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Nachdem Ninja Gaiden in den letzten Jahren bekanntlich einen ausgiebigen Winterschlaf genoss, steht 2025 im Zeichen von Koei Tecmos ikonischer Ninja-Actionserie. Zuletzt tobten sich Fans bereits im frisch aufgelegten Ninja Gaiden 2 Black aus und nun ist schon ein neuer Ableger am Start, der die Wartezeit auf das nächste Hauptspiel in ein paar Monaten versüßen soll. Die Besonderheit: Steht die Marke heute vor allem für blitzschnelle 3D-Action, zieht Ragebound den Hut vor den Serienanfängen und präsentiert sich als 16- und 32-Bit-inspiriertes 2D-Abenteuer. Dafür tat sich DotEmu mit den Pixel-Experten von The Game Kitchen zusammen, die zuvor bereits für die hervorragenden Blasphemous-Spiele verantwortlich zeichneten. Ein Traumpaar?
Vielleicht erinnert Ihr Euch noch: Der Tod und letzte Wunsch seines Vaters gibt im NES-Original von 1988 den Startschuss für Ryu Hayabusas erste große Mission. Fast 40 Jahre später setzt auch Ragebound erzählerisch an eben diesem Punkt an. Anstatt dem Meister-Ninja auf seinen Rachefeldzug zu folgen, schlüpft Ihr in die Rolle des Nachwuchs-Shinobis Kenji, der zurückbleibt, um über das Dorf Hayabusa zu wachen – eine weise Entscheidung, wie sich flott herausstellt. Kaum ist der Chef nämlich außer Landes, sorgt eine Flut von Dämonen für Chaos. Ihr schnappt Euch also pflichtbewusst das Katana, um die drohende Rückkehr des Dämonenfürsten zu verhindern und erhaltet dabei unerwartete Unterstützung. Getreu dem Motto ”Der Feind meines Feindes ist mein Freund” greift Euch Kumori – eine Kunoichi des rivalisierenden Black-Spider-Clans – auf Eurer ehrenvollen Mission unter die Arme.
Um es gleich vorwegzunehmen: Ragebound bleibt den Serienwurzeln als klassischer Action-Sidescroller treu. The Game Kitchen hätte hier sicherlich seine Soulslike- und Metroidvania-Expertise bemühen können, liefert aber im Gegenteil ein geradliniges Abenteuer mit Arcade-Charakter. Ihr navigiert Kenji in flottem Spieltempo durch die hübsch präsentierten Levels, die von japanischen Tempelstätten über Großstadtdächer bis in die Tiefen von Katakomben und Laboranlagen reichen. Dabei zerlegt Ihr zu gleichen Teilen Horden an dämonischen Schergen wie Ihr Euch an akrobatischen Geschicklichkeitseinlagen versucht. All das geht dank einer direkten und präzisen Steuerung wunderbar von der Hand und bereitet schon nach kurzer Einarbeitung gewaltig Spaß.
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Der vorbildliche Spielfluss resultiert nicht zuletzt aus diversen cleveren Mechaniken. Ein Großteil Eurer teuflischen Feinde verabschiedet sich etwa mit nur einem Schwerthieb blutig ins Jenseits. Regelmäßig blockieren aber auch ausdauerndere Dämonen Euren Weg, die durchaus mühselig mit mehreren Angriffen niedergerungen werden können. Sinn- und stilvoller ist es jedoch, vorab Kanonenfutter ins Visier zu nehmen, das von einer speziellen Aura umgeben ist. Das lässt Euch kurzzeitig von sogenannten ”Hyperladungen” profitieren, die selbst robustere Schergen mit nur einem gezielten Angriff wegschmelzen lassen. Der Titel konfrontiert Euch regelmäßig mit kniffligen, aber immer fairen Feindkonstellationen, die – ganz abhängig von Eurer Fähigkeit, flinke Entscheidungen zu treffen – genauso die Möglichkeit zum blitzschnellen Voranschreiten bieten, wie sie Euch fies ausbremsen können.
