Hell is Us – im Test (PS5)

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Spiel:Hell is UsPublisher:NaconDeveloper:Rogue FactorGenre:Action-AdventureGetestet für:PS5Erhältlich für:PS5, XSXUSK:16Erschienen in:10 / 2025

Im von der Außenwelt abgeschnittenen Hadea herrschen Bürgerkrieg, menschliche Gewalt und übernatürliche Bedrohungen – ein Fleckchen Erde, das man meiden möchte. Als Kind von seinen Eltern außer Landes gebracht, kehrt Protagonist Remi allerdings Jahre später als Friedenswächter freiwillig in das Krisengebiet zurück. Sein Antrieb: Er möchte die Geheimnisse seiner Herkunft und die Gründe für die Flucht seiner Familie ergründen. Eine typische Prämisse, die den Startschuss für ein eigenwilliges Action-Adventure gibt.

Hell is Us empfängt Euch mit einem kontemporären, wenngleich fiktiven Setting, das irgendwo in den 1990ern angesiedelt ist. Dort muss sich Remi auf seiner Suche nach Antworten schon bald mit den Auswirkungen des Bürgerkriegs und mit mysteriösen Kreaturen auseinandersetzen. Letzteren trotzt Ihr mit einem genretypischen Action-Kampfsystem, das Euch zunächst zum Schwert und später zu diversen weiteren Waffentypen greifen lässt. Ihr setzt den sogenannten ”Hollow Walkers” mit leichten und aufgeladenen Angriffen zu, weicht eingehenden Attacken aus und pariert farblich gekennzeichnete Manöver, um Feinde ins Taumeln zu bringen. Außerdem greift Ihr im Spielverlauf auf ein wachsendes Repertoire an Waffen- und Drohnenfertigkeiten sowie Ausrüstung zurück, um in immer knackigeren Konfrontationen am längeren ­Hebel zu bleiben.

Klingt vertraut? Ist es auch. Ein paar Kniffe lässt sich Hell is Us aber einfallen, um herauszustechen. Zum einen bestimmt Eure Lebensenergie auch Eure Ausdauer. Kassiert Ihr Treffer, reduziert sich neben Eurer Energie der Ausdauervorrat, wodurch Ihr weniger flexibel agiert. Der ”Heilungsimpuls” schafft die nötige Balance: Per gut getimten Knopfdruck nach erfolgreichen Angriffen und Paraden regeneriert Ihr Lebenskraft, ohne zum Medikit zu greifen. Ein unverzichtbares Manöver, wenn Ihr gegen besonders fiese Gegner bestehen wollt. Lässt sich das Kanonenfutter zum Start noch mühelos wegkloppen, bekommt Ihr es im Verlauf mit Feinden zu tun, die von den schemenhaften ”Haze” begleitet werden. Per Nabelschnur verbunden, müsst Ihr erst diese aggressiven Geister beseitigen, ehe Ihr dem eigentlichen Schergen an den Kragen könnt.

Das bereitet in den ersten Stunden durchaus Spaß, bis sich die Handvoll Gegnertypen – wie auch die Strategien, um ihnen zu trotzen – am laufenden Band wiederholen. Im Spielverlauf schlagen Eure Feinde lediglich härter zu und halten mehr aus, wodurch die Schwierigkeit künstlich angehoben wird. Das macht die grundsätzlich spaßigen Konfrontationen irgendwann leider ermüdend.

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Der spannendere Aspekt ist ohne­hin Remis Ermittlungsarbeit. Ihr trefft auf zahlreiche Figuren, Dokumente und Rätsel, die ein immer klareres Bild davon zeichnen, was eigentlich in Hadea los ist. Dass Ihr Euch dabei wie ein Detektiv fühlt, ist vor allem der Designphilosophie von Creative ­Director Jonathan Jacques-Belletêt und seinem Team geschuldet, Euch als Spieler nicht an die Hand zu nehmen. ”Player-plattering” nennen sie das, quasi als Gegenteil zum ”silver-plattering” – der verbreiteten Designentscheidung, Spielern alle Antworten auf dem Silbertablett zu servieren.

