Seite 1
Weil es nicht gelang, den Xbox-Hit The Chronicles of Riddick: Escape from Butcher Bay auf der Xbox 360 spielbar zu machen, plante Entwickler Starbreeze (The Darkness) ein Next-Gen-Remake; nicht zuletzt, um das düstere Vin-Diesel-Abenteuer einer größeren Zielgruppe zugänglich zu machen. Ursprünglich sollte die Butcher Bay-Episode nur um ein Bonuskapitel erweitert werden, doch dann versank das Projekt mit der Fusion von Publisher Vivendi und Activision in der Versenkung. Kürzlich tauchte es in den Releaselisten von Atari wieder auf und versprach noch mehr Umfang: Aus dem zusätzlichen Kapitel ist eine eigenständige Episode geworden, die den Vorgänger zwar nicht in den Schatten stellt, ihm aber auch keine Schande bereitet. Zudem findet sich auf dem Silberling erstmals auch ein Mehrspieler-Modus.
Die beiden Episoden Escape from Butcher Bay und Assault on Dark Athena knüpfen inhaltlich direkt aneinander an. Am Ende der zweiten Episode, die von Beginn an im Startmenü wählbar ist, findet sich jedoch kein Bezug zu den beiden chronologisch später angesiedelten Kinofilmen ”Pitch Black” und ”Riddick: Chroniken eines Kriegers”. Butcher Bay führt Vin Diesel in seiner Paraderolle als wortkarger Mörder in eines der gefährlichsten Hochsicherheitsgefängnisse. Kopfgeldjäger Johns hat den kahlrasierten Killer gefasst und liefert ihn dem Gefängnisleiter Hoxie aus. In den folgenden Spielstunden begleitet Ihr Riddicks Flucht fast durchweg aus der Ego-Perspektive, nur beim Klettern und Heilen wechselt die Perspektive und wir werfen einen Blick auf das aufpolierte, dennoch etwas karge Charaktermodell von Vin Diesel, der seinem Alter Ego auch die Stimme leiht. Mangels deutscher Sprachausgabe aktiviert Ihr Untertitel, die auch auf Standardfernsehern gut lesbar sind.
Schnelle Spieler flüchten aus Butcher Bay in gut sechs Stunden, wer die zahlreichen Nebenaufgaben erledigen möchte, verbringt deutlich mehr Zeit in den verschiedenen Bereichen des Knastkomplexes. Ehe Riddick seine Fluchtversuche startet, verschafft er sich unter den Mithäftlingen Respekt, indem er für sie verschiedenste Dinge organisiert, sich in Konflikte einmischt oder unliebsame Tyrannen ausschaltet. So besorgt Ihr eine Liste mit Spitzeln oder tragt vor den Augen der Wachen Duelle auf Leben und Tod aus. All das erinnert in seinem Aufbau häufig an die Nebenmissionen in The Darkness, ist hier aber stimmiger integriert.
Schleichen und unbemerktes Vorgehen stehen auf dem Weg in die Freiheit im Mittelpunkt, immerhin sind alle Schusswaffen genetisch gesichert. Zurückgelassene Waffen besiegter Gegner verpassen Riddick einen schmerzhaften Stromschlag, erst nach der Hälfte der Spielzeit dürft Ihr die Wummen nutzen. Meist haltet Ihr Euch unbemerkt im Schatten auf; duckt Ihr Euch zusätzlich, färbt sich der Bildschirm blau und Riddick ist nicht mehr zu sehen. Mit gedrückter Schultertaste lehnt Ihr Euch um Ecken und bleibt unsichtbar, obwohl Ihr eigentlich gesehen werden müsstet. Das ist zwar unlogisch, aber spielerisch praktisch und sinnvoll. Denn obwohl die Gegner nie überraschend clever agieren, machen sie Euch das Leben doch häufig schwer. Erblicken sie den Schein Eurer Taschenlampe oder hören sie Geräusche, sehen sie regelmäßig nach.
Seite 2
Oft ergibt sich dadurch eine Möglichkeit, mit einem der verschiedenen Nahkampfmanöver zuzuschlagen: Riddick kann seine Gegner hinterrücks lautlos ausschalten oder mit Messern, Schraubendrehern und seinen Fäusten den Garaus machen. Da es im Spiel meist recht dunkel zugeht, fällt die teils derbe Gewalt der Finisher kaum auf und fügt sich ins düstere Gesamtbild ein.
