Seite 1
Begleitet vom Dauerfeuer des Bord-MGs brettert ein schwerer Kampfpanzer von Pax Armata durch das zerklüftete Terrain Tadschikistans, als plötzlich ein Angriffshelikopter der NATO über das Stahlungetüm hinwegrauscht und den dicht dahinter fahrenden Jeep mit einer Breitseite 70-mm-Raketen in Stücke reißt. Kurz darauf will sich der Heli in Stellung bringen, um auch den Panzer zu vernichten, als er jäh von einem Boden-Luft-Projektil eines Pioniers getroffen wird, brennend zu Boden taumelt und die Wrackteile riesige Löcher in eine angrenzende Hauswand stanzen. Der Kampfpanzer wähnt seine Chance, endlich vorrücken zu können, doch dann fliegt auch er spektakulär in die Luft – zerfetzt von einer Mine im Erdreich, die der Fahrer schlichtweg übersehen hatte. Was auf dem Papier nach grandioser Multiplayer-Action klingt, ist in der Praxis genau das: Ein neues Battlefield, das sich klar am überaus beliebten dritten und vierten Teil der Reihe orientiert und sich einfach bombastisch anfühlt! Die Gründe dafür sind vielfältig.
Los geht es mit der Tatsache, dass die Entwickler die Specialists aus Battlefield 2042 in den Ruhestand schicken und das bewährte Klassensystem zurückbringen. Wie damals könnt Ihr zwischen vier Typen wählen. Sie alle bringen zum einen passive, klassenspezifische Merkmale, Gadgets und Waffenkompetenzen mit und verfügen zum anderen über maßgeschneiderte aktive Fähigkeiten. Der Sturmsoldat etwa ist die erste Wahl für Einsätze an der Front, zumal er die Einnahme von Zielen zügiger als andere Klassen vorantreibt, mithilfe einer Adrenalinspritze schneller und widerstandsfähiger wird und unter anderem eine Sturmleiter mitführt, die das Erklimmen von höher gelegenen Fenstern, Balkons etc. ermöglicht. Ganz anders der Pionier: Per Schweißbrenner repariert er Fahrzeuge, erleidet in ihrer Nähe weniger Explosionsschaden, kann Uzis besonders kontrolliert aus der Hüfte abfeuern und ist extrem geschickt im Umgang mit Raketenwerfern aller Art. Der Versorger wiederum verarztet Verbündete und gibt ihnen neue Munition, kann hervorragend mit LMGs umgehen und praktische Gadgets wie etwa ein Granaten-Abfangsystem aufstellen. Bliebe noch der Aufklärer. Seine Stärken liegen im zügigen Erkennen von Feinden, was diese auf der Minimap für alle Kameraden sichtbar macht. Dazu kommen zahlreiche Vorteile beim Einsatz von Snipergewehren sowie der exklusive Zugriff auf Gadgets wie Lasermarkierer, Aufklärungsdrohnen und Scharfschützen-Köder.
Eine wichtige Neuerung des gut ausbalancierten Klassensystems sind die Trainingspfade. Sie ermöglichen es Euch, jede Klasse in zwei Richtungen zu spezialisieren und dabei schrittweise neue passive Boni freizuschalten. Der Aufklärer zum Beispiel kann die Pfade ”Scharfschütze” oder ”Spezialeinsätze” einschlagen. Erstgenannter sorgt dann unter anderem dafür, dass per Kopfschuss erledigte Feinde nicht wiederbelebt werden können, während letztgenannte Spezialisierung Euch beispielsweise erlaubt, gegnerische Gadgets auf der Minikarte zu markieren.
Seite 2
Sehr motivierend wirkt auch das Fortschrittssystem, das sich eng an dem von Teil 3 orientiert. Heißt konkret: Für Waffen, Fahrzeuge und Klassen, die Ihr besonders häufig nutzt, sammelt Ihr Erfahrungspunkte. Sind bestimmte Grenzen erreicht, schaltet Ihr Meisterschaftsbelohnungen in Form von Aufsätzen, Modifikationen und Upgrades frei. Ergänzend akkumuliert Ihr für Erfolge innerhalb einer Partie generelle XP, die Euch im Rang aufsteigen lassen und neue Waffen, Gadgets und vieles mehr freischalten.
