Spiele, wie wir sie heute kennen, können langsam aber sicher verschwinden. Denn die nächste Generation spielt ganz anderes – und sieht sich gar nicht als „Gamer“.
Gaming ist unser aller Lieblingshobby. Egal, ob wir MMORPGs am PC, Shooter an der Konsole oder Zelda auf der Switch 2 unterwegs spielen. Doch diese Definition von „Gaming“ könnte aussterben – und damit ein ganzer Teil der Industrie. Denn die nachfolgenden Generationen haben ein ganz anderes Verständnis vom Spielen.
Manche Spiele begeistern Millionen von Spielern. Noch. Wie etwa Where Winds Meer:
Autoplay
Woher stammen die Infos? Der Analyst und YouTuber Bellular setzt sich in seinen Videos immer wieder mit den Trends im Gaming auseinander. Dabei bezieht er seine Aussagen auf verschiedene Studien oder Statistiken und setzt diese dann in Perspektive zu dem, was auf dem Gaming-Markt so geschieht. In einem seiner neusten Videos zeichnet er ein Bild, das zumindest den „alten“ Gamern – also alle, die noch auf Konsole oder PC spielen – wenig gefallen dürfte.
Die nächste Generation spielt nicht mehr so wie „wir“
Eine der wohl wichtigsten Aussagen aus dem Video findet man ganz zu Anfang. Denn die Generation Alpha hat ein ganz anderes Verständnis von Videospielen als das bei den „alten“ Gamern der Fall ist. So stellte ein Artikel auf GamesIndustry.biz, dem eine Umfrage von IGN zugrunde liegt, fest: 93 % der Generation Alpha spielen am liebsten auf Mobile-Geräten.
Dass der Trend mehr zum Mobile-Gaming geht, ist schon lange klar – doch das Ausmaß scheint gigantisch zu sein.
Aber noch etwas anderes ist auffällig. In den älteren Generationen war es üblich, dass man sich zu einer „Sorte“ von Gaming zugehörig fühlte. War man Teil der „PC Master Race“ oder ein „Konsolero“? Viele identifizierten sich mit ihrer gewählten Plattform, doch in einer Sache sahen die meisten sich als geeint an: Sie waren Gamer.
Für die Generation Alpha ist das nicht mehr der Fall. Sie identifizieren sich nicht mehr als Gamer, sondern eher als Spieler, die nur ein ganz bestimmtes Spiel spielen (gamesindustry.biz).
Der absolute Platzhirsch in der jungen Generation ist wohl Roblox. Die Plattform steht von vielen Seiten in der Kritik, besonders in Bezug auf Datensicherheit und Ausbeutung – und ist bei Kindern dennoch irre erfolgreich.
Bellular fragt sich daraufhin:
Basierend auf den echten Trends die wir sehen, sieht die Zukunft des Gamings so aus: Das sind Leute, die Fans von genau einem Spiel sind und es vermutlich auf einem Handy spielen, was ein bisschen seltsam ist. Ich mag das nicht und damit stellt sich eine große Frage: Was heißt das für Leute, die traditionelle Gaming-Erfahrungen bevorzugen?
Spiele sind mit Gamern gewachsen – Jetzt kommt der Generationswechsel
Bellular beleuchtet die Spiele-Industrie und die Entwicklung des Gamings. Denn nach dem ersten großen Crash erlebten Videospiele einen zweiten Boom Anfang der 1990er. Doch mit einem klaren Unterschied: Spiele damals wurden als Spielzeug für Kinder angepriesen. Auch wenn viele Spiele schwierig waren und auch Erwachsene Spaß daran haben konnten, das Marketing war dennoch recht klar auf Kinder ausgerichtet.
Diese Kinder, die mit Super Mario aufgewachsen sind, waren dann die Zielgruppe in den nächsten Jahrzehnten. Spiele sind mit der Zielgruppe gewachsen, wurden ernster und erwachsener. Oder, wie Bellular es beschreibt:
Das Medium ist buchstäblich mit seiner Zielgruppe gewachsen. Du hattest ROB den Roboter, der sich an Jungs richtete. Dann kamen […] Tony Hawks und Call of Duty für die coolen Teenager. […] Und was haben wir jetzt? Cineastische Spiele mit traurigen Vätern, wie The Last of Us. Ja. Es ist einfach mit uns gewachsen.
Dieser Generationswechsel steht nun bald an. Denn die nächste, kaufstarke Generation wird eben die Generation Alpha sein, von denen 93 % angeben, dass sie am liebsten auf einem Smartphone spielen. Nur 15 % der Befragten sehen Gaming auf einem PC als gleichermaßen interessant oder sogar präferiert an.
Doch das ist keine Sache, die nur Gen Alpha betrifft. Auch bei den Millenials nimmt die Vorliebe für Mobile-Gaming zu – 32 % spielen am liebsten auf einem Mobile-Gerät, also einem Smartphone.
Gaming-Industrie in der Krise – aber eben nicht alle
Nach der Pandemie steuerte die Gaming-Industrie auf eine Krise zu, die in vielen Teilen jetzt noch anhält. Zahlreiche Entlassungen und eingestellte Spiele-Projekte sind die Folge. Die Hoffnung, dass der „Pandemie-Boom“ der Gaming-Industrie anhalten würde, hat sich nicht erfüllt.
