Soulframe ist das neue Spiel von Digital Extremes, dem Studio hinter Warframe. MeinMMO-Redakteur Karsten hat ausgiebig in das Online-RPG mit Fantasy-Setting reingespielt. Ein MMO hat er dabei zwar nicht gefunden, dafür aber eine besondere Spielerfahrung.
Ihr habt sicherlich mitbekommen, dass die Entwickler von Digital Extremes (Warframe) zuletzt allen Interessierten einen Zugang zur aktuellen Testversion von Soulframe ermöglicht haben – wenn auch nur für kurze Zeit.
Nun, mein Zugang liegt hier schon deutlich länger herum. Beim ersten Besuch der Fantasy-Insel Midrath bin ich jedoch abgeprallt. Spielerführung war kaum vorhanden, das Charakterfenster wenig intuitiv aufgebaut, die Bezeichnungen teils nichtssagend, irritierend oder hinter kryptischen Zeichen versteckt. So schwer hatte ich mich schon lange nicht mehr damit getan, in ein neues Fantasy-RPG reinzufinden.
Seitdem gab’s aber weitere Updates, und dank meines Urlaubs hatte ich zuletzt mehr Ruhe, um mir wirklich Zeit für Soulframe zu nehmen. Und es hat sich gelohnt! Nach etwa 25 Stunden bin ich so fasziniert von der Welt, dass ich am liebsten in jeder freien Minute spielen würde. Erwartet aber bloß kein waschechtes MMO! Dazu aber später mehr. Zuerst möchte ich die größte Stärke von Soulframe feiern.
Einer der Trailer zu Soulframe:
Autoplay
Die Natur ist der große Star
Den ersten Oha-Moment liefert Soulframe gleich beim Einloggen. Im Startbildschirm sehe ich meinen Helden, an einem Baum sitzend. Umringt von Tieren.
Kaum habe ich meine Anmeldedaten eingetippt, verschwindet das immersionsbrechende Textfeld sofort. Die Kamera zoomt rein. Mein Charakter steht auf. Rehkitze und Hasen plumpsen von meinem Schoß. Ich bin kurz nach der Passwort-Eingabe sofort drin in der Action. Toll!
Dass sich die Tiere der Welt so wohl bei mir fühlen, ist kein Zufall. Auf der Insel Midrath treibt sich ein Übel herum, das die Natur verdirbt, harmlose Tiere wegsperrt und die Geister der Natur in gefährliche Monster verwandelt. Als Gesandter bekämpfe ich die hiesigen Truppen, die den Krieg gegen die Natur führen, befreie jedes Lebewesen und reinige die Verderbnis.
Also hole ich Waschbären, Eichhörnchen und Hasen aus Käfigen. Ich ziehe verdorbene Speere aus stattlichen Weltenbäumen und decke so nach und nach weitere Teile der Weltkarte auf. An anderer Stelle gelingt es mir, einen großen, weißen Wolf vor dem sicheren Tod zu bewahren. Das war keine vorher angenommene Quest oder so, sondern ich bin eher zufällig in dieses Abenteuer gestolpert.
Diesen ungewöhnlichen Händler trifft man in der Welt von Soulframe immer wieder.
Wenn man einen Weltenbaum reinigt, enthüllt man neue Bereiche auf der Weltkarte.
Im Anschluss befreie ich noch die Welpen der Wolfsmutter, wobei mir die vierbeinige Kriegerin im Kampf immer mal wieder zur Seite steht – und mit einer Aktion, die ich nicht spoilern möchte, wurde mir einen der lustigsten Boss-Momente aller Zeiten spendiert.
Jetzt wartet einer ihrer knuffigen Fellbündel in meiner Basis (dazu gleich mehr) auf mich, wo er sich regelmäßig Kuscheleinheiten abholt. Wenn er so groß wie seine Mama wird, würde er ein tolles Mount oder zumindest einen prima Weggefährten abgeben … ob es dazu tatsächlich kommt?
Ein Highlight sind bisher aber auch die Kämpfe gegen die verdorbenen Naturgeister. Was da an Inszenierung, Musikuntermalung und Atmosphäre abgefeuert wird, muss sich hinter keiner Bossbegegnung von From Software (Dark Souls und so) verstecken. Das ist teils schon jetzt ganz großes Kino.
Wer sich ein wenig spoilern lassen will, schaut sich diese 31 Minuten Gameplay der Entwickler an, in denen ein singender Bär eine wichtige Rolle spielt – Gänsehaut!
