Der neue Film über Frankenstein auf Netflix ist nicht perfekt, übertrifft das Original aber beim wichtigsten Teil 

Auf Netflix startet am 07. November der neue Film von Guillermo del Toro. Es handelt sich dabei um eine Adaption des bekannten Romans „Frankenstein“ von Mary Shelley, der bereits oft verfilmt wurde. Was macht diese Version anders – oder sogar besser?

Viktor Frankenstein ist eine legendäre Figur der Horror-Literatur. Noch bekannter ist vermutlich sein Monster, jene Kreatur, die er aus verschiedenen Leichenteilen zusammensetzt und anschließend in einem kühnen Versuch, Gott zu spielen, zum Leben erweckt.

Die Geschichte wurde schon zahlreiche Male verfilmt, am bekanntesten ist vermutlich die Fassung aus dem Jahr 1931, in der Boris Karloff das Monster spielte. Wer an die Kreatur denkt, hat vermutlich ihn vor Augen. An diese Verfilmung heranzukommen, ist nicht einfach.

Frankensteins Monster, dargestellt von Boris Karloff im Jahr 1931 (Bild via youtube.com)

Guillermo del Toro, Regisseur von Pans Labyrinth, Shape of Water, Hellboy oder des kurzlebigen Franchise Pacific Rim, hat sich also ein echtes Mammutprojekt vorgenommen, als er entschied, diese Geschichte noch einmal zu verfilmen. Er betonte in der Vergangenheit mehrmals, was für ein großer Fan der Romanvorlage er sei, und auch die alten Filme lägen ihm sehr am Herzen. Frankensteins Monster sei für ihn ein persönlicher Messias, sagte er etwa im Gespräch mit NPR.

Auf Netflix startet am 07. November nun seine Version von Frankenstein. MeinMMO-Autor Christoph Waldboth hat den Film bereits vorab im limitierten Kinostart gesehen und erklärt, was er besser als der alte Klassiker macht.

Guillermo del Toro erzählt seine Version von „Frankenstein“ – Seht hier den Trailer


Autoplay

Das menschliche Monster

Was taugt der Film? Del Toro erzählt in der ersten Hälfte des Films davon, wie Viktor Frankenstein aufwächst, zum Wissenschaftler wird und schließlich Ambitionen entwickelt, ein künstliches Wesen zu erschaffen.

Das gelingt ihm natürlich. Das Monster lebt, ist aber furchteinflößend, unglaublich kraftvoll und gleichzeitig unberechenbar. Seine Intelligenz ist recht eingeschränkt, und sprechen lernt es erst nach einiger Zeit.

Die zweite Hälfte des Films wird dann aus der Sicht dieser Kreatur erzählt. Und hier wird schnell klar, was die große Stärke von del Toros Verfilmung ist. Sie stellt mehr noch als das Original von 1931 das Monster selbst in den Mittelpunkt. Es wirkt in der Darstellung durch den Schauspieler Jacob Elordi zutiefst menschlich.

Wir können jederzeit seine Gedanken und Emotionen am Gesicht ablesen. Das Monster ist keine zusammengeflickte Abscheulichkeit, sondern tief in seinem Inneren schlummert eine menschliche Seele. Das erlaubt es uns Zuschauern, eine weitaus tiefere Bindung zu der Figur aufzubauen, als es noch bei der Performance durch Boris Karloff der Fall war.

Immerhin ist das Schicksal der Kreatur sehr tragisch: Sie stellt fest, dass ihr Wunden und andere Verletzungen nichts anhaben können. Das Monster ist unsterblich, sehnt sich aber den Tod herbei. Es ist im Leben einsam und wird stets von den Menschen verfolgt oder ausgestoßen.

Guillermo del Toro schafft es, dass einem die Kreatur ans Herz wächst. Das ist eigentlich kein großes Wunder, schließlich ist der Regisseur Experte darin, spannende Monster auf die Leinwand zu zaubern. Denkt nur an den Faun aus Pans Labyrinth oder den Amphibienmenschen aus Shape of Water. Sie alle werden von echten Schauspielern im Kostüm verkörpert, und nicht von seelenlosen CGI-Figuren aus dem Computer. Del Toro zeigt einmal mehr, dass sein Herz für die Monster am Rande der Gesellschaft schlägt – auch wenn sie nicht immer richtig handeln.

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Ein Fest für Sinne, aber nicht perfekt

Ist der Film makellos? Nein, auf keinen Fall. Doch zunächst zum Positiven: Abgesehen vom Monster selbst ist vor allem die audiovisuelle Präsentation der Geschichte zu loben. Jedes Bild sieht schlicht atemberaubend aus, egal ob prachtvolle Schlösser, versiffte Keller oder mit Gliedmaßen vollgestopfte Labore gezeigt werden. Auch das ist typisch del Toro – stilistisch hat es der Regisseur einfach drauf. Ein besonderes Highlight ist die Sequenz, in der das Monster während eines furchtbaren Gewitters zum Leben erweckt wird.

Anders sieht es beim Erzähltempo aus. Die beiden Hälften des Films unterscheiden sich deutlich voneinander. Während in der ersten viel erklärt wird und die Figuren zu echten Labertaschen verkommen, dominiert in der zweiten Hälfte die Stille. Wenn die Erzählung dem Monster folgt, wird es viel atmosphärischer und ruhiger, leider wirkt dieser abrupte Tempo-Wechsel aber etwas holprig.

Auch manche Figuren wie den hinzu gedichteten Charakter von Christoph Waltz hätte es nicht gebraucht – sie blähen die ohnehin schon langen zweieinhalb Stunden unnötig auf. Rein schauspielerisch machen vor allem Oscar Isaac als Frankenstein und der bereits erwähnte Jacob Elordi als Monster einen guten Eindruck.

Für wen ist der Film geeignet? Wer Frankenstein bereits kennt, sollte der neuen Fassung eine Chance geben. Sie macht wenig neu oder anders, bietet mit einem tiefgründigeren Monster aber einen Mehrwert. Wer die Geschichte noch nicht kennt, sollte unbedingt einen Blick wagen, denn sie hat seit ihrem ersten Erscheinen im Jahr 1818 nichts von ihrer Faszination verloren.

Nur eines sei gesagt: Erwartet keinen Horror-Film. Guillermo del Toro stellt den tragischen Charakter und die philosophischen Gedanken der Vorlage klar in den Vordergrund. Das führt zu schaurigen Momenten, echter Horror entsteht dabei kaum, auch wenn es einige harte Gewaltspitzen gibt.

Falls irgendwie möglich, schaut euch den Film noch in einer der letzten Kinovorstellungen (große Leinwand!) an, ansonsten wählt den unkomplizierten Weg über Netflix. Leider waren nicht alle Arbeiten des mexikanischen Regisseurs an der Kasse erfolgreich, und ein Fall beschäftigt ihn besonders: Bis heute ärgert sich Guillermo del Toro, dass einer seiner wichtigsten Filme so schlimm gefloppt ist

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