Doch es gibt Ausnahmen – und beispielsweise die Plattform Roblox ist eine davon. Sie konnte ihr Wachstum beibehalten und ist jetzt eine Marktmacht, die nahezu eine ganze Generation von Gamern anzieht. Das Roblox-Spiel „Grow a Garden“, hat mit 21,3 Millionen gleichzeitigen Spielern den höchsten Wert, den jemals irgendein Spiel gemessen hat.
Vergleiche dein AAA-Studio mit mehreren Hundert Mitarbeitern mit einem 16-Jährigen in 3 Tagen. Und jetzt fühle dich traurig.
Auch die großen Publisher merken, wo die junge Generation hängt – die nächste Generation an Kunden. Publisher wie Sega und Starbreeze haben bereits damit begonnen, Spiele in Roblox zu lizenzieren – Spiele wie „Like a Dragon“ oder „Payday“ finden jetzt in Roblox.
Mono-Gamer werden immer mehr
Bellular ist der Ansicht, dass wir viele der Auswirkungen schon jetzt bemerken und der Trend nicht erst mit Roblox begonnen hat. Schon in den vorangegangenen Generationen hat es begonnen, dass Spielerinnen und Spieler sich zunehmend nur auf ein einziges Spiel konzentrieren.
So würden viele, die Counter-Strike oder World of Warcraft spielen, eben exakt eines dieser beiden Spiele spielen – und kaum etwas anderes. Werft mal einen Blick in eure Gilde oder fragt, wie viele Leute neben WoW noch etwas anderes spielen. Sicher, einige werden es – aber es gibt viele, für die ihr ihr ausgewähltes MMORPG genau das, was Gaming ausmacht. Und Plattformen wie Fortnite oder Roblox sind das für die nächsten Generationen.
Auch andere Daten belegen das. Ein spannender Report von Newzoo zeigt auf, dass 30 % der gesamten Spielzeit von PC-Spielerinnen und -Spielern über 18 Jahren in nur 5 Spielen stattfinden: Call of Duty, Counter Strike, Fortnite, League of Legends und Minecraft. Nimmt man die Top 10 dieser Spiele, dann machen die bereits 50 % der gesamten Spielzeit aus.
Auf Konsolen ist das sogar noch krasser. Hier sind es lediglich 5 Spiele, die bereits 50 % aller Spielstunden binden – Call of Duty, FIFA/EA FC, Fortnite, GTA und NBA 2K.
Wenn bereits 5 Spiele so viel Aufmerksamkeit einfordern und die Aufmerksamkeit mehrerer Generationen binden – wie sollen neue Spiele da noch durchkommen?
Klar, vereinzelte Hits gibt es immer wieder. Lang ersehnte Fortsetzungen von Franchises wie GTA 6 oder unerwartete Kracher wie Clair Obsur: Expedition 33 sorgen für kurzzeitige Ausschläge. Doch selbst so unerwartete Volltreffer sind nur ein Tropfen auf dem heißen Stein. Denn allein im Jahr 2023 entfiel nur 6,5 % aller Spielstunden auf Spiele, die in dem Jahr neu veröffentlicht wurden.
Noch schockierender: Von diesen 6,5 % haben allein 4 Spiele die Hälfte dieser Zeit ausgemacht: Diablo IV, Hogwarts Legacy, Baldur’s Gate 3 und Starfield.
Der RPG-Meilenstein „Baldur’s Gate 3“ machte 2023, im Jahr des Release, nur 0,6 % der Spielstunden überhaupt aus – und das gilt dennoch als gigantischer Welterfolg.
Sterben „unsere“ Spiele aus?
Auch wenn die Statistiken auf den ersten Blick düster aussehen, ist Bellular davon überzeugt, dass es auch weiterhin gute Spiele in jeder Nische geben wird. Nur müssen die Entwickler sich stärker fokussieren. Die Idee, ein „Spiel für alle“ zu machen, funktioniere eben äußert selten. Stattdessen sollte man ein Spiel für eine bestimmte Zielgruppe machen, denn darin liegt für ihn der Schlüssel zum Erfolg:
Expedition 33 ist alles, was du willst, mit nichts von dem, was du in so einem Spiel nicht haben willst. Es ist kein überladener, chaotischer Unfall, der versuchen musste, bedeutsame Arbeit für Hunderte Mitarbeiter zu finden. Und lustigerweise kann genau das bedeuten, dass die Ausführung gut ist und es einen starken Fokus hat. Ich glaube, dass das der Weg in die Zukunft ist für die Spiele, von denen viele von uns fürchten, dass wir sie eines Tages nicht mehr sehen werden.
Klar ist in jedem Fall, dass sich die Gaming-Industrie im Wandel befindet. Ein Wandel, der sich kaum noch aufhalten lässt, wenn man auf die Spiel-Gewohnheiten der heute jungen Generation schaut. Ob neue Spiele hier noch ihre Nische finden können oder wir uns in einigen Jahrzehnten einer großen Konsolidierung der Spiele-Plattformen gegenübersehen, bleibt abzuwarten. Aber die Daten sind interessant. Ein wenig erschreckend, aber interessant.
Falls ihr vor lauter Frust jetzt gar nichts mehr mit euch anzufangen wisst, dann genießt die Zeit lieber und wendet euch doch einem schönen Spiel zu. Wir haben dafür etwa unsere Liste mit den 10 besten MMORPGs, die ihr in 2025 spielen könnt – da dürften einige Anregungen enthalten sein, die euch wieder auf andere Gedanken bringen.
Der Beitrag Analyst sagt: Gamer sterben langsam aus, die nächste Generation spielt ganz anders erschien zuerst auf Mein-MMO.