Flankiert wird all dies von sinnvollen Verbesserungen beim Kampfsystem. So könnt Ihr gefallene Teammitglieder nun aus Gefahrensituationen zerren und sie parallel per Heilinjektion wiederbeleben, vorsichtig um Ecken lugen, Euch bei Stürzen aus größerer Höhe abrollen (um den Fallschaden zu minimieren), Waffen für mehr Stabilität auf Objekte aufmontieren und Euch an Panzer und andere Vehikel außen anhängen, um zügig weite Distanzen zu überwinden. Viel Herzblut floss zudem ins Design der neun Multiplayer-Karten, die sich auf fünf Szenarien verteilen und je gewähltem Spielmodus in unterschiedliche Kampfzonen aufgeteilt sind.
Apropos Modi: Hier glänzen vor allem die All-out-Warfare-Varianten ”Durchbruch”, ”Eroberung”, ”Eskalation” und ”Rush” – nicht zuletzt, weil sich viele Gebäude und Umgebungsobjekte spektakulär zerstören lassen und so neue Routen, Angriffspunkte und dergleichen entstehen. Dazu kommen vier Modi-Klassiker: ”King of the Hill”, ”Squad Deathmatch”, ”Team Deathmatch” und ”Vorherrschaft”. Sie alle sorgen im richtigen Team für reichlich Adrenalinkicks, spielen sich aber etwas gemächlicher als bei Konkurrenten wie Call of Duty und verzichten für gewöhnlich auf Fahrzeuge. Langzeitmotivation dürfte zudem der ”Portal”-Modus garantieren. Einen Rechner mit Webbrowser vorausgesetzt, zimmert Ihr Euch damit eigene Spielerfahrungen und dürft sogar die Karten im Detail editieren, Regeln anpassen und vieles mehr.
Und eine Kampagne? Die gibt es hier – anders als in Battlefield 2042 – tatsächlich auch. Im Fokus steht die US-Spezialeinheit Dagger 13, deren Mitglieder Ihr neun Missionen lang gegen das private Militärunternehmen Pax Armata in die Schlacht führt. Der in Rückblenden erzählte Spießrutenlauf dauert rund sechs bis acht Stunden, ist sehr cineastisch inszeniert und hält zahlreiche visuelle Wow-Momente bereit. Spielerisch sollte man jedoch keine großen Überraschungen erwarten. Bis auf einen offen angelegten Sandbox-Einsatz in Tadschikistan sind die meisten Missionen vergleichsweise linear, spulen das typische Ego-Shooter-Programm ab und bleiben nach dem Durchspielen nur bedingt in Erinnerung.
Meinung
Sönke Siemens meint: Nach dem halb garen Battlefield 2042 war ich skeptisch, ob die neu formierten Battlefield Studios unter der Leitung von Ex-CoD-Ikone und Kreativdirektor Vince Zampella den Karren doch noch mal aus dem Morast ziehen können. Doch die ”Back to the Roots”-Strategie geht auf – auch, weil EA die Community diesmal sehr früh mit ins Boot holte und im großen Stil Playtests durchführte. Aber auch die Rückbesinnung auf die vier bewährten Battlefield-Klassen, maximal 64 Match-Teilnehmer, die robuste Frostbite-Technik, der phänomenale Sound, das starke Gunplay, die vielen sinnvollen spielerischen Neuerungen, das greifbare ”Was wäre wenn?”-Szenario sowie der ”Portal”-Modus tragen viel dazu bei, dass der Multiplayer-Part voll ins Schwarze trifft. Bei der Kampagne hingegen verspielen die Macher Potenzial und liefern solide, aber viel zu kurze und nie wirklich herausragende Solo-Kost ab, die in der Mehrzahl der Missionen zudem zu linear abläuft. Wer damit leben kann und ohnehin die Multiplayer-Gefechte präferiert, schwebt hiermit trotzdem auf Ego-Shooter-Wolke 7.
Wertung
9 Mehrspieler-Karten mit insgesamt 25 Kampfzonen
zahlreiche Zugänglichkeitsoptionen (u.a. für Tinnitus-Betroffene)
gratis Battle-Royale-Modus folgt noch
Im Multiplayer-Modus deutlich spaßiger, taktischer, polierter, aufregender, zugänglicher und technisch stabiler als der Vorgänger.
Singleplayer86MultiplayerGrafikSound