Zu guter Letzt ist die Natur für mich in Soulframe aber auch deswegen der Star, weil die Welt einfach wunderbar immersiv designt ist.
Dank des zurückhaltenden User Interfaces (von der aktuellen Version des Chats abgesehen) und stimmungsvollen Sounds kann man beim Erkunden ganz wunderbar in dieses besondere Abenteuer eintauchen. Und man trifft auch nicht ständig auf andere Spieler, die Shàdówróuge1995 heißen und wild durchs Bild hüpfen.
Die Entwickler selbst bezeichnen ihr neues Spiel als ein Schwesterprojekt von Warframe, weil beide Spiele Gemeinsamkeiten besitzen, die das „Frame“ im Titel kennzeichnen soll. Diese Parallelen beziehen sich aber auf das Spielgefühl und nicht etwa auf die Welten, die ganz unterschiedlich sind und nicht zusammenhängen.
In Warframe sind mit den namensgebenden Warframes die Exo-Rüstungen gemeint, die unterschiedliche Vor- und Nachteile besitzen und die ihr mit einer Nahkampfwaffe, einer Sekundärwaffe sowie einer Primärwaffe vervollständigt. Zwischen so einem „Frame“ oder Ausrüstungs-Build könnt ihr auch in Soulframe wechseln.
Das erste Mal taucht der Begriff „Frame“ in Soulframe aber schon bei der Wahl eures Geschlechts im Zuge der Charaktererstellung auf.
Die Entwickler sind aber gar nicht mal so glücklich mit der Wahl ihres Namens: Das neue MMO der Macher von Warframe quält sich mit dem Namen „Soulframe“, weil es nach „Dark Souls“ klingt
Homöopathische Dosen von Multiplayer
Tatsächlich traf ich in den ersten gut 20 Stunden auf nicht einen anderen Spieler. Auch der eben erwähnte Chat war lange wie leergefegt. Zumindest letzteres änderte sich, als die Entwickler zuletzt deutlich mehr Spieler in die aktuelle Testversion einluden. Seitdem gesellt sich dort eine Frage an die nächste; auch andere haben ganz offensichtlich Schwierigkeiten damit, in dieses Soulframe reinzukommen.
Dass ich dennoch weiterhin alleine durch die Welt streife, das liegt an der grundsätzlichen Struktur von Soulframe. Abseits bestimmter Social-Hubs, in denen man auf andere Spieler treffen kann, findet nur dann ein Miteinander statt, wenn man sich zu einer Gruppe zusammenschließt und als Team die Welt gemeinsam erkundet. Soulframe ist also vielmehr ein (optionales Koop-)Online-RPG, und kein MMO.
Der Kern von Soulframe
In Soulframe stapfe ich in einer nahen Third-Person-Perspektive also durch diese mystische Welt, folge dabei immer wieder einem Vogel, der mich auf Knopfdruck zu wichtigen Orten führt, und bekämpfe Gegner in einem actionreichen Kampfsystem. In den Gefechten reihe ich leichte an schwere Angriffe, blocke, weiche aus oder nutze einen von 3 Skills, die ich über meinen ausgewählten Pakt aktiviert habe.
Beim Erkunden bin ich per Zufall über die Enklave der sogenannten Kith of Kings gestolpert, konnte dort einen Ritter besiegen und dadurch eine Fraktion freischalten. Für die Königstreuen tauchen seitdem überall in der Spielwelt kleine, recht generische Aufgaben auf, über die ich meinen Ruf steigern kann.
In den Kämpfen bekommt man es oft mit größeren Gegnergruppen zu tun.
Man kann sich immer wieder auch an Gegner anschleichen und so einen besonders harten Angriff landen, wie beispielsweise in Elden Ring.
Es dauert leider ewig, auf die Art einen Rufaufstieg zu erhalten – und dafür die immer gleichen Camps zu säubern, Boten abzufangen, verdorbenen Kreaturen zu besiegen oder unterirdischen Gewölbe zu durchlaufen.
Die Dungeon-ähnlichen Gebiete bringen aber zumindest etwas Abwechslung in Form kleinerer Rätsel mit. Mal muss ich in einem überfluteten Raum irgendwie das Wasser ablassen, um im Erdgeschoss weiterzukommen. Mal muss ich die tödlichen Flammen löschen, die meinen Weg blockieren. Dass ich meine Waffe werfen und wieder zu mir zurückrufen kann, hilft auch in diesen Momenten.
