Ein 23 Jahre altes MMORPG hat das beste Klassensystem überhaupt und seitdem kam keines dem auch nur nahe

In den letzten 20 Jahren hat ein Spiel den MMORPG-Markt wie kein anderes dominiert: World of Warcraft. Aber für MeinMMO-Redakteur Benedict Grothaus war ein noch etwas älteres MMORPG wegweisend: Ragnarok Online. Bis heute schwärmt er davon und ist besonders ins Klassensystem verliebt, das seinesgleichen sucht.

Ich habe ja schon vieles ausprobiert. Wildstar wird für immer eine verlorene Liebe sein, The Secret World hat mir die besten Quest-Erfahrungen geschenkt, solange es wirklich gelaufen ist, und World of Warcraft bin ich seit kurz vor The Burning Crusade durchgehend treu.

Noch bevor ich damals mit WoW angefangen habe, war ich allerdings schon Abonnent bei Ragnarok Online. Das isometrische MMORPG erinnert allein optisch stark an das sicherlich deutlich bekanntere Tibia oder auch an RuneScape.

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Damals musste ich noch meine Eltern anbetteln, mir mal wieder 3 Monate Spielzeit zu kaufen, und vermutlich war das einer der Gründe, warum ich sonst wenig bis kein Taschengeld bekommen habe. Aber selbst im erwachsenen Rückblick war es das wert.

Das koreanische MMORPG spielt in einer Welt, die an die nordische Mythologie angelehnt ist, die mich bis heute fasziniert. Was mich aber vom ersten Moment an in den Bann gezogen hat, war das Klassensystem.


Autoplay

„Jobs“ statt Klassen mit einem echten Gefühl des Fortschritts

Anders als bei den meisten MMORPGs sucht ihr euch in Ragnarok Online keine Klasse bei der Charakter-Erschaffung aus. Stattdessen habt ihr Punkte, die ihr in verschiedene Attribute wie Intelligenz, Geschick und Stärke stecken könnt – wie in Dungeons & Dragons.

Jeder startet als „Novize“ und muss für die ersten Stufen erst einmal auf (mehr oder weniger) wehrlose Feinde einprügeln. Dabei wird zwischen Charakter-Stufe und Job-Stufe unterschieden: Das eine steigert eure Attribute, das andere eure Skills.

Ab Job-Level-10 als Novize dürft ihr dann euren ersten Beruf auswählen und allein das ist schon ein Abenteuer. Denn jeder Beruf wird in einer anderen Stadt gelehrt, die eben für diesen Berufsstand bekannt ist. Ich bekomme heute noch aus dem Kopf jede Stadt hin:

Swordsmen wird man in Izlude

Archer in Payon

in Alberta werden Merchants ausgebildet

Thieves haben ihr Hauptquartier in Morocc

die magische Stadt Geffen beherbergt die Akademie für Mages

und wer sich der Kirche anschließen will, wird Acolyte in Prontera.

Die Jobs haben nicht nur fürs reine Kampf-Gameplay Relevanz, wie es oft in MMORPGs der Fall ist. Es sind echte „Berufe.“ So können etwa nur Merchants auch wirklich Shops eröffnen, um Items an andere Spieler zu verkaufen. Ihre weiterführenden Berufe stellen Tränke her oder schmieden Gegenstände.

Jeder Job-Wechsel ist mit einer Quest verbunden, die mehr oder weniger einfach zu meistern ist. Diese Aufnahmeprüfungen dienen als Narrative, um euch in die Welt zu ziehen. Da Ragnarok Online sonst kaum Storytelling über Quests hat, war jede dieser Job-Quests immer ein Highlight für mich.

So sieht einer der Schritte in der Charakter-Erschaffung aus. Bildquelle: Fandom

Ragnarok Online hat das Klassensystem über Jahre hinweg verbessert

Hier ist dann aber noch nicht Ende. Ab einem Job-Level von mindestens 40 könnt ihr euch für einen „second Job“ entscheiden. Jede Klasse hat von da an zwei Pfade, die sie weiterverfolgen kann, um sich zu spezialisieren und bestimmte, klassische MMORPG-Rollen auszufüllen:

Swordsmen werden Knights oder Crusader.

