Ehemaliger Lead von WoW erklärt das Scheitern seines MMORPGs, die Qualität von Ghost war wohl nicht das Problem

Nach dem Aus für das MMORPG-Projekt Ghost erklärt der leitende Entwickler Greg „Ghostcrawler“ Street, warum es zur Einstellung gekommen ist und mit welchen Problemen die Branche aktuell kämpft.

Woran ist Ghost gescheitert? Grundsätzlich wissen wir das natürlich bereits: Publisher NetEase hat den Geldhahn zugedreht. Dem Team von Fantastic Pixel Castle gelang es im Anschluss nicht, einen neuen Geldgeber aufzutreiben. Die große Frage dahinter ist aber natürlich: Warum?

Im Interview mit 80.lv erklärt Branchen-Urgestein und Studio-Chef Greg „Ghostcrawler“ Street (Age of Empires, World of Warcraft, League of Legends) jetzt, dass es nicht an der Qualität des MMORPGs gelegen haben soll.

Auf die Frage, wie Gespräche mit Investoren normalerweise ablaufen, verriet der Entwickler:

Meistens beginnt es mit einer Vorstellung oder einem „Cold Call“. Investoren wollen ein kurzes Pitch-Deck. Sie achten auf den Lebenslauf des Teams, die Leidenschaft und einen starken „Gameplay-Hook“. Worldbuilding, Grafikstil oder technische Innovationen interessieren sie weniger, es sei denn, sie unterstützen diesen Hook direkt.

Nach dem Pitch wollen sie das Spiel oft spielen. Unser Spiel war bereits auf Steam spielbar, daher waren Playtests einfach zu arrangieren. Die meisten Gespräche scheiterten nicht am Spiel selbst, sondern daran, dass die Führungsebene keine Deals genehmigte. Wir hörten ständig: „Wir lieben das Spiel, aber wir stellen momentan keine Schecks aus.“

Greg Street im Interview mit 80.lv

Ghost: Gameplay aus dem Prototypen des neuen MMORPGs von Ghostcrawler


Autoplay

Ein verbranntes Genre

Warum ist die Finanzierung so schwer? Greg Street sieht dafür aktuell vor allem einen Grund: Die riesige Investitionsblase während der Corona-Pandemie. Im Interview sagt er

Das Jahr 2025 hat viele großartige Spiele, aber es gibt ein Investitionsproblem. COVID hat unrealistische Erwartungen geweckt, viele Firmen haben zu viel Personal eingestellt, die Zinsen haben die Kreditaufnahme erschwert und die Entwicklungskosten in den USA und Westeuropa sind im Vergleich zu Regionen wie Osteuropa oder Asien extrem hoch geworden. Als die Entlassungswellen begannen, verbreitete sich Angst, und niemand wollte mehr der Erste sein, der ein großes Risiko eingeht.

Greg Street im Interview mit 80.lv

Street ergänzt, dass „Ghost“ als Projekt auf einem soliden Fundament stand. Das Team war mit etwa 40 Mitarbeitern vergleichsweise klein. Er hatte bis dato nur erfahrene Entwickler auf Senior-Ebene eingestellt, die jahrelange Erfahrung vorweisen konnten. Und es gab einen spielbaren Prototypen. In anderen Jahren wäre das eine vergleichsweise attraktive Investition gewesen.

Dazu kommt, dass Risikokapitalgeber (VCs) in den vergangenen Jahren gemerkt haben, dass ihr Wunsch nach schneller Rendite nicht kompatibel mit der Entwicklung von Spielen ist, so Street weiter.

Viele große Fonds meiden Spiele mittlerweile komplett. Diejenigen, die noch interessiert sind, bieten oft nur kleine Beträge an, die für die Größenordnung des Projekts, das wir bauten, nicht ausreichten.

Greg Street im Interview mit 80.lv

Verschlimmert wird die Situation in diesem speziellen Fall, weil das Genre der MMORPGs seit Jahren schon bei vielen potenziellen Publishern und Geldgebern einen schlechten Ruf genießt. Viele teure Projekte sind in den Jahren nach WoW krachend gescheitert. In anderen Genres lassen sich mittlerweile viel risikoärmer und kostengünstiger Service-Modelle umsetzen.

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Gibt es für „Ghost“ noch Hoffnung? Der Entwickler gibt an, alles rund um das MMORPG sorgfältig archiviert zu haben. Er glaubt, dass Publisher in zwei Jahren merken könnten, dass ihr Portfolio leer ist und sie dringend neue Projekte brauchen: „Dann könnten sie auf Einkaufstour gehen – und jedes Indie-Studio, das bis dahin überlebt, wird in einer starken Position sein.“

Street glaubt auch, dass die Spiele-Entwicklung mit 500-Personen-Teams nicht die Zukunft sein wird. Die Entwicklung von Games wird wahrscheinlich dezentraler ablaufen, mit kleineren internen Teams und umfangreichem Outsourcing – ähnlich wie es in Hollywood bei Filmproduktionen schon gemacht wird. Auf welche Online-Rollenspiele ihr in den kommenden Monaten hoffen dürft, erfahrt ihr hier: MMORPGs 2026 – Die 8 hoffnungsvollsten Online-Rollenspiele, die nächstes Jahr erscheinen sollen

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