Wenn es um die bemerkenswertesten Ereignisse aus der Geschichte der Online-Rollenspiele geht, darf eine Story aus dem ersten EverQuest auf keinen Fall fehlen. Im Zuge der MMORPG-Themenwoche 2025 erinnert sich MeinMMO zurück.
Was ist das für eine Story? Mit „Kerafyrm the Sleeper“ gibt es im ersten EverQuest einen Boss, der eigentlich niemals besiegt werden sollte. Stattdessen ist der prismatische Drache an ein einmaliges Story-Event geknüpft, bei dem es darum geht, vier Warden (das sind vier uralte Drachen) zu besiegen und Kerafyrm so aus seinem ewigen Schlaf zu erwecken.
Sobald das passiert, verfällt Kerafyrm in eine apokalyptische Raserei, die das Antlitz der Welt verändert. Nach einiger Zeit verschwindet der Schläfer dann für immer aus Norrath, und mit ihm die vier Warden, wodurch diese nie wieder als Quelle für Loot zur Verfügung stehen.
Da viele Spieler scharf auf die Beute der Warden waren, stimmten sie dafür, stets maximal nur drei der Wächter zu farmen, damit Kerafyrm bis in alle Ewigkeit in seiner Höhle schlummern kann. Geklappt hat das auf den wenigsten Servern, was immer wieder für Dramen gesorgt hat – und das sogar bis heute und auf Privatservern für EverQuest.
Um einen anderen Meilenstein der MMORPG-Geschichte geht es hier:
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Der Kampf gegen den Unbezwingbaren
Warum galt Kerafyrm als unbesiegbar? Während normale Raidbosse zu dieser Zeit mit maximal 2 Millionen Gesundheit ins Gefecht gingen, soll der prismatische Drache zwischen 100 und 400 Millionen Lebenspunkte besitzen. Eine genaue Zahl gibt es nicht. Zudem war er immun gegen alle Zauber bis auf „Manaburn“ und „Harmtouch“.
Schwierig ist der Kampf aber auch, weil die Angriffe von Kerafyrm keine bekannte Reichweitenbegrenzung besitzen, tödlich sind und ganze Gruppen auf einen Schlag auslöschen können. Wo er hinschlägt, wächst kein Heldenhaar mehr. Blöd: EverQuest war noch die Art von MMORPG, die einen bei jedem Ableben mit XP-Verlust bestraft hat, bis hin zum Verlust der Charakterstufe.
Und dann hat man auch nicht unendlich viele Versuche zur Verfügung, da der prismatische Drache nach einiger Zeit für immer verschwindet. Kerafyrm gilt nicht ohne Grund als der härteste Raidboss der MMORPG-Geschichte.
Wer versuchte sein Glück? Dennoch gab’s einige Verrückte, die das Wagnis unbedingt meistern wollten. Zu diesen gehörten die Spieler der drei Top-Gilden Ascending Dawn, Wudan und Magus Imperialis Magicus vom PvP-Server Rallos Zek. Die hatten sich bereits als erbarmungslose Playerkiller einen berüchtigten Namen gemacht und eigentlich kein Interesse daran, den Schläfer zu wecken.
Als aber eine kleine Gilde ankündigte, den Status quo auf dem Server ändern und das Story-Event auslösen zu wollen, stellten die führenden Gilden die PvP-Kämpfe ein und taten sich zusammen. Dadurch ergab es sich, dass sich am 15. November 2003 mehr als 180 Charaktere bei Kerafyrm einfanden, diesen erfolgreich weckten und das Unmögliche probierten.
Es begann eine Schlacht, die mehrere Stunden andauern sollte. Möglich machten das die zahlreichen Heiler, die besiegte Charaktere schnell genug wiederbeleben und heilen konnten, um einen vollständigen Wipe zu verhindern. Nach 3 Stunden und 15 Minuten hatten es die Gilden geschafft, Kerafyrm auf 26 Prozent seiner Lebenspunkte zu bringen. Doch dann verschwand der Drache plötzlich …
In dieser Woche erwarten euch jeden Tag spannende Artikel rund um das Thema MMORPG. Mit dabei: eine Zeitreise durch die Geschichte der Online-Rollenspiele, aber auch nostalgische Rückblicke, Streaming-Abende, Interviews, Kolumnen und Analysen.
Hier geht’s zum Programm zur großen MMORPG-Themenwoche 2025 von MeinMMO
Was war passiert? Die Verantwortlichen von Sony Online Entertainment hatten den Kampf verfolgt und sich letztlich dafür entschieden, einzuschreiten und den Sieg über den Drachen zu verhindern. Am nächsten Tag lag Kerafyrm wieder in seiner Höhle und schlief den Schlaf des Schläfers.
Die Community des Servers war indes außer sich und kritisierte die Entwickler heftig für diese Aktion. Sony erklärte indes, dass man Kerafyrm verschwinden lassen hat, weil man nicht sicher gewesen sei, welche Auswirkungen es auf die Spielwelt und den Server haben würde, wenn es tatsächlich jemanden gelingen sollte, den unbesiegbaren Boss zu besiegen. Zudem habe man befürchtet, dass die Spieler mit der Ausnutzung von Exploits gegen Kerafyrm gekämpft haben könnten. Das wolle man untersuchen.
Gab es einen Rückkampf? Jup! Die Gilden hatten Blut geleckt und standen mit mehr als 200 kampfbereiten Charakteren bereits am 17. November 2003 erneut bei Kerafyrm auf der Matte. Dieses Mal ließ Sony sie gewähren. Nach etwa 4 Stunden und 1.000 Wiederbelebungen ging der Drache zu Boden. Wertvolle Beute oder einen geheimen Erfolg gab’s für den historischen Kampf übrigens nicht.
Dafür beglückwünschte Sony die Gilden für den ersten Sieg über den Schläfer. Danach wurde er auch auf anderen Servern gelegt. Um einen weiteren Community-Meilenstein aus der Geschichte der MMORPGs geht’s in diesem Artikel: Einer der denkwürdigsten MMORPG-Momente wird 26 Jahre alt – Wie ein Spieler in Ultima Online versehentlich Königsmord beging
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