MeinMMO-Autor Christoph Waldboth kann nicht anders, als mindestens einmal im Jahr zu seiner absoluten Lieblingsserie Twin Peaks zurückzukehren. 2025 war es jedoch ein besonders emotionales Erlebnis, da eine wichtige Person verstorben ist.
Wer hat Laura Palmer getötet?
Als diese Frage unzählige Fernsehzuschauer Anfang der 1990er beschäftigte, war ich noch gar nicht geboren. Erst Jahre später habe ich Twin Peaks nachgeholt. Als großer Fan von David Lynch, der die Serie gemeinsam mit Mark Frost erschaffen hat, wollte ich verstehen, was so viele Menschen an Twin Peaks lieben.
Zwei Staffeln und 30 Folgen später hatte ich es verstanden. Seither schaue ich mir die Serie mindestens einmal im Jahr an, bevorzugt zu einer dunklen Jahreszeit, weil es gut zur Stimmung der Geschichte passt.
Zwar ist Twin Peaks über die Jahre zu einer Kultserie geworden, doch in der modernen Serienlandschaft wird sie eher selten erwähnt. Deshalb zur Auffrischung: Worum geht es in Twin Peaks eigentlich?
Oberflächlich betrachtet erzählt die Serie vom Mordfall Laura Palmer und den Ermittlungen, die das tragische Ereignis in der Kleinstadt Twin Peaks im Nordwesten der USA nach sich zieht. FBI-Agent Dale Cooper reist an, um den Fall zu lösen und muss sich bald mit den schrulligen Bewohnern des Ortes auseinandersetzen.
Während es vordergründig darum geht, die Frage – Wer hat Laura Palmer getötet? – zu klären, lernt man schnell die kleinen und großen Geschichten kennen, die abseits der Haupthandlung passieren.
Twin Peaks zeigt eine lebendige Welt voller skurriler Charaktere. Die meisten von ihnen sind irgendwie mit Laura Palmer verbunden und machen einen großen Teil des Charmes der Serie aus. Während Dale Cooper also ermittelt, offenbart sich ihm und uns als Publikum gleichermaßen eine vielschichtige Kleinstadtwelt, mit all ihren Problemen, Sorgen, Nöten, aber auch kleinen Freuden. Und sei es auch nur der schwarze Kaffee, den Cooper gerne mit den folgenden Worten beschreibt:
„Das ist verdammt guter Kaffee.“
Autoplay
Ein einzigartiger Genre-Mix
Twin Peaks fasziniert mich bis heute mit seiner ungewöhnlichen Mischung an verschiedenen Genres. Während die Haupthandlung, besonders anfangs, wie ein klassischer Krimi wirkt, kommen bald schon Mystery-Elemente hinzu. Kein Wunder, immerhin gehörte David Lynch zu den großen Surrealisten des amerikanischen Kinos. Träume und Albträume spielen eine wichtige Rolle beim Lösen des Falls.
Das führt zu absurden, rätselhaften Momenten innerhalb der Serie, die Fans bis heute beschäftigen und immer neue Interpretationen entstehen lassen. Einige der surrealen Bilder haben längst ikonischen Charakter, vor allem der sogenannte „Red Room“, in dem viele von Coopers Träumen stattfinden und der unter anderem schon bei den Simpsons zitiert wurde.
Abseits davon enthält Twin Peaks aber auch Elemente einer Soap-Opera – die Liebe ist bei vielen Charakteren ein wichtiges Thema und romantische Beziehungen bestimmen ganze Nebenplots. Hinzu kommt das Genre Comedy, das in Form gewisser Figuren wie dem ungeschickten Polizisten Andy oder Nadine – einer Frau, die sich bemüht, möglichst geräuschlose Vorhänge zu bauen – auftritt.
Diese lustigen Momente lockern die eigentlich dramatische Haupthandlung immer wieder auf und sorgen dafür, dass Twin Peaks nie zu düster wird. So entsteht ein gutes Gleichgewicht zu den wenigen Horror-Momenten, die David Lynch und Mark Frost einstreuen.
