Ist Ashes of Creation zu teuer für die eigene Nische? Unser MMORPG-Experte macht sich Sorgen

Ashes of Creation ist eines der ambitioniertesten und teuersten MMORPGs der absehbaren Zukunft, vor allem mit Blick auf Projekte aus dem Westen. Gleichzeitig peilen die Entwickler eine ganz bestimmte Zielgruppe an. Kann das gutgehen?

Wie teuer ist Ashes of Creation? Steven Sharif hat das Studio Intrepid vor 10 Jahren gegründet. 2017 nahm man für die Entwicklung von Ashes of Creation über Kickstarter knapp 3,3 Millionen Dollar ein. Durch den Verkauf von Vorbesteller-Paketen und Alpha-Zugängen kommt seit Jahren weiteres Geld rein – teils mussten Interessierte dafür mehr als 500 Dollar investieren.

Mittlerweile hat man die über den eigenen Launcher laufende Alpha um einen Early Access auf Steam ergänzt. Mit aktuell etwas über 40 Euro sind diese Zugänge im Vergleich zu vorangegangenen Alpha-Preisen recht günstig, aber weiterhin eine Investition in die Zukunft des Online-Rollenspiels.

Diese finanzielle Unterstützung ist auch bitter nötig. Seit 2022 arbeiten mehr als 200 Menschen an dem MMORPG. Aktuell soll die Zahl bei etwa 250 Mitarbeitern liegen. Die wöchentlichen (!) Betriebsausgaben sollen laut Steven Sharif bei 800.000 Dollar liegen.

Wer schreibt hier? Karsten Scholz ist der MMORPG-Experte von MeinMMO. Er befasst sich seit 16 Jahren fast täglich mit dem besten Genre der Welt. Den privaten Erstkontakt gab’s 2005. Seitdem hat er in verschiedenen Online-Rollenspielen mehrere Jahre Spielzeit angehäuft und fast jeden relevanten Genre-Vertreter der vergangenen knapp zwei Dekaden zumindest eine Weile gespielt.

Nach der Veröffentlichung soll sich Ashes of Creation über ein monatliches Abo finanzieren. Ein Kaufpreis sowie eine zusätzliche Monetarisierung über beispielsweise einen Shop oder Battle Pass ist nicht geplant. Da die Beta irgendwann 2026 starten soll und es noch keinen Termin für den Release gibt, könnte es bis zur Aktivierung des Abos aber noch mehr als ein Jahr dauern. Vielleicht sogar anderthalb oder zwei Jahre.

Teuer wie ein Blockbuster, aber nicht für den Mainstream

Was ist die Gefahr? Eine Entwicklung von fast 10 Jahren. Ein Team von 250 Mitarbeitern. Betriebskosten pro Woche in Höhe von 800.000 US-Dollar. Ashes of Creation ist ein Blockbuster-Projekt mit AAA-Budget. Und was die Ambitionen mit Blick auf die Größe der Welt, die Komplexität des Node-Systems oder das Genre-revolutionierende Technik-Gerüst angeht, passt das auch.

Gleichzeitig hat Steven Sharif von Anfang an den Plan, ein MMORPG für eine ganz bestimmte Zielgruppe zu entwickeln, und daran hält das Team bis heute fest. Zu den Säulen von Ashes of Creation gehören:

Ashes of Creation setzt auf ein Sandbox-Gerüst, das die Spieler kaum an die Hand nimmt. Man muss sich eigene Ziele stecken und selbst entscheiden, mit welchen Inhalten man die Maximalstufe erklimmen und seinen Beitrag für den Fortschritt in der Welt leisten möchte.

PvP ist ein essenzieller Bestandteil in der Welt von Ashes of Creation. Wer stirbt, kann sogar einen Teil seines Loots verlieren. Wenn ihr PvP in jedem Fall meiden möchtet, bleiben euch viele der Schlüssel-Features des MMORPGs verwehrt. Dazu gehören auch wichtige PvE-Inhalte wie die neuen Harbinger-Events, die trotz ihrer kooperativen Natur oft eine PvP-Komponente besitzen.

Wer das Maximum aus Ashes of Creation holen, alle Inhalte meistern und im PvP bestehen möchte, muss sich zwingend einer Gemeinschaft anschließen. Als Solist kann man in Verra nur dann Spaß haben, wenn man sehr viel kleinere Brötchen backt. Und dann spielt sich Ashes of Creation oft mühselig.

