2017 begeisterte Studio Madhouse die Welt mit der ersten Staffel der Action-Comedy-Serie One-Punch Man. Mittlerweile gibt es schon die dritte Season zum Anime, aber vom ursprünglichen Hype ist nicht mehr viel übrig geblieben. MeinMMO hat sich die Hintergründe der Produktion angesehen – warum also wurde eine der beliebtesten Serien der Welt so schlecht?
One-Punch Man ist die Geschichte von Saitama, einem Bewohner der Stadt Z. Er trainiert angeblich jeden Tag indem er 100 Kniebeugen und 100 Sit-Ups macht sowie 10 Kilometer läuft. Dadurch wurde er so stark, dass er jeden Gegner mit nur einem Schlag besiegt – daher auch der Titel One-Punch Man. Dabei ist er eigentlich nur als Hobby Held und gänzlich uninteressiert an der Rettung der Welt.
2015 setzte die Anime-Umsetzung der ersten Kapitel neue Maßstäbe für Action-Animationen und sorgte für einen riesigen Hype rund um Saitama. Mittlerweile sind noch zwei weitere Staffeln erschienen, allerdings schlägt die Begeisterung im Moment in das komplette Gegenteil um: Die Fans sind entsetzt von Staffel 3.
MeinMMO hat sich eingehend mit der Serie und ihrer Produktion befasst und versucht, in diesem Artikel Antworten zu finden, auf die Frage nach dem warum.
Wer schreibt hier?
MeinMMO-Redakteurin Sophia Weiß startete ihre journalistische Karriere 2016 als Volontärin beim Anime- und Manga-Magazin AnimaniA. Nach zwei Jahren Ausbildung arbeitete sie noch bis Ende 2019 als festangestellte Redakteurin dort. In der Zeit lernte sie die Branche kennen und beschäftigte sich eingehend mit Anime-Produktionen sowie dem Publishing von Mangas.
Seit 2020 arbeitet sie für die Webedia GmbH, die Mutterfirma von MeinMMO. Seit Mitte 2023 ist sie wieder journalistisch tätig und schreibt als Managing Editor für eben MeinMMO.
Autoplay
An One-Punch Man gibt es hohe Ansprüche und Staffel 1 ist schuld
Bevor One-Punch Man zur Serie wurde, war es ein überaus erfolgreicher Webcomic mit über 7,9 Millionen Aufrufen allein bis 2012 (Anime News Network) und dann ein sehr erfolgreicher Manga, der millionenfach gedruckt und verkauft wird. Band 34 vom August 2025 steht aktuell bei 34 Millionen gedruckten und sich im Verkauf befindlichen Exemplaren (Manga Watch).
Die Serienadaption mit 12 Episoden in Season 1 startete im Oktober 2015. Produziert wurde bei Studio Madhouse unter der Regie von Shingo Natsume. Als Studi kann Madhouse seit 1981 auf über 200 produzierte Anime-Serien verweisen. Mit dabei sind Action-Blockbuster wie Black Lagoon, Devil May Cry oder auch das beliebte Hunter X Hunter von 2011.
Shingo Natsume hingegen hatte vor One-Punch Man für Studio Bones unter anderem zwei Staffeln Space Dandy produziert. Hierbei arbeitete er mit ein paar mittlerweile fast schon legendären Animatoren zusammen: Yutaka Nakamura, Arifumi Imai und Yoshimichi Kameda. Alle drei unterstützten auch bei der Produktion von One-Punch Man Season 1.
Speziell Nakamura wird auf Sakuga Booru unter anderem mit einigen der besten Kampfszenen kreditiert. Imai wiederum ist zum Beispiel für die Animationen des Trainingskampfes zwischen Saitama und seinem Schüler Genos verantwortlich (Sakuga Booru).
Für Staffel eins kamen einige Erfolgsfaktoren zusammen: Ein Action-erfahrenes Studio adaptierte eine beliebte Story mit einem Regisseur, der einzigartige Animationstalente an Land ziehen konnte. Durch diesen perfekten Sturm konnte die erste Season ein derartig gefeiertes Fest für die Augen werden.