Das funktioniert weitgehend vorbildlich, vorausgesetzt Ihr bringt den nötigen Elan mit, Personen gut zuzuhören und Dokumente genau zu studieren. So entstehen immer wieder befriedigende Aha-Momente, wenn Ihr die Punkte verbindet und Rätsel auf eigene Faust löst. Die Kompromisslosigkeit, mit der diese Designphilosophie hier durchgeprügelt wird, hat aber auch ihre Tücken. Ihr verfügt etwa über keinerlei Karte, was je nach Ausprägung Eures Orientierungssinns in mehr oder minder frustrierende Irrfahrten resultieren kann. Wir sind uns sicher: Selbst die besten Fährtenleser unter Euch dürften hier ein ums andere Mal verwirrt nach ihrem Ziel suchen.

Zum anderen gibt Euch das Spiel für seine üppige Auswahl an Sidequests keinerlei spielinterne Möglichkeit an die Hand, Eure Ermittlungsarbeit mit Notizen festzuhalten. Ihr werdet kaum drumherum kommen, Eure eigenen Karten zu zeichnen und Gedanken in eine Textdatei zu hämmern, wenn Ihr die vollständige Lösung aller Nebenaufgaben anstrebt. Das mag manchem Rätselfreund gefallen, und wenn dem so ist: umso besser! Wir hätten uns allerdings die Möglichkeit gewünscht, unsere Gedanken im Spiel festzuhalten und beispielsweise eine eigene provisorische Karte erstellen zu können.

Besonders löblich ist der Umgang mit den zweifellos harschen Themen, die sich Hell is Us zur Brust nimmt. Je weiter das Abenteuer voranschreitet, desto mehr zeichnet sich ein immer komplexeres Bild ab. Dabei duckt sich der Titel kaum vor der Darstellung der Schrecken des Krieges weg. ­Entsprechend solltet Ihr starke Nerven mitbringen. Visuell bewegt sich der Titel auf solidem Niveau. Akustisch bleibt manch schaurig-sphärischer Klangteppich im Sinn, der das düstere Alternativwelt-Setting gelungen untermalt.

Meinung

Kevin Pinhao meint: Ich respektiere Hell is Us in vielerlei Hinsicht. Es serviert ein unverbrauchtes Setting samt ungewohnt schonungsloser Geschichte, spannende Rätsel und ein solides Kampfsystem bei gelungener Präsentation. Außerdem setzen die Macher auf eine klare Designphilosophie – das ist durchaus willkommen und erfrischend. Leider geht die Rechnung für mich persönlich nicht ganz auf. Zu oft stieß ich mich an der Kompromiss­losigkeit von Designentscheidungen, die für manch anderen genau ins Schwarze treffen dürften. Ich bin überzeugt, dass einige Zugeständnisse im Spieldesign die grundsätzlich gelungene Erfahrung nicht geschmälert, sondern vielleicht sogar optimiert hätten. Trotzdem: Steht Euch der Sinn nach einem spielerisch eigenwilligen Action-Adventure, ist Hell is Us in jedem Fall einen Blick wert. Probiert die kostenlose Demo!

Oliver Schultes meint: Während bei ”Soulsborne”-Titeln gerne mal Sackgassen-Bosse den Spielfortschritt verhindern, sind es bei Hell is Us Sackgassen-Rätsel. Konkret: Wer im Haus des Schmieds die durch einen Code gesicherte Tür nicht aufbekommt, für den ist das Abenteuer zu Ende. Dies wird nicht allen gefallen, ebenso wie die Abwesenheit einer Map, auf der man nicht gelöste Mysterien hätte markieren können, oder das viele Backtracking, um alle Nebenquests zu erledigen. Mir taugt dieser Oldschool-Ansatz ohne jedwede Hilfestellung – er motiviert mich zum Grübeln, weckt meinen Detektivinstinkt. Auch das arbeitsreiche Rekonstruieren der ausladenden, mit Anspielungen auf die Gegenwart durchzogenen Story gefällt. Leider enttäuschen die immer gleichen Kämpfe gegen die immer gleichen Gegner.

Wertung

Deluxe Edition mit Steelbook, digitalem Artbook, Soundtrack, Ingame-Inhalten
kostenfreie Demo des ersten Kapitels

Gleichermaßen erfrischendes wie sperriges Action-Adventure mit spannenden Eigenheiten, aber auch spielerischen Kanten.

Singleplayer81MultiplayerGrafikSound

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