inFamous – im Klassik-Test (PS3)

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Spiel:inFamousPublisher:SonyDeveloper:Sucker PunchGenre:Action-AdventureGetestet für:PS3Erhältlich für:PS3USK:18Erschienen in:7 / 2009

Cole ist ein Superheld wider Willen: Der in Empire City beheimatete Bote steht unfreiwillig im Mittelpunkt einer mysteriösen Katastrophe, die ihm elektrische Superkräfte verlieh und große Teile der Stadt in Chaos und Vernichtung stürzte. Das kann er nicht auf sich sitzen lassen und macht sich deshalb auf die Suche nach den Hintermännern dieses Vorfalls.

inFamous ist das jüngste Werk von Sucker Punch, die vorher mit der Sly Raccoon-Jump’n’Run-Trilogie ihr Können bewiesen. Waren die Waschbär-Abenteuer von bunten und freundlichen Szenarien geprägt, geht der Ausflug nach Empire City einen anderen Weg: Das Szenario ist grimmig, die Hauptfigur alles andere als ein strahlender Held und die Thematik ernsthaft. Trotzdem lassen sich einige Gemeinsamkeiten nicht übersehen: Wie Stallkollege Sly ist Cole ein agiler Bursche und begabter Kletterer. Das kommt ihm gelegen, denn er muss das in drei Stadtteile geglie­derte Empire City meistens zu Fuß erkunden, weil sein stromgeladener Körper eine Autobenutzung unmöglich macht. So erklimmt Ihr halb zerstörte Hochhäuser, hangelt Euch an Mauervorsprüngen und Dachrinnen entlang oder balanciert über Stromleitungen. Dabei müsst Ihr nicht stets millimetergenau hüpfen – Cole greift selbstständig nach Haltepunkten in seiner Nähe. Das macht ihn manchmal fast zu anhänglich, in der Regel kraxelt Ihr aber ähnlich geschmeidig wie Assassin’s Creed-Held Altaïr herum.

Natürlich seid Ihr nicht nur damit beschäftigt, die Umgebung zu erkunden. In 40 Story-Missionen versucht Ihr, hinter den Ursprung der Katastrophe und Eurer Elektrokräfte zu kommen. Die Aufträge findet Ihr nach bewährter Sandbox-Art als Markierungen auf Eurer Minikarte. Beim Startpunkt angekommen, folgt Ihr den Anweisungen, die Euch häufig in Kampfsituationen führen. So wird jeder Stadtteil von einer Gang beherrscht, die es gar nicht gern sieht, wenn ihr Territorium von einem Superhelden betreten wird. Die meisten Feinde begnügen sich mit konventionellen Schusswaffen, ein paar von ihnen besitzen aber selbst übernatürliche Kräfte. Cole kann in den Nahkampf gehen, meistens ist es aber sinnvoller, aus der Entfernung Blitze sprechen zu lassen.

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Per Druck auf die L1-Taste schaltet Ihr ein Zielkreuz ein und visiert damit Gegner an. Den Standard-Stromschlag könnt Ihr beliebig oft loslassen, alle anderen Attacken wie Druckwellen, Elektrogranaten und mehr zehren an Eurer inneren Batterie. Die lässt sich zum Glück einfach nachfüllen: Stellt Euch einfach neben ein geladenes Objekt und saugt ihm den Strom aus – das tut gleichzeitig Eurer Gesundheit gut, wenn Ihr Treffer eingefangen habt. Im Lauf des Abenteuers lernt Cole immer mehr Fähigkeiten, die nicht alle mit Angriffen zu tun haben: So könnt Ihr z.B. über Stromleitungen grinden, eine Weile schweben oder verletzte Passanten wie ein Defibrillator wieder aufpäppeln.

