Animal Crossing – Frühere Nintendo-Mitarbeiterin gibt Einblick in die schwierige Lokalisierung des Originalspiels

Eigentlich von Beruf Lehrerin landete Leslie Swan im Jahr 1988 einen Job bei Nintendo of America, um die Zeit bis zum nächstes Schuljahr zu überbrücken. Was sie damals noch nicht wusste: Vor ihr sollten fast drei Jahrzehnte liegen, in denen sie einen großen Beitrag dazu leisten würde, Nintendo-Spiele in den Westen zu bringen. Selbst wenn ihr ihren Namen noch nie gelesen habt, dann werdet ihr sie zumindest schon einmal gehört haben – nämlich als Prinzessin Peach in Super Mario 64. Ihr Einfluss erstreckte sich aber noch viel weiter, wie sie zuletzt in einem ausführlichen Gespräch mit Time Extension erzählt hat.

Die Anfänge von Nintendo-Lokalisierungen

Swan begann im Kundenservice, bevor ihr schließlich redaktionelle Aufgaben für das Nintendo Power-Magazin angeboten wurden. Daraufhin arbeitete sie vollumfänglich für die hauseigene Zeitschrift und kümmerte sich nicht nur um seine Inhalte, sondern auch um manche der verrückten Wettbewerbe zu der Zeit. Sie war außerdem an der englischen Übersetzung des Super Mario Bros.-Comics beteiligt und half mit ihrem redaktionellen Know-how stellenweise an bestimmten Videospieltiteln wie The Legend of Zelda: A Link to the Past. Das war aber noch zu einer Zeit, in der es kein richtiges Lokalisierungsteam gab.

Lokalisierung wurde erst zur Nintendo 64-Zeit ein echtes Thema. Nintendo Power sollte sich um einen Guide für Super Mario 64 kümmern und Swan erkannte, was für ein besonderes Spiel Marios 3D-Debüt werden würde. Also schlug sie vor, ein professionelles Team an Textern an das Projekt zu setzen. Wenige Tage später kam man auf sie zu und schlug vor, sie nach Japan zu fliegen, damit sie sich selbst um die Spieltexte kümmern könnte. So hat sie sich das zwar nicht vorgestellt, doch sie nahm das Angebot an und sammelte durch die Zusammenarbeit mit dem Nintendo-Team in Kyoto erste Lokalisierungserfahrung.

Um die Jahrtausendwende herum wurde Swan schließlich damit betraut, ein Lokalisierungsteam bei Nintendo of America auf die Beine zu stellen. Da Swan aber auch gerne bei ihren Magazin-Verpflichtungen geblieben wäre, stellte sie ein paar Bedingungen. Ihre Vision war es, „richtig kompetente Übersetzer mit richtig kreativen Autoren“ zusammenzusetzen. Ihr Ziel war es außerdem, die Teamgröße zu verdoppeln, um so langfristig die Dauer der Lokalisierungsarbeit zu verkürzen. Das ist es, was laut ihr den Unterschied ausgemacht und hochwertige Lokalisierungen bei Nintendo hervorgebracht hat.

Ein Mammutsprojekt

Als eines der schwierigsten Lokalisierungsprojekte nennt Swan das originale Animal Crossing für den Nintendo GameCube. Sie erinnert sich, wie das Spiel erstmals an sie herangeführt wurde. Takashi Tezuka, Producer des Spiels, reiste eines Jahres für die E3 nach Nordamerika und arrangierte ein Meeting mit dem örtlichen Personal. Tezuka trat an Swan heran und sagte, er hätte ein Spiel, über das er mit ihr reden müsse. Dieses Spiel war Animal Forest – so der japanische Name von dem Spiel, das bei uns als Animal Crossing erscheinen würde. Tezuka schlug vor, das Spiel für den Westen zu lokalisieren.

Wie Swan erklärt, sei es für die Zeit normal gewesen, dass allerlei japanische Nintendo-Spiele zu Testspielzwecken ans nordamerikanische Büro gesendet werden würden. Dazu gehörte auch Animal Forest, doch bis dahin hat man sich nicht wirklich mit dem Spiel auseinandergesetzt. Etwas naiv stimmte Swan also dem Vorschlag von Tezuka zu, der sie daraufhin warnte: „Nein, Leslie, ich glaube nicht, dass du verstehst, wie schwierig das wird“. Swan versicherte dem Producer mehrmals, dass sie es schaffen würden. Dass man in Japan nicht an einen Lokalisierungserfolg glaubte, zeigte sich auch kurze Zeit später.

Swan nahm an einem Meeting mit dem damaligen Nintendo-Präsident Satoru Iwata und anderen führenden Personen der Entwicklungsabteilung teil, welches dazu diente, kommende Projekte zu besprechen. Sie sprach an, dass Tezuka sie gebeten habe, an Animal Forest zu arbeiten, woraufhin Iwata in Gelächter ausgebrochen sein soll. Er habe schlichtweg nicht glauben können, wie man die Lokalisierung eines so japanischen Titels bewerkstelligen würde. „Ich weiß nicht, wie ihr das schaffen werdet“, sagte Iwata lachend. Und es sollte sich tatsächlich als äußerst herausfordernd herausstellen.

Von Animal Forest zu Animal Crossing

Laut Swan habe man jeden Charakter, jeden Spruch und sogar die Events komplett überarbeiten müssen, was unzählige Stunden gekostet haben soll. Viele Ereignisse und Items waren zu japanisch und brauchten einen adäquaten Ersatz, der für ein westliches Publikum funktionieren würde. Dabei dachte man nicht nur an die USA, sondern versuchte es für möglichst viele Regionen verständlich zu machen. Deshalb wurden die japanischen Hanabi-Feste im Sommer nicht zum Independence Day, sondern zum Feuerwerkstag. Es war ein Riesenaufwand, an dem das gesamte Lokalisierungsteam beteiligt gewesen ist.

Der Arbeitsablauf lief etwa wie folgt ab: Jeder versammelte sich in einem Raum und man legte fest, woran man heute arbeiten würde. „Lasst uns alle Möbel dieses Sets umbenennen“ oder „Heute arbeiten wir an diesen Charakteren und ihren Sprüchen“. Im Anschluss musste alles an von der Rechtsabteilung geprüft werden, da man auch die Absicht hatte, Merchandise zu produzieren, wenn dieses Projekt schon so ein großes Unterfangen werden würde. Allein den Serientitel „Animal Crossing“ bewilligt zu kriegen, soll zwischen 6 und 12 Monate gedauert haben. Zuvor gab es „Hunderte“ an Vorschlägen dazu.

Die Namensfindung für den Spieltitel bezeichnet Swan als einen frustrierenden Punkt im Projektverlauf. „Animal“ im Titel zu haben, war so ziemlich gesetzt, aber man hätte auch gerne „Forest“ irgendwie untergebracht. Letzteres wurde von der Rechtsabteilung jedoch abgelehnt. Einer von Swans liebsten Namen, der sich jedoch nicht durchsetzte, war „Animal Acres“. Acres meinte dabei die einzelnen Flächen, in die das Dorf in dem Spiel auf der Karte eingeteilt wird. Produkte zu benennen, war immer eine der schwierigsten Aufgaben, da nicht immer klar war, welche Richtung gut oder überhaupt möglich wäre.

Seid ihr froh, dass die Serie schon damals in den Westen fand?

Quellenangabe:
Time Extension

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