Archer werden Hunter, männliche können noch Barden und weibliche Dancer werden.

Mages können zum Wizard oder zum Sage aufsteigen.

Merchants werden Blacksmiths oder Alchemists.

Als Thieve könnt ihr Assassin oder Rogue werden.

Acolytes bekommen entweder die Weihe zum Priester oder werden zum kämpferischen Monk.

In den späteren Updates wurde das Klassensystem noch weiter ausgebaut. So gab es mit dem „Renewal“-Update die Möglichkeit, „wiedergeborene“ Charaktere zu spielen: mit Erreichen der Maximalstufe könnt ihr euch auf Level 1 zurücksetzen lassen, werdet zum „Super Novice“ und beschreitet transzendierte Job-Pfade.

Weiterführend wurde dann noch eine dritte und sogar vierte Ebene an Jobs eingeführt, die schließlich das Nonplusultra der Klasse darstellen. Die haben es aber nie nach Europa geschafft.

Über die Jahre hinweg kamen dann noch viel mehr Jobs hinzu, etwa sogenannte „Extended Classes“ wie Taekwon Boy/Girl, Ninja oder Gunslinger, die jeweils ihre eigenen Karrierepfade haben.

So sieht das Klassen-Flowchart im internationalen Ragnarok Online aus.

Der ständige Grind passt zum Leveln

Wenn ihr jetzt denkt, dass das alles nach viel Arbeit klingt … ja, ist es. Enorm sogar. Allerdings ist Ragnarok Online, typisch für koreanische MMOs, stark auf Grind ausgelegt. Es gibt kaum Quests und die, die es gibt, gewähren selten nennenswerten Belohnungen – zumindest früher. Meist handelt es sich um Zugangs-Quests für Dungeons und Co.

Gelevelt wird aber rein über den Grind, heißt: Ihr kloppt Gegner und davon viele und ständig. Was mich sonst in Spielen enorm nervt, funktioniert in Ragnarok Online für mich, weil jede Klasse ein anderes Level-Gebiet hat.

Je nach Vor- und Nachteilen der Klasse sind bestimmte Maps besser oder schlechter geeignet zum Leveln. Und die Level-Aufstiege kommen in den ersten 30-40 Stunden recht häufig, wodurch das Gefühl entsteht, dass man tatsächlich Fortschritt erzielt.

Erst gegen Ende zieht sich der Grind dann und da habe ich oft aufgehört und lieber etwas Neues ausprobiert. Aber genau das war für mich immer schon der Spaß an der Sache: der Weg eines neuen Jobs und das Ausprobieren neuer Builds.

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Ragnarok ist irgendwann untergegangen und hatte nie einen würdigen Nachfolger

Leider hat sich Ragnarok Online zumindest in Europa nicht gehalten. Die EU-Server wurden 2018 abgeschaltet, die internationalen Server funktionieren hier durch einen Geo-Block nicht.

Das Spiel generell läuft zum größten Teil auf Privatservern und die größten Populationen finden sich in Brasilien, Korea und Taiwan. In Europa ist es schwierig, zuverlässig irgendwo spielen zu können. Auf Steam ist die europäische Version in Deutschland gesperrt.

Ragnarok Online hat mehrere Nachfolger bekommen, darunter Ragnarok 2, Ragnarok 3 und ein paar Mobile-Ableger. Keines davon kam wirklich gut an oder hat die Stärken von Ragnarok Online ausspielen können.

Andere MMORPGs mit einem ähnlichen System hat es nie gegeben und wenn, dann entweder als billige Kopie, mit Cash-Grab-Mechaniken oder mit anderen Problemen. Die Kombination aus nordischer Fantasy-Welt, Progression und einzigartigem Klassensystem ist aber mit Ragnarok Online verloren gegangen. Aber gut, wenn der Publisher mich nicht in Ragnarok will, werde ich mich eben bald ins neue Warhammer-MMO stürzen: Ein neues MMO zu Warhammer klingt fast zu gut, um wahr zu sein – Das wissen wir

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