Besonders die ersten vierzehn Folgen schaffen es, mich mit ihrer Geschichte und darin verhandelten Themen zu fesseln – auch wenn ich die (ungewöhnliche) Auflösung des Mordfalls längst kenne. Twin Peaks geht dann nämlich noch sechzehn Folgen weiter. Die weitere Handlung fällt qualitativ im Vergleich leider etwas ab, doch am Ende sind es die Charaktere, die mich bei der Stange halten.
Sie sorgen dafür, dass ich Jahr für Jahr nach Twin Peaks zurückkehre. Trotz des traurigen Anlasses – der Tod von Laura Palmer – hat die Serie einen zutiefst optimistischen Grundton. Das liegt vor allem am Hauptcharakter Dale Cooper und dessen Darsteller Kyle MacLachlan, der mit Lynch auch Blue Velvet oder den 1984er Dune gedreht hat.
Auch die nostalgischen Bilder und die melancholische Musik von Lynch-Stammkomponist Angelo Badalamenti verzaubern mich immer wieder aufs Neue. Bloß war die erneute Rückkehr nach Twin Peaks 2025 ein ganzes Stück emotionaler als noch in den Jahren zuvor.
Ein Meister verlässt die Bühne
David Lynch verstarb am 15. Januar 2025. Er hinterlässt eine Lücke im US-amerikanischen Kino und wird mir persönlich sehr fehlen. Als ich von seinem Tod hörte, habe ich in den folgenden Tagen seine Filme (Mulholland Drive, Lost Highway, Blue Velvet …), und dann auch Twin Peaks nochmal angeschaut.
Dieser Rewatch war viel emotionaler als die bisherigen und führte mir noch einmal vor Augen, was für ein Meistwerk Lynch und Frost da geschaffen haben – inklusive des Prequel-Films Twin Peaks: Fire Walk With Me. Nicht nur kreierten sie einen Meilenstein der Fernsehgeschichte, sie beeinflussten damit auch viele weitere Produktionen.
Besonders der Mystery-Boom der 90er mit Serien wie Akte X ist vielfach auf Twin Peaks zurückzuführen. Spätere Serien wie True Detective, Riverdale oder Fringe weisen ebenfalls Einflüsse auf.
Doch auch andere Medien beziehen sich auf Twin Peaks. Ein prominentes Beispiel ist das Spiel Alan Wake von Remedy, das sehr direkt Orte und Figuren zitiert. Über die Jahre entstanden also eine Reihe an Geschichten, die Fans von Twin Peaks darüber hinwegtrösteten, dass der Cliffhanger der 2. Staffel in Episode 30 seit 1991 nicht aufgelöst wurde.
Bis ins Jahr 2017.
Dann erschien nämlich eine dritte Staffel und überraschte viele Fans mit einem deutlich düstereren Ton und einer surrealen Handlung, die sich teils weit vom Original entfernte. Die neuen Folgen entsprachen mehr den späteren Filmen von Lynch als noch dem ursprünglichen Twin Peaks und sind wesentlich kryptischer und rätselhafter. Empfehlenswert ist die dritte Staffel allemal, auch wenn ihr die Leichtigkeit der ersten beiden fehlt (die ihr aus Spoiler-Gründen UNBEDINGT davor sehen solltet).
Wer hat Laura Palmer getötet?
Immer wieder diese Frage. Natürlich verrate ich die Antwort nicht. Betrachtet sie als eine Art Einladung. All jene von euch, die die Serie noch nicht kennen und auch nur ansatzweise etwas mit Mystery-Geschichte anfangen können, sei sie nämlich wärmstens empfohlen. Und alle anderen, die längst Fans sind, lade ich zu einer Rückkehr in die schrullige Kleinstadt ein. Auf einen Kaffee und ein Stück Kirschkuchen im Double R Diner. Wir sehen uns dort!
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