Besser als der offene Kampf gegen mehrere Wachen ist in der Regel die Flucht durch Lüftungsschächte oder der schnelle Wechsel zwischen den Schatten, um dann aus der Finsternis heraus gezielt anzugreifen. Besonderes Lob gebührt hier dem intelligenten Leveldesign, das trotz des wiederholten Backtrackings nie langweilt und bis zum Ende genauso überrascht wie die stimmungsvoll erzählte Geschichte. Die erste der beiden Episoden macht es Euch dank pointierter Dialoge und cooler Charaktere leicht, in Riddicks Welt abzutauchen. Im Verlauf der Story erfahren wir sogar, woher Riddicks Fähigkeit stammt, im Dunkeln zu sehen. Fortan habt Ihr auch in den finstersten Winkeln den Durchblick, wechselt Ihr jedoch ins Licht, seid Ihr blind. Setzt also via Steuerkreuz die Sonnenbrille wieder auf.
Escape from Butcher Bay ist der Höhepunkt bisheriger Film-Spiele, die neue Episode Assault on Dark Athena fällt im Vergleich dazu ab, wenn auch nur ein wenig. Die Grafik ist zwar durchweg einen Tick besser als im Remake, doch der Spielverlauf gestaltet sich simpler und die Story deutlich schwächer. Nach seiner Flucht aus dem Gefängnis fällt Riddick Söldnern in die Hände, die auf ihrem Raumschiff, der titelgebenden Dark Athena, Menschen in hirnlose Kampfdrohnen verwandeln. Das genügt weder für eine vernünftige Story, noch rechtfertigt es die schwache KI. Manche Widersacher vergessen allzu schnell, dass sie mich eben noch mit ihrer Taschenlampe erspäht und aufs Korn genommen haben, andere rennen vereinzelt sinnlos umher.
Wo Ihr im Butcher Bay-Remake neuerdings auch an Bord eines Mechs Platz nehmt, da steuert Riddick im Sequel wiederholt Drohnen. Spielerisch ist das in beiden Fällen weniger beeindruckend als die coole Inszenierung und gelungene Einbettung in das Leveldesign. Ebenfalls gelungen sind kleine Rätseleinlagen: Um an einer Stelle in einen anderen Raum zu gelangen, müsst Ihr eine Drohne erledigen, sie durch einen Schacht zerren und mit ihrer Waffe auf die Glasscheiben der Tür schießen. Derartige Einfälle trösten über den fehlenden Mut zu Neuem hinweg, denn großteils wirkt Dark Athena wie eine – wenn auch ordentliche – Kopie des fünf Jahre alten Vorgängers mit erhöhtem Balleranteil.
Auf 15 Karten finden erstmals auch Online-Gefechte im Riddick-Universum statt. Neben typischen Deathmatch-Varianten sticht vor allem der ’Pitch Black’-Modus hervor: Ein Spieler ist Riddick, alle anderen haben Waffen mit Lampen. Je schwächer die Wumme, desto mehr Licht habt Ihr. Riddick versucht, möglichst viele Gegner auszuschalten; wer ihn besiegt, übernimmt seine Rolle. Wie viel Spaß das tatsächlich macht, werden wir erst nach Erscheinen des Spiels feststellen. Aus diesem Grund reichen wir die Wertung in der nächsten Ausgabe nach.
Meinung
Michael Herde meint: Ich kam erst jetzt, fünf Jahre nach dem Original, in den Genuss von Butcher Bay und bin begeistert! Riddick ist ein cooler Hund und sein Spiel wirkt heute noch in manchen Punkten frischer als die Action-Konkurrenz. In Sachen Komplexität hat Solid Snake zwar die Nase vorn, doch die düster-brutale Mischung aus Dialogen, Stealth und Action fesselt ans Pad. Die Dark Athena-Episode spielt sich dank zusätzlicher Elemente wie den Drohnen angenehm anders, bietet aber ansonsten nichts Neues. Die Story ist lahm, die Gegner stereotyp, dafür entschädigt die frische SCAR Gun, mit der ich fernzündbare Granaten verschieße. Als Gesamtpaket ist das Spiel eine Wucht – da sieht man gerne über den schwächeren zweiten Teil und kleine Ungereimtheiten hinweg: Hin und wieder irrte ich umher, weil ich nicht wusste, wo es weitergeht. Eine brauchbare Karte fehlt leider.
Wertung
schaltet zahlreiche Artworks frei
Vin Diesel spricht sich selbst
zwei Spiele auf einer Disk
inklusive Mehrspieler-Modus
Diesel-Power: ein fantastisches Remake, eine ”nur” gute Fortsetzung und ein pfiffiger Online-Part für Schleich-Action-Fans.
Singleplayer83MultiplayerGrafikSound
