Forza Motorsport 3 – im Klassik-Test (360)

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Spiel:Forza Motorsport 3Publisher:MicrosoftDeveloper:Turn 10Genre:RennspielGetestet für:360Erhältlich für:360USK:Erschienen in:12 / 2009

Auch so kann es funktionieren: Während Polyphony Digital seit über fünf Jahren an Gran Turismo 5 herumdoktert, geht in der gleichen Zeitspanne bereits das dritte Forza Motorsport an den Start. In Sachen Umfang übertrifft das PS-Epos seine Vorgänger klar: Mit über 400 Boliden nahezu aller namhaften Hersteller rast Ihr auf mehr als 100 Strecken – allerdings werden dabei sämtliche Teilabschnitte und Rückwärts-Kurse mitgezählt. Um alles nutzen bzw. befahren zu können, braucht Ihr allerdings knapp 2 Gigabyte freien Platz auf Eurer Festplatte: Ein Teil der Daten wird auf einer zweiten DVD mitgeliefert, die installiert werden muss. Damit ist für mehr Abwechslung gesorgt als bisher, denn erstmals gesellen sich u.a. das ruhmreiche LeMans, die ansehnlichen Küstenkurse von Amalfi und Positano sowie die kurvenreiche Fujimi-Kaido-Bergstrecke hinzu.

Grafisch zaubert Forza 3 blitzsaubere 60 Bilder pro Sekunde auf den Bildschirm und überzeugt mit detaillierten Automodellen, dafür wirken die Umgebungen häufig etwas leer und fehlende Kantenglättung macht sich bemerkbar. Sieht man von der Bildrate ab, vermitteln aktuelle PS-Konkurrenten wie Colin McRae DiRT 2 oder Need for Speed SHIFT einen lebendigeren und dynamischeren Eindruck. Das gilt auch für die erstmals vorhandene Cockpit-Perspektive: Die bringt einen überzeugenden Geschwindigkeitseindruck, wirkt jedoch ohne Schaltanimationen und Lichtreflexionen auf der Scheibe ­etwas steril. Auch Details wie die Platzierung der Rückspiegel außerhalb des unmittelbaren Sichtbereichs bei diversen Vehikeln mögen realistisch sein, sind aber nicht zum Vorteil des Spielers.

Forza 3 will Rennspieler aller ­Könnensstufen ansprechen, trotzdem wurde der Realismusaspekt nicht vernachlässigt: Egal, welche Motoren- und Antriebsart die Boliden haben – alle verhalten sich nachvollziehbar, der Spagat zwischen Anspruch und Zugänglichkeit gelingt. So ist es weniger problematisch als etwa bei SHIFT, selbst gewaltige PS-Monster auf dem Kurs zu halten, solange Ihr nicht ausdrücklich sämtliche Fahr­hilfen abschaltet – das sollten sich nur echte Profis vornehmen. Am anderen Ende des Spektrums dürfen Einsteiger sogar eine automatische Bremse aktivieren.

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Mit dabei ist wieder die einblendbare Ideallinie, neu dazu gesellt sich die Rückspul­funktion: Anders als bei den ­Codemasters-Rennspielen ist sie nicht so flexibel (Ihr kehrt bei Aktivierung nur zu festgelegten ­Streckenpunkten zurück), kann aber nahezu unbegrenzt oft eingesetzt werden. Auch ohne diese Hilfe hängen halbwegs geübte Fahrer die CPU-Gegner auf der mittleren Schwierigkeitsstufe ­locker ab, bei der höchsten Einstellung wird es dagegen mächtig fordernd.

Mittelpunkt von Forza 3 ist die ­Karriere. Die groß angepriesene Anpassung des Rennkalenders an Eure Vorlieben entpuppt sich als simpel: Vor jeder Woche habt Ihr die Wahl aus drei Wettbewerben, die sich in ­’Fahre neue Strecken‘, ’Fahre das gleiche Auto wieder‘ und ’Fahre ein neues Auto‘ einteilen lassen. Dann absolviert Ihr mehrere Rundenläufe, duelliert Euch mit einem direkten Gegner auf Etappenkursen oder versucht Euch bei Dragsterrennen – Letztere werden schnell öde. Alternativ könnt Ihr jede der 220 Meisterschaften direkt anwählen, sofern Ihr passende Vehikel dafür besitzt. Die kauft Ihr vom Preisgeld, außerdem bekommt Ihr Autos geschenkt, wenn Ihr genug Rennerfahrung sammelt, um einen Level aufzusteigen. Natürlich tretet Ihr auch gegen menschliche Gegner an: Online-Rennen mit bis zu acht Teilnehmern funktionieren wieder tadellos. Löblich: Ein Splitscreen-Modus für zwei Fahrer inklusive zwei CPU-Rivalen ist ebenfalls verfügbar.

Zwei wichtige Aspekte der ­Forza-Serie bauten die Entwickler konsequent aus – Tuning und Community. Wie gehabt dürft Ihr dutzende Bauteile kaufen und modifizieren, weniger technisch begabte Fahrer nutzen das praktische Automatik-Update. Auch kosmetische Verschönerungen kommen nicht zu kurz, die leistungsfähigen Editoren zum Basteln von ­Vinyl-Kunstwerken wurden optimiert. Zudem habt Ihr viel mehr Möglichkeiten, Eure Künste der Welt zu präsentieren: Im Online-Laden verkauft Ihr Autos, ­Tuning-Einstellungen sowie Lackierungs­muster und bietet Fotos und Rennwieder­holungen zum Betrachten an.

Letztlich erfüllt Forza 3 die Erwartungen: Die konsequente Weiter­entwicklung des Vorgängers, die je nach Aspekt mehr oder weniger große Fortschritte zeigt, überzeugt als realistische PS-Simulation, ohne wirklich spektakulär zu sein. In Sachen Inszenierung und Allround-Appeal hat die Konkurrenz deshalb teilweise die Nase vorn.

Meinung

Ulrich Steppberger meint: Forza 3 ist zweifels­ohne ein feines Rennspiel mit vielen positiven Aspekten – trotzdem wirkt es auf mich, als feilten die Entwickler so lange daran herum, bis der Charakter darunter gelitten hat. Während etwa SHIFT von seiner Intensität und Dynamik lebt, kommt Forza arg klinisch sauber und glatt daher. Über Dinge wie die teilweise künstlich gestreckte ­Karriere und die undurchsichtige Platzierungsberechnung der Etappen-Wettbewerbe lässt sich streiten. Was aber auf lange Sicht wichtiger ist: Der fabelhafte Online-Aspekt mit den zahlreichen Community-Möglichkeiten wiegt vieles wieder auf. Zum angepeilten Super­kracher reicht es in meinen Augen nicht – doch auch Gran Turismo 5 muss erst einmal so gut werden…

Matthias Schmid meint: Eine Huldigung ans Auto­mobil, ein Loblied auf den Rennsport – das selbst gesteckte Ziel hat der Entwickler Turn 10 erreicht. Die Modelle sind top, die Auswahl an Autos gelungen. Ich hätte mir aber mehr noch nie in Rennspielen vertretene Karossen gewünscht. Am Fahrverhalten habe ich nichts zu meckern: Ich spüre das ­Gewicht und kann z.B. mit PS-Heckantriebsmonstern richtig driften. Letzteres ist auf dem japanischen Bergkurs besonders genial – schön, dass die Kurse ansprechender sind als in Teil 2. Die Präsentation ist konsequent auf edel ­getrimmt, die Grafik ansprechend – näher an der Realität ist optisch aber das nächste ”Gran Turismo”. Was mich wundert: Warum muss ich (fast) alle Hilfen ausschalten und die Schwierigkeit hochdrehen, damit ich nicht im Schlaf gewinne? Die Rückspul-Funktion dagegen gefällt mir – Frust kommt so nie auf.

Wertung

102 Strecken, 22 Schauplätze
über 400 Autos von 53 Herstellern
Karriere mit bis zu 220 Wettbewerben
stark erweiterter Online-Marktplatz
zahllose Betätigungsfelder für Tuner

Kompetente Rennsimulation mit gro­ßem Umfang und feinem Fahrverhaltem, die es zu vielen Geschmäckern recht machen will.

Singleplayer89MultiplayerGrafikSound

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