Im weiteren Verlauf führt Euch Ragebound behutsam an immer komplexere Herausforderungen heran. Ihr nutzt etwa die Umgebung, Feinde und Geschosse als Sprungbrett, um Euch vorzuarbeiten oder Schaden zu entgehen – The Messenger lässt grüßen. Außerdem erntet Ihr später Hyperladungen nur dann, wenn Ihr farblich gekennzeichnete Widersacher mit den passenden Manövern attackiert – blau flimmernde Gegner wollen von Kenjis Katana bearbeitet werden, während Dämonen mit rosa Aura bloß Angriffe seiner Partnerin belohnen.
Wo wir schon beim Thema sind: Kumori agiert über weite Strecken als schemenhafte Begleitung, die Euch abseits von Wurfmessern mit einem flexiblen Spezialangriff versorgt. Vor allem kommt sie aber in gelegentlichen Hindernisparcours zum Einsatz, die Euch unter Zeitdruck zur optimalen Performance animieren. Seid versichert: Wie auch im sonstigen Abenteuer oder im Zuge der herausfordernden Bosskämpfe werdet Ihr hier zahllose Male Euer Leben lassen. Aufgrund der herausragenden Spielbarkeit seid Ihr aber stets motiviert, gleich wieder in den Sattel zu springen.
Ohnehin gilt: Ragebound bietet enorm fesselndes Potenzial zur Optimierung der eigenen Leistung. Ihr werdet am Ende jedes Levels mit einem Rang ausgezeichnet, der Eure Spielzeit, das Einsammeln von Schätzen und Meistern optionaler Herausforderungen bewertet. Sollte Euch der Titel trotzdem zu leicht sein, winkt nach dem Durchspielen ein kompromissloser, schwerer Modus, der substanzielle Änderungen an den Arealen vornimmt und Euch mit frischen Variationen bekannter Dämonen konfrontiert.
Das Sahnehäubchen: Ninja Gaiden: Ragebound überzeugt nicht nur spielerisch, sondern ist auch in Sachen Präsentation ein echtes Brett. Wer die Blasphemous-Spiele kennen sollte, weiß bereits um das Talent der spanischen Entwickler, hervorragende Pixel-Kunst auf den Bildschirm zu zaubern. Das beweist man auch hier wieder eindrucksvoll mit detailverliebten Figurenmodellen, kreativen Gegner- und Bossdesigns, kleinteiligen Animationen und liebevoll gestalteten Hintergründen. Ein treibender Soundtrack lädt derweil auf akustischer Ebene zum Mitwippen ein und rundet den tollen audiovisuellen Eindruck schön ab.
Meinung
Kevin Pinhao meint: ”Was wäre, wenn Ninja Gaiden bis Mitte der 1990er als 2D-Reihe fortgesetzt worden wäre?” Diese Frage haben sich die Pixel-Enthusiasten von The Game Kitchen gestellt und mit einem hochgradig fesselnden Ninja-Abenteuer überzeugend beantwortet. Ragebound verbeugt sich vorbildlich vor den Serienwurzeln und liefert ein klassisches, aber gleichermaßen sinnvoll modernisiertes 2D-Actionfest, das bis zum Schluss und darüber hinaus motiviert und zudem auch noch eine Augenweide ist. Einziger Wermutstropfen ist die überschaubare Spieldauer – nach rund acht bis zehn Stunden dürftet Ihr Euer Abenteuer beendet und alle optionalen Schätze und Zusatzlevels abgehakt haben. Vor dem Hintergrund, dass Ragebound immensen Wiederspielwert und einen gelungenen schweren Modus bei einem mehr als fairen Preis bietet, ist das aber gut zu verschmerzen.
Wertung
freischaltbare Extras in Form von Skins für Eure Helden
verpackt mit Soundtrack und Booklet
Butterweiche Action, fantastischer Spielfluss und tolle Präsentation – weit mehr als nur ein Lückenfüller bis zum nächsten Hauptspiel.
Singleplayer86MultiplayerGrafikSound