Kampf-Gameplay als Magier in Soulframe:
Durch gewonnene Kämpfe, die Befreiung von Tieren, den Abschluss von Aufgaben und mehr erhalte ich Erfahrungspunkte. Level-Aufstiege, durch die ich die Werte Mut, Gnade und Tugend steigern kann, gibt’s aber nur selten. Deutlich schneller steigen die Stufen der eingesetzten Waffen und der Bund mit dem bereits erwähnten Pakt – wodurch ich in den jeweiligen Skill-Bäumen Verbesserungen freischalten darf.
All diese Aufstiege führt man übrigens im sogenannten Nightfold aus, die eigene Basis, die man von überall aus mit Druck auf die Tabulator-Taste erreichen kann. Dort tummeln sich neben dem Wolfswelpen dann nach und nach auch besondere NPCs, die man im Laufe seines Abenteuers trifft – darunter auch eine Schmiedin.
Bei ihr kann ich mir neue Waffen und Rüstungsteile herstellen lassen, sobald ich den dafür jeweils notwendigen Ruf besitze und die Materialien liefere.
Mein Tipp: Fangt so früh wie möglich damit an, jedes Fass und jede Kiste in der Welt zu zerstören. Ansonsten dauert es ewig, bis ihr euer erstes Ausrüstungs-Upgrade erhaltet – zumal die Herstellung auch stets einige Echtzeitstunden andauert (zumindest, wenn man keine Einheiten von einer der Ingame-Währungen für eine schneller Herstellung zücken möchte).
Warum mache ich was wo und wie?
All das fühlt sich deutlich langsamer und langatmiger an als in vielen anderen Action-RPGs. Teils ist das sicherlich genauso von den Entwicklern gewollt und erfrischend entschleunigt. Teils hat das sicherlich aber auch damit zu tun, dass sich Soulframe an vielen Stellen (noch?) nicht gut erklärt – und man als Spieler oft mit Fragezeichen überm Kopf durch die Welt läuft.
Hier nur mal ein paar der Fragen, auf die ich bisher aus dem Spiel heraus keine Antwort gefunden habe:
Wie schalte ich weitere Pakte frei, bisher wird mir nur 1 von 7 angezeigt, obwohl ich schon eine ganze Weile spiele.
In welchem Verhältnis stehen mein Charakterlevel, das Powerlevel, das sich durch die Ausrüstung ergibt, und das bei den Gegnern angezeigte Level?
Waffen und Pakte lassen sich durch sogenannte Motes verbessern. Wo bekommt man die her? Was bringen diese im Detail?
An einem Waffenständer habe ich die Kapazitäten von Pakten und Waffen durch Bezahlung einer Ingame-Währung gesteigert. Auswirkungen davon sind mir bisher keine aufgefallen (außer, dass das Geld weg ist).
Als ich die Enklave der Silent Rose fand (das ist einer der Social Hubs, aber auch die Basis einer Fraktion), traf ich dort auf einen bereits bekannten NPC. In der Enklave will aber niemand mit mir interagieren – das ist gerade eine Sackgasse.
Wo kriege ich endlich Bomben oder Granaten oder Vergleichbares her, um die nervigen Geschütze der Gegner zerstören zu können?
Da das Spiel von sich aus vieles im Unklaren lässt, ich gerade aber auch eine unfertige Version des Spiels zocke, frage ich mich ständig: Ist das jetzt ein Bug oder Feature? Die ständigen Fragen im Chat zeigen mir, dass das auch vielen anderen Testern gerade so geht.
Das ist etwas, das die Entwickler bis zum Launch auf jeden Fall noch einmal angehen sollten. Ansonsten werden sie in den ersten Stunden viele eigentlich interessierte Spieler verlieren, die keine Lust darauf haben, sich all diese Details mühsam zu erarbeiten.
Letzteres wäre sehr schade, weil Soulframe schon jetzt eine faszinierende, immersive Spielerfahrung bietet, die sich deutlich von den üblichen Mainstream-RPGs abhebt.
Ich für meinen Teil drücke die Daumen, dass die Entwickler die verbleibende Zeit bis zum Free2Play-Release auf PC nutzen, um die noch vorhandenen Baustellen zu beheben. Einen konkreten Termin für den Launch gibt’s aber eh noch nicht. Übrigens ist auch der YouTuber TheLazyPeon begeistert vom Spiel: Beliebter YouTuber für MMORPGs zockt erstmals Soulframe: „Das Spiel ist so verdammt cool“
Der Beitrag Ich habe knapp 25 Stunden Soulframe gespielt und kann euch sagen: Das ist kein MMO erschien zuerst auf Mein-MMO.