AoC setzt auf eine oldschoolige MMORPG-Erfahrung mit einer großen Welt, langen Laufwegen und einem hohen Grind-Faktor. Viele Spieler leveln aktuell beispielsweise in der Early-Access-Version, indem sie sich an bestimmten Orten zu Gruppen zusammenschließen und dort stundenlang Mobs farmen. Das erinnert an Klassiker wie Dark Age of Camelot.

Mit dem starken Fokus auf PvP und Sandbox spricht man im MMORPG-Bereich oftmals jedoch nur eine eher kleine Zielgruppe an. Viele der heutigen Genre-Fans sind mit Online-Rollenspielen wie World of Warcraft, Final Fantasy XIV, Guild Wars 2 oder The Elder Scrolls Online aufgewachsen. Sie wünschen sich häufig einen bunten Themenpark an Inhalten, hohen Komfort, Fokus auf PvE und rein optionales PvP.

Der letzte MMORPG-Blockbuster seiner Art?

Einem New World ist der PvP- und Sandbox-Plan seinerzeit in einer Testphase um die Ohren geflogen. Das laute Feedback zwang die Entwickler zur Umstellung ihres Konzepts, nur war viel zu wenig Zeit, um abwechslungsreiche Quests, eine launige Level-Phase und gut ineinandergreifende Systeme gewährleisten zu können. Diese Fehlentscheidung sorgt letztlich für das baldige Ende von New World.

Dass sich im Westen nur vergleichsweise wenig MMORPG-Fans finden lassen, die Bock auf PvP und Sandbox haben, hat sich auch in anderen Regionen der Welt herumgesprochen. Laut Sangtae Yoon (Executive Producer von Chrono Odyssey) zeigen interne Zahlen, dass nur etwa 5 bis 10 Prozent aller Spieler PvP-Inhalte bevorzugen würden. Die absolute Mehrheit spielt am liebsten PvE.

Das erklärt, warum sich kommende MMORPGs wie Aion 2 und ArcheAge Chronicles von den Wurzeln ihrer Vorgänger entfernen und ebenfalls deutlich mehr auf PvE, die Story-Erfahrung und Inhalte für Solisten oder kleine Gruppen setzen wollen.

Ashes of Creation läuft gegen diesen Trend und stößt damit aktuell viele Genre-Fans vor den Kopf, die etwas mehr als 40 Euro investiert haben, um erstmals in das MMORPG reinzuschauen. Die nur 49 Prozent positiven Rezensionen auf Steam unterstreichen das. Das hier ist trotz Blockbuster-Budget kein Spiel für den Mainstream, sondern für eine recht spitze Zielgruppe.

Steven Sharif ist die antreibende Kraft hinter Ashes of Creation.

Kann dieser gewagte Mix funktionieren? Als Genre-Fan, der seit 20 Jahren mit großer Freude MMORPGs jedweder Art spielt, wünsche ich es mir. Umso mehr, weil es eh nur noch sehr wenige Online-Rollenspiele aus dem Westen mit Ambitionen und großem Budget gibt.

Ich befürchte aber, dass ein schwieriges Jahr vor Intrepid liegt und dass irgendwer am Ende unschöne Kompromisse eingehen muss. Sei es, weil die Entwickler weitere Einnahmequellen schaffen müssen (und daher vielleicht das Abo vorziehen), weil zu wenig neue Tester in den Early Access nachrücken.

Sei es, weil irgendwann ein noch unfertiges Produkt live geht, da kein Geld mehr für weitere Monate Entwicklung da ist. Das wäre wahrscheinlich der Anfang vom Ende des Traums von Steven Sharif.

Wenn Ashes of Creation schließlich final veröffentlicht ist und die angepeilte Zielgruppe begeistern kann, sollte ein monatliches Pflicht-Abo die weitere Betreuung finanzieren können. Ich kann mir jedoch nicht vorstellen, dass sich dadurch weiterhin ein Team von 250 Mitarbeitern bezahlen lässt … ich rechne spätestens dann mit den in der Branche leider üblichen Kündigungen. Aber diesen Punkt muss man erst einmal erreichen, das wird aus meiner Sicht schwer genug. Wie seht ihr das?

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