Auf Rottentomatoes, wo die Serie übrigens 96% auf dem Popcornmeter bei über 250 Reviews erreicht hat, schreibt: Mit seiner hochmodernen Animation, seinem unkonventionellen Helden und den baucherschütternd komischen Seitenhieben auf das Shōnen-Genre ist One-Punch Man schlicht ein Volltreffer.
Neuer Regisseur, neuer Plan – One-Punch Man Staffel 2
Dieser Erfolg der ersten Staffel war möglicherweise der Grund dafür, dass Staffel 2 und jetzt auch 3 gar nicht an der gesetzten Messlatte kratzen können. Ab hier müssen wir etwas spekulieren: Hinter jedem Anime steht ein Produktionskomitee, das entscheidet, wann die Serie von wem bei welchem Studio produziert wird. Das Produktionskomitee hat fast alle Fäden in der Hand.
One-Punch Man Season 1 war ein riesiger Hit. Erfolgreiche Produkte sollte man nicht auslaufen lassen und entsprechend wird hier versucht worden sein, möglichst zeitnah die zweite Staffel nachzuschieben – die vielleicht noch gar nicht in Planung war, als Episode 1 ausgestrahlt wurde. Man will ja erst einmal sehen, ob das Produkt überhaupt gut ankommt.
Seit der Mitte der 2010er Jahre sind viele Anime-Studios aber stark ausgelastet. In einem Artikel des Hollywood Reporters wird Ted Sarandos, der damalige Chief Content Officer von Netflix, zitiert, man hätte aktuell über 30 Anime-Serien in Produktion. Das ist sehr viel für nur einen Kunden allein, vor allem weil die traditionellen Abnehmer wie TV-Sender ebenfalls Produktionen in Auftrag hatten.
Es kann also sehr gut sein, dass Studio Madhouse Season 2 aus Kapazitätsgründen abgeben musste. Seit der ersten Staffel bis 2025 hat Madhouse auch 34 neue Produktionen veröffentlicht – ein ganzer Berg an Content, zwischen dem One-Punch Man vielleicht einfach nicht mehr reingepasst hat.
Zudem war Shingo Natsume als Regisseur für Staffel 2 nicht mehr verfügbar. Er verließ das Projekt unter anderem für Boogiepop and Others oder auch das preisgekrönte Sonny Boy (Anime News Network). Von den Künstlertalenten, die mit Natsume zusammen an der ersten Season arbeiteten, kehrte nur Yoshimichi Kameda für eine Episode zurück.
Die Produktion von Staffel 2 ging schlussendlich an J.C. Staff. J.C. Staff ist allerdings kein Studio, das für besonders gut animierte Action-Animes bekannt ist. Ihre Stärke liegt bei RomComs, Slice-of-Life und Magie – wie gut zu sehen in Toradora!, Maid-Sama oder auch Is It Wrong to Try to Pick Up Girls in a Dungeon?.
Ohne Shingo Natsume musste auch ein neuer Regisseur her. Chikara Sakurai übernahm die Season. One-Punch Man Staffel 2 war sein Regiedebüt. Davor war er vorrangig als Animation-Director und Assistant Director aktiv.
Staffel 2 hatte also schon gar nicht die Voraussetzungen, wie die erste: Ein Studio, das nicht für seine Action-Produktionen bekannt ist, gepaart mit einem unerfahrenen Regisseur und dem Wegfallen der Animationstalente, die Shingo Natsume an Land gezogen hatte.
Zum Release 2019 – immerhin nur zwei Jahre nach der ersten Staffel – erreichten die neuen Episoden immer noch einen Popcorn-Score von 82% bei Rotten Tomatoes. Schon damals gab es laute Stimmen, die sich über das Downgrade bei den Animationen ärgerten. Auf YouTube hat zum Beispiel ein Zuschauer die schlechtesten Animationen gesammelt. Und auch noch vor drei Jahren wurde die Produktionsqualität auf Reddit diskutiert.
