noch ­heute Atomfall auf der Suche nach neuen Hinweisen statt Quests, vermöbeln Gesetzlose und freuen uns an der Freiheit dieses Sur­vival-Spiels.

Meinung

Fabiola Günzl meint: Atomfall hebt sich durch seine definierbaren, anspruchsvolleren Schwierigkeitsgrade und die vielen Missionsstränge samt gelungener Story von der Survival-Masse ab. Da es auf dem Weg zum nächsten Hinweis oft zu unerwarteten Entdeckungen kommt, fühlt sich das Erkunden trotz Backtracking selten langweilig an, und dass uns das Spiel kaum an die Hand nimmt, sorgt für frischen Wind auf der Konsole. Die hübsche, wenn auch nicht perfekte Inszenierung passt super zur audiovisuellen Gestaltung, jedoch nicht zur wenig schlauen Gegner-KI. Obwohl die Stealth-Mechanik trotz angedeuteter Optionen wie hohes Gras quasi nicht vorhanden ist und uns die Feinde schnell entdecken, stellen sich diese insbesondere bei den Kämpfen arg dumm an. Wer kennt sie nicht, die artig in Reihe stehenden Angreifer, die schön warten, bis jeder einzeln die Leiter ins Verderben erklimmen darf? Freunde von Detektivarbeit und Erkundung werden hier deutlich mehr belohnt als Kämpfer.

Wertung

Gewichtung von Kampf, Erkundung und Survival einzeln einstellbar
Waffenupgrades komplett unnütz
detaillierte Spielwelt

Unkonventioneller Mix aus Erkundungs-, Kampf- und Überlebens­taktiken, der seine Makel nicht versteckt und viele spielerische Freiheiten lässt.

Singleplayer73MultiplayerGrafikSound

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