Letzteres spielt eine Rolle für Euer Ansehen, denn bei inFamous hängt viel davon ab, ob Ihr Euch für ein gutes oder böses Auftreten entscheidet. Immer wieder erwarten Euch speziell markierte ’Karma-Momente’, die Euch vor die Wahl stellen, in bestimmten Situationen uneigennützig oder egoistisch zu agieren. Je nachdem, welches Vorgehen Ihr wählt, bemerkt Ihr schnell Änderungen: Seid Ihr heldenhaft, reagieren die Bürger positiv. Als Schurke fürchten sie Euch, Coles Erscheinungsbild wird düsterer und seine Stromschläge leuchten in unheilvollem Rot – dafür bekommt Ihr bestimmte Fähigkeiten, die einem Gutmenschen vorenthalten bleiben. Gegen Ende der Story erwarten Euch zudem zwei entscheidende Schlüsselmomente, die gravierende Folgen nach sich ziehen.
Selbst wenn Ihr alle Varianten ausgelotet und die ca. 20 Stunden lange Story beendet habt, gibt es in Empire City eine Menge zu tun: Über 80 Viertel wollen von den Gangs gesäubert werden, indem Ihr kleine Alternativaufgaben erfüllt, außerdem spürt Ihr tonnenweise versteckte Audioaufnahmen und Batterien auf.

Originell macht das inFamous nicht, doch die routiniert bei GTA & Co. geklauten Elemente ergeben ein reizvolles Gesamtbild, das auch von der gelungenen Inszenierung lebt: Die ruinierte Umgebung ist mit detaillierten Texturen ansehnlich in Szene gesetzt, herumeilende Passanten vervollständigen das Bild einer kaputten, aber doch belebten Stadt. Die Lichteffekte glänzen immer dann, wenn Stromschläge blitzen und zucken, was angesichts von Coles Kräften häufig vorkommt. Eine Genre-Revolution ist Sucker Punch nicht gelungen, ein überzeugender PS3-Exklusivtitel aber sehr wohl.

Meinung

Ulrich Steppberger meint: Einerseits finde ich inFamous richtig gut – andererseits habe ich das Gefühl, dass noch mehr drin gewesen wäre. So geht es mir mit einigen Aspekten des Elektro-Abenteuers: Es spielt sich nicht zuletzt dank der durchdachten Steuerung prima, auch wenn die Ballereien schon mal hektisch werden. Die ruinierte Stadt gibt eine ansehnliche Kulisse ab, die verschiedenen Stromkräfte wurden gelungen implementiert. Doch daneben schleichen sich Dinge ein wie Missionen gegen Spielende, die auf unnötig viel Rumlauferei setzen, oder die unmotiviert wirkenden Untergrund-Ausflüge. Dass die Hauptstory eher kurz ausfiel, stört mich nicht, denn die Nebentätigkeiten machen Spaß und die kluge Einbindung des Moral-Aspekts belohnt ein erneutes Durchspielen. inFamous ist angenehm prickelnd, aber nicht der große Schocker geworden.

Thomas Stuchlik meint: Ich werde mit in­Famous einfach nicht warm. Das liegt vor allem an den Gegnerscharen, denen Ihr nur mit ­Dauerfeuer beikommt. Zudem verstehe ich nicht, ­warum der übermächtige Held nicht einfach Auto fahren darf. Überzeugend dagegen ist die atmosphärisch-­düstere Stadtkulisse, durch die Ihr Euch akrobatisch hangeln könnt. Ebenfalls klasse: die Entscheidungsfreiheit, ein guter oder böser Held zu werden, sowie der effektive Einsatz Eurer übernatürlichen Fähigkeiten. Immer wieder interessant fallen die verschiedenen Reaktionen der Passanten auf Euer Verhalten aus. Leider gestalten sich die zahlreichen Nebenmissionen etwas einfallslos und kommen kaum über Durchschnittsniveau hinaus.

Wertung

40 Missionen in der Story, rund 100 Nebenaufgaben
17 Spezialfähigkeiten basierend auf Strom
gute bzw. schlechte Taten haben deutliche Auswirkungen auf Handlung

Rundum gelungenes Sandbox-­Abenteuer mit interessanten Ansätzen, aber auch ein paar Einschränkungen.

Singleplayer85MultiplayerGrafikSound

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