Staffel 3 war der perfekte Sturm in den Abgrund
Staffel 3 von One-Punch Man startete erst im Oktober 2025. Ganze sechs Jahre nach dem Release der zweiten. Und vor allem nach dem langen Warten ärgert es viele Zuschauer, dass die Animationsqualität noch einmal gesunken zu sein scheint. Das Popcornmeter liegt zum Zeitpunkt dieses Artikels bei 6% bei über 500 Ratings (Rotten Tomatoes).
Nach wie vor produziert J.C. Staff die Serie. Für die neuen Folgen wurde aber erneut ein neuer Regisseur an Land gezogen: Shinpei Nagai. Zu seinen Projekten gehört vor allem Comedy wie Inugami-san to Nekoyama-san oder I Can’t Understand What My Husband Is Saying. Action hingegen ist bisher noch nicht in seinem Repertoire aufgetaucht. Sein Projekt vor One-Punch Man war die Sex-Komödie Dogeza de Tanondemita.
Der restliche Staff der zweiten Season war in den wichtigsten Positionen immerhin wieder mit am Start. Die Kompetenzen des Regisseurs sind allerdings insofern relevant, da dieser bei der Produktion die Fäden in der Hand hält und als Captain sein Serien-Schiff in den sicheren Hafen bringen muss. Staffel 3 hatte also mit den gleichen Problemen zu kämpfen, wie schon Staffel 2.
On top kommt, dass seit 2019 die Nachfrage nach neuen Animes nicht gesunken, sondern eher noch gewachsen ist. Studios versuchen aktuell immer mehr Serien in kürzerer Zeit zu produzieren. Vermutlich kommt noch dazu, dass auch gerne ganz genau auf das Geld geschaut wird und die Budgets nicht immer hoch genug sind.
Das lässt zumindest Shinpei Nagai durchblicken – eben jener Regisseur für One-Punch Man Season 3. Noch vor dem Release seiner Produktion sagt er, dass die Qualität wahrscheinlich nicht an die der ersten heranreichen würde. In einem Post auf X.com wetterte er gegen zu kleine Produktions-Budgets und fehlende Animationstalente. Das muss die Produktion noch einmal verkompliziert haben, da vermutlich an einigen Ecken und Enden gespart werden musste.
Das Ergebnis ist eine dritte Staffel, die wie auf Rotten Tomatoes nachzulesen ist, alles andere als begeistert. Zu den großen Problemen gehören unter anderem detailarme Kampfszenen, schwankende Proportionen bei Charakterzeichnungen und unpassende Glanz-Effekte auf metallenen Oberflächen.
Rückblickend ist es einfach zu sagen, dass One-Punch Man Staffel 3 nie eine Chance hatte, den Hype noch einmal aufleben zu lassen. Traurig ist es trotzdem.
Leider ist One-Punch Man nur ein Symptom einer überlasteten Anime-Branche. Hier trifft aktuell eine sehr hohe Nachfrage auf ausgelastete Produktionsstätten und Talente. Dazu kommen die vielleicht nicht immer für hohe Qualität ausreichenden Budgets.
Am Ende müssen sich viele Studios vermutlich für zwei von drei möglichen Dingen entscheiden: Produzieren sie günstig, schnell oder gut? Momentan scheint günstig und schnell als Kombination zu gewinnen. One-Punch Man ist nur das aktuellste und prominenteste Beispiel.
Vermutlich ist die Empörung hier besonders laut, weil der Manga sich nach wie vor eben sehr hoher Beliebtheit erfreut. Viele reine Anime-Zuschauer werden natürlich auch wissen wollen, wie es weitergeht. Und durch die ursprünglich sehr hoch gelegte Messlatte liegen natürlich auch die aktuellen Ansprüche weiterhin oben. Ob diese aber jemals wieder erreicht werden kann, steht in den Sternen. Ausgerechnet bei einer Live-Action-Adaption läuft aber gerade wohl einiges gleich richtig gut: Netflix teilt Neuigkeiten zu Staffel 3 von One Piece, verrät dabei womöglich mehr Backstory zu